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Genom

Genom

Titel: Genom
Autoren: Alan Dean Foster
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Auge zu behalten und die Taschen des Toten zu durchsuchen, wobei er sich die Zeit nahm, nach verborgenen diebstahlsicheren Vorrichtungen zu suchen, die in den Stoff eingenäht oder eingeschweißt worden waren. Überrascht stellte er fest, dass sich die Brieftasche des Mannes lose und ungesichert in einer der vorderen Taschen befand. Eine derart schlampige Einstellung zur persönlichen Sicherheit ließ auf eine kriminelle Nachlässigkeit hinsichtlich der persönlichen Schutzmaßnahmen schließen. Oder, schlimmer noch, dass die Brieftasche gar nichts enthielt, was sich zu klauen lohnte. Andererseits war da jedoch die Hand, deren Konstruktion vermuten ließ, dass ihr Besitzer ein Mann mit gewissen Mitteln oder zumindest Zugang zu beachtlichen Ressourcen war.
    Bei genauerem Hinsehen konnte er erkennen, dass es sich bei der Meldkomponente, die sein Partner gerade vorsichtig ausbaute, um ein außergewöhnliches Stück handelte. Navahopi-Bauart, möglicherweise. Oder es war ein Import, vielleicht aus Russland oder Israelistan. Als eine Enthüllung nach der nächsten zum Vorschein kam, stiegen ihre Aufregung und ihre Erwartungen gleichermaßen an. Doch je länger Jiminy arbeitete, desto mehr machte Whisprs anfänglicher Enthusiasmus in seinem halben Magen einem langsamen Rumoren seines Abendessens Platz. Es wurde zunehmend klarer, dass das, was die Grille da ampuszierte, kein gewöhnliches Meldaccessoire war. Was wiederum zu der Vermutung führte, dass es sich bei ihrer abendlichen Beute auch nicht um einen gewöhnlichen Touristen handelte.
    Vielleicht war er sogar derart ungewöhnlich, dass andere nach ihm suchen würden.
    Als die vielfältigen Prozesse hinsichtlich von Reparatur, Austausch und Regeneration erstmals erschwinglich und weitreichend verfügbar geworden waren, hatten viele Menschen beschlossen, sich äußerlich so zu verändern, dass sie ihrem wahren Ich entsprachen. Erst später, als es nicht nur in der Gesellschaft akzeptiert, sondern sogar modern geworden war, seine Melds zu präsentieren, hatten sich zusätzliche kosmetische Ausgaben als unnötig erwiesen. Die vorherrschende Meinung diesen Menschen gegenüber war nun dieselbe, wie man sie auch den Käufern teurer privater Fahrzeuge oder kostbaren Schmucks entgegenbrachte. Wenn man sich ein teures Körperaccessoire leisten konnte, wieso sollte man es dann nicht auch herzeigen? Wo war der Unterschied zwischen einer Tätowierung und einem blauen Ich? Und nun glänzten die Titanfäden und Karbonfasern der Handprothese des Toten im gedämpften Licht der Gasse, ohne dass sie auch nur von einem Fetzen menschlicher Haut bedeckt waren.
    Es war eine so feine und präzise Arbeit, wie Whispr sie noch nie gesehen hatte. Der Übergang von Metall und Karbonfasern zu Knochen, Sehnen und Muskeln geschah nahtlos. Man konnte nicht erkennen, wo die organischen Bestandteile aufhörten und die Modifikationen anfingen. Um nicht nur das rudimentäre Zufassen zu ermöglichen, war jeder Finger weiter angepasst worden, sodass er eine andere Aufgabe erfüllen konnte, vom Schreiben in der Luft bis hin zur Kommunikation. Die Hand des Toten war in ein bemerkenswertes fünfgliedriges tragbares Büro verwandelt worden.
    Jiminy kicherte leise vor sich hin, als er sich bemühte, das Teil von seinem ehemaligen Besitzer zu trennen. »Heilige Scheiße, das ist ja was ganz Feines! Muss Zehntausendegekostet haben, das Ding herzustellen und anzupassen. Der Schlucker wird uns genug Subsist für sechs Monate dafür geben.« Er strengte sich jetzt richtig an. Ein chirurgisch verbesserter Meld oder sogar ein Natural wäre inzwischen damit fertig gewesen, doch die erforderlichen weiteren Einbauten hätten nicht zu Jiminys ausgewähltem Meld-Ich gepasst. Außerdem besaß er auch nicht das angeborene Hirnschmalz, um ein Medmeld zu sein. Er konnte besser laufen. Und töten. So wie Whispr.
    Der Unterschied zwischen ihnen bestand darin, dass Whispr das bewusst war. Er hatte sich seine mentalen Einschränkungen stets vor Augen gehalten. Möglicherweise hatte er sich deshalb für ein Meld entschieden, durch das er unauffälliger geworden war als die meisten. Jiminy war ein verwegener, manchmal sogar unverschämter Jäger. Whispr war schüchtern.
    Und vorsichtig. Während die Grille die Sache zu Ende brachte, sah ihr schlanker Gefährte immer häufiger zur Straße hinüber. Doch kein Polizist tauchte auf, keine Fremdenführer oder Leiter suchten nach ihrem abhandengekommenen Schützling. Für eine
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