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Genesis Secret

Genesis Secret

Titel: Genesis Secret
Autoren: Tom Knox
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immer wieder große Mengen kaltes Wasser, doch dann klatschte seine Hand auf heiße, trockene Erde. Als er sich keuchend und prustend aufrichtete, sah er wenige Meter weiter Cloncurry auf dem Boden liegen. Er benutzte Lizzies Körper als Schutzschild gegen weitere Schüsse und hielt seinen sabbernden Mund weit aufgerissen an Lizzies schutzlose Kehle. Wie ein Tiger, der eine Gazelle tötet.
    Rob packte unbändige Wut. Wie von Sinnen stürzte er über den Sand auf Cloncurry zu, und trat ihm mit solcher Wucht gegen den Kopf, dass er ein paar Meter fortgeschleudert wurde. Wieder trat Rob zu und noch einmal. Er kickte Cloncurry immer weiter weg von Lizzie, bis er, sein halb abgetrennter Arm nutzlos und abstoßend von seiner Schulter hängend, mit einem lauten Aufschrei im Staub liegen blieb.
    Rob warf sich auf Cloncurry und drückte seinen unverletzten Arm mit dem Knie auf den Boden, sodass er sich nicht mehr bewegen konnte. Jetzt war ihm Cloncurry wehrlos ausgeliefert. Er konnte ihn so lange festhalten, wie er wollte.
    Doch Rob hatte nicht die Absicht, Gnade zu zeigen.
    »Jetzt bist du dran«, fauchte er.
    Er holte sein Taschenmesser aus der Tasche. Langsam und in aller Ruhe klappte er die größte Klinge aus und drehte sie kurz; dann blickte er auf Cloncurry hinab.
    Rob ertappte sich dabei, dass er lächelte. Er überlegte, was er als Erstes tun sollte, wie er Cloncurry foltern und verstümmeln könnte, um ihm größtmögliche Schmerzen zuzufügen, bevor er starb. Ihm die Augen ausstechen? Ein Ohr abschneiden? Die Kopfhaut abziehen? Was? Doch als Rob das Messer hob, sah er etwas in Cloncurrys fast lüsternem Blick, das ihn innehalten ließ: eine triumphierende Genugtuung über die gemeinsame Niederträchtigkeit, eine hoffnungsvolle, herausfordernde Bosheit. Rob stieg die Galle tiefen Abscheus in die Kehle.
    Kopfschüttelnd klappte er das Messer wieder zu und steckte es in seine Tasche zurück. Cloncurry käme nicht mehr weit: Er würde hier auf diesem Hügel verbluten. Sein Bein war zertrümmert, seine Hand unbrauchbar, sein Arm hing nur noch an ein paar Sehnen. Er war unbewaffnet, er wimmerte und würde infolge der Schmerzen und des Blutverlusts sterben.
    Er richtete sich auf und ging zu seiner Tochter. Er löste ihre Fesseln und hielt sie in den Armen.
    »Daddy, Daddy, Daddy!«, rief sie, und dann: »Christine!«
    Rob drehte sich um. In seinem Eifer, Lizzie zu retten, hatte er Christine völlig vergessen. Doch die war bereits dabei, sich selbst zu retten, und Rob streckte eine Hand zum Wasser hinunter, um ihr aus den reißenden Fluten zu helfen. Er zog sie aufs Trockene, wo sie schwer atmend liegen blieb.
    Rob hörte ein Geräusch. Er drehte sich um und sah, wie sich Cloncurry ächzend durch den Staub schleppte. Sein verletzter Arm hing schlaff herunter, die klaffende Wunde in seinem Bein war blutig und roh. Eine Blutspur hinter sich herziehend, kroch er zum Wasser.
    Er war dabei, sein letztes Opfer darzubringen: Selbstmord. Jamie Cloncurry würde sich ertränken. Wie gelähmt stand Rob da und beobachtete ihn. Inzwischen hatte Cloncurry das Wasser erreicht. Vor Schmerzen ächzend schleppte er sich den letzten Meter durch den Sand und ließ sich unter heftigem Spritzen in die schmutzigen kalten Wellen plumpsen. Sein Kopf schaukelte noch kurz zwischen den grinsenden Totenschädeln, und er starrte Rob aus seinen leuchtenden Augen unverwandt an.
    Dann versank er, verschwand langsam in der Tiefe, um sich zu den Gebeinen seiner Vorfahren zu gesellen.
    Christine saß da und schüttelte ihr Handy, um zu sehen, ob es noch funktionierte. Endlich, es war fast ein Wunder, empfing sie ein Signal. Sie rief Sally an und gab ihr die gute Nachricht von Lizzies Rettung durch. Rob hörte halb benommen, halb glücklich, halb träumend zu. Gleichzeitig suchte er, ohne zu wissen, warum, den Horizont ab. Nach einer Weile wurde ihm schließlich klar, warum er den Horizont absuchte.
    Mehrere Polizeiautos kamen zwischen bereits überfluteten Flächen durch die Wüste auf sie zugerast. Wenige Augenblicke später wimmelte es auf der Kuppe von Polizisten und Soldaten - und mittendrin Kiribali, mit einem strahlenden Lächeln auf den Lippen, sein Anzug von keinem Staubkörnchen beschmutzt. Knappe Befehle in sein Funkgerät bellend, verteilte er seine Männer über den Hügel.
    Rob saß im Sand und drückte seine Tochter fest an sich.

50
     
    Kurze Zeit später fuhren sie in einem langen Konvoi von Polizeifahrzeugen langsam nach Sanliurfa zurück.
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