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Gentlemen's Club

Gentlemen's Club

Titel: Gentlemen's Club
Autoren: Primula Bond
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konnten. Und mir waren nur ein Packen von Lügen geblieben, die der gut aussehende aber unberechenbare Prinz mir in der Nacht vor meiner Abreise aufgetischt hatte.
    »Tippen ist nicht gerade das, was wir suchen«, sagte Miss Sugar auf meine Bemerkung hin. Sie legte meinen Lebenslauf zur Seite. Offenbar glaubte sie kein Wort davon, was da geschrieben stand. Ich sah mich im trüben Licht des Büros um. In einer Ecke stand ein Computer, und es gab auch ein paar stählerne Rollschränke da, aber sonst gab es keine Anzeichen von Sekretärinnenarbeit.
    Als ich sie wieder ansah, bemerkte ich, dass sie mir auf den Busen starrte. Ich blickte hinab. Die Bluse hatte ganz aufgegeben, und meine Brüste stießen gegen die seidenen Falten. Ich zog das Jackett enger um mich und hatte das Gefühl, dass die Rückennaht aufbrechen würde. Ich fragte mich, wie schnell ich den Rückzug antreten konnte.
    »Ich bin sehr vielseitig«, wiederholte ich. Dieses Mantra hatte ich während der U-Bahn-Fahrt nach Mayfair geprobt. »Ablage, Botengänge, Nachrichten weitergeben, Telefondienst. Ich bin gut in Grammatik, und ich kann gut mit Menschen umgehen. In meinem letzten Job hatte ich ausschließlich mit Menschen zu tun. Außerdem kann ich gut Kaffee kochen.«
    Miss Sugar lächelte nicht, aber sie schaute wieder auf meinen Lebenslauf.
    »Ich sehe hier, dass Sie auch gut mit Tieren umgehen können. Aber ich bezweifle, dass wir in diesem Jahr ein Vollblut in den Club aufnehmen werden.«
    Ich begann, langsamer zu atmen.
    »Könnten Sie mir sagen, Miss Sugar, wer denn zu diesem Club gehört? Und wer hier arbeitet? Ich fürchte, ich weiß viel zu wenig über den Club.«
    »Nun, es ist ein sehr englischer Club, der seine Mitglieder selektiv auswählt. Ein Rückzugsort, wenn Sie so wollen, für wohlhabende Menschen, von denen die meisten einen Titel haben. Aristokraten. Daher rührt auch der Name des Clubs. Wir bedienen hier nur feine Herren, also Gentlemen.« Sie musterte mich von oben bis unten, und man sah ihr an, dass sie mich am liebsten die Treppe hinunter und ins Licht verbannen wollte.
    »Nun«, verkündete ich, weil ich die Gelegenheit nicht verpassen wollte, sie über mich aufzuklären, »ich kenne Aristokraten. Die letzten fünf Jahre habe ich für einen Prinzen gearbeitet.«
    »Ja, stimmt«, sagte sie zögerlich nach einem weiteren Blick auf meinen Lebenslauf. »Aber ich vermute, dass Ihre exotischen Prinzen sich sehr unterscheiden von unseren meist einheimischen Mitgliedern - oh, nein, sie würden es nicht mögen, wenn ich sie ›einheimisch‹ nenne.«
    »Genau. Das hört sich nämlich so an, als lebten sie in Tweeds und grünen Gummistiefeln. Himmel! Ich bin sicher, dass meine exotischen Prinzen Ihren Aristos in nichts nachstehen.« Ich warf mich uneingeladen in den Sessel, der vor ihrem Schreibtisch stand. »Und wahrscheinlich sind sie auch alle reicher. Sie haben mehr Stil. Und viel mehr Spaß.«
    »Da irren Sie sich.« Miss Sugars Stimme zerschnitt die Luft. Ich war beeindruckt. Sie war doch nicht die graue Maus, für die ich sie gehalten hatte. »Ich bin bereit zu wetten, dass unsere Mitglieder Ihre Scheichs in der Pfeife rauchen könnten, wenn sie wollten. Aber zum Gentlemen's Club gehört noch eine Menge mehr. Viel mehr.«
    »Weiter.«
    »Dies ist eine kleine Einrichtung. Wir mögen zwar nur wenige Gäste haben, vielleicht nur eine Hand voll, die zu einer bestimmten Zeit rund um die Uhr bei uns sind, aber dafür zahlen sie gut. Glauben Sie mir, unsere Gäste können sich das erlauben. Unser Job ist es, ihnen ein Zuhause weg von zu Haus zu bieten, nur viel besser. Sie kommen zu uns, um ihrem eigenen Haushalt zu entfliehen, das heißt, sie wollen den nörgelnden Ehefrauen entkommen, den nervenden Kindern, dem stressigen Beruf. Sie wollen sich vor komplizierten Entscheidungen drücken. Wir stellen aber auch fest, dass sie immer wieder zu uns zurückkehren, wenn sie ihre kleinen und großen Probleme gelöst haben.«
    Sie sah verträumt an mir vorbei, und ihre Stimme wurde immer leiser. Offenbar lebte sie für ihren Job, so sehr hatte sie ihn verinnerlicht. Ich war jetzt richtig neugierig und wollte unbedingt wissen, worin ihre Aufgabe bestand. Und worin meine Aufgabe bestehen würde.
    »Was ist mit dem Spaß?«, nervte ich sie. »Sie sagten, Ihre Mitglieder wären meinem Prinzen auf allen Gebieten überlegen.«
    »Spaß ... ah, ja.« Sie lächelte mich kurz an, dann schien sie aufzuwachen. Das Lächeln brach ab, als wäre Spaß ein
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