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Genom

Genom

Titel: Genom
Autoren: Alan Dean Foster
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kinetische Energie durch den Sprung vorhanden, dass ein Teil der organischen Überreste in Richtung des alten Mannes flog und ihn zu Boden warf. Ein zweiter Kaiman war dem ersten direkt auf den Fersen, während ein dritter versuchte, durch das größte Fenster auf der Backbordseite hereinzukommen. Jeder von ihnen hatte am Schädel ein identisches manipuliertes Implantat, das es Gator ermöglichte, sie zu kontrollieren und zu steuern.
    Whispr packte die erstarrte Ingrid und zerrte sie in Richtung Kabineneingang. Verfolgt von den wildesten Flüchen in mehreren Sprachen, dem gedämpften, aber tödlichen Geräusch der Pistole, die erneut abgefeuert wurde, Gators fast schon hysterisch erteilten Befehlen und dem Gebrüll der Krokodile kletterten sie verzweifelt und panisch an Deck.
    »Warte, warte!« Nachdem er sie halb die Treppe hinaufgeschleift hatte, musste Whispr sie nun auf einmal zurückhalten. Sie erkannte auf den ersten Blick den Grund dafür.
    Nicht nur das dunkle Wasser, in dem das Boot schwamm, sondern auch das Deck wimmelte von riesigen Reptilien. Jede Spezies, die bekanntermaßen im tropischen Namerika lebte, war hier vertreten: schwarze und weiße Kaimane, Alligatoren, amerikanische und Orinokokrokodile. Als Reaktion auf Gators Befehl krabbelten sie über die Seiten des Hausbootes an Deck und wollten sich mit aller Macht den Weg in die Kabine freikämpfen. Als Ingrid die Treppe hinabsah, erblickte sie ein gewaltiges Tier mit blitzenden Zähnen und glänzenden Augen, das ihnen nachstellte.
    »Whispr …« Sie zwängte sich an ihm vorbei. »Sie sind nicht hinter uns her.«
    »Was bringt dich auf die Idee, dass sie den Unterschied kennen zwischen uns und …?« Er hatte keine Zeit, die Frage zu beenden, weil sie es nicht so weit kommen ließ.
    Aus welchem Grund auch immer – Gators hartnäckigen Rufen, der natürlichen Anziehungskraft des frenetischen Kampfes in der Kabine oder reines Glück –, keines der Reptilien, die das Hausboot enterten, versuchte, sie anzugreifen. Eines dieser riesigen gepanzerten Monster schnappte einmal nach Whispr, der dem Biss, der Knochen spalten konnte, durch einen tänzelnden Sprung auswich, der eine Primaballerina neidisch gemacht hätte. Ingrid keuchte – zum Schreien war sie viel zu erschöpft –, als eines der Tiere ein Stück ihrer Shorts abriss.
    Dann hatten sie ihr gemietetes Boot erreicht, auf dem sich momentan noch keine Krokodile aufhielten. Whispr löste die Verankerung mit dem größeren Schiff. Eine kurze Drehung am Lenkrad, und schon rasten sie so schnell von dem überwucherten Hausboot weg, wie sie das kleine Boot nur tragen konnte.
    Da ihnen ihr Gepäck nicht so wichtig war wie ihr Leben,waren sie sich einig, nicht in ihre Zimmer im Macamockbootel zurückzukehren. Stattdessen lenkte Whispr das schnelle kleine Schiff direkt in Richtung Miavana. Neue Kleidung ließ sich kaufen, persönliche Habseligkeiten ließen sich ersetzen. Alles, was wichtig war, befand sich intakt auf dem Boot: sie selbst, ihre jeweiligen falschen Ausweise und das wohl Wichtigste, der Faden. Weitaus wichtiger als triviale Dinge aus ihren Zimmern zu holen war jetzt, einen möglichst großen Abstand zwischen sich und das Hausboot zu bringen – für den Fall, dass der furchterregende und unglaublich brutale alte Mann den Reptilienangriff, den Gator auf ihn losgelassen hatte, überleben sollte.
    Whispr lenkte angespannt das Boot, und der Schweiß lief ihm über das Gesicht, als er sie ansah.
    »Du siehst schrecklich aus.«
    Sie blickte auf den Sumpf und das Wasser hinaus und sah ihn nicht einmal richtig an. »Das überrascht mich nicht. Ich sehe meist genauso aus, wie ich mich fühle.« Sie schüttelte den Kopf. »Er hat ihn einfach umgebracht . Wizwang ermordet. Ohne Vorwarnung. Er hat nicht einmal gesagt, dass er schießen würde. Er hat ihn einfach getötet. Um uns anderen Angst einzujagen. Ich habe ihm ins Gesicht gesehen. Er hat nicht einmal die Miene verzogen.«
    »Wer?«, fragte Whispr finster. »Der alte Mann oder Wizwang?«
    »Der alte Mann. Wizwang konnte ich nicht sehen. Als ich hingeschaut habe, war er … Es war nichts mehr übrig, was man als Miene bezeichnen könnte.«
    Da er die Steuerung des Bootes nicht dem deaktivierten Autopiloten überlassen wollte, umklammerte Whispr das Lenkrad mit eiserner Hand. Das Letzte, was er jetzt wollte, war, dem alten Mann, der sie verfolgt hatte, die Gelegenheitzu geben, die Kontrolle über die Instrumente des Bootes zu übernehmen.
    »Stimmt.
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