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Geliebter Tyrann

Titel: Geliebter Tyrann
Autoren: Jude Deveraux
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Frankreich in Angst und Schrecken gelebt. Als der wütende Mob das Schloß ihrer Eltern stürmte, hatte sie sich mit ihrem Großvater in einer Kleiderkiste versteckt und war mit ihm später im Schutz der schwarzen Rauchwolken, die aus ihrem brennenden Heim quollen, dem Pöbel entronnen. Nun reagierte sie geistesgegenwärtig. Als sie erkannte, daß diese Männer eine Bedrohung darstellten, benützte sie ihre lange Peitsche, um den Wallach zu einem scharfen Trab anzutreiben.
    Bianca wurde gegen die mit Roßhaaren gepolsterte Rückenlehne geworfen und stöhnte laut, ehe sie Nicole anschrie: »Was denkst du dir eigentlich dabei? Ich laß mich doch nicht so von dir behandeln!«
    Nicole beachtete sie nicht, sondern sah über die Schulter auf die vier Männer zurück, die den Pfad an der Stelle erreichten, wo die Kutsche eben noch gewesen war. Sie befanden sich mitten im Park, weit weg von einem Haus, und Nicole bezweifelte, daß jemand ihre Rufe hören würde.
    Bianca, die sich an den Griff ihres Sonnenschirms klammerte, gelang es mit einiger Mühe den Kopf zu drehen und zu betrachten, was Nicole ständig im Auge behielt; doch die vier Männer schreckten sie nicht. Ihr erster Gedanke war, wie es so ein Pack wagen konnte, den Park eines Gentleman zu betreten. Einer der Männer schwenkte seinen Arm zum Zeichen, daß die anderen ihm folgen sollten, während er hinter der flüchtenden Kutsche herritt. Die Männer machten keine gute Figur auf den Pferden, klammerten sich an Sattel und Zaumzeug, richteten sich beim Traben nicht in den Steigbügeln auf, sondern wurden bei jedem Schritt durchgerüttelt, daß ihnen die Zähne klapperten.
    Als Bianca den Blick wieder auf Nicole richtete, bekam sie nun doch Angst; endlich hatte sie begriffen, daß die Männer hinter ihnen her waren. »Kannst du nicht dafür sorgen, daß die Mähre schneller läuft?« schrie sie nun, während sie sich an der Lehne des Sitzes festhielt. Doch der Einspänner war nicht für höhere Geschwindigkeiten gebaut.
    Die Männer, die sich wie Ertrinkende an ihre langsamen, schweren Gäule klammerten, mußten einsehen, daß die Frauen ihnen entwischten. Der eine in dem gestreiften Hemd zog eine Pistole aus seinem breiten Gürtel und gab einen Schuß ab, der über die Kutsche hinwegpfiff- knapp am rechten Ohr des Wallachs vorbei.
    Der Braune stieg senkrecht in die Höhe, und die Kutsche rammte gegen seine Hinterbeine, als sie so abrupt zum Stehen kam und Nicole die Zügel strammzog. Bianca stieß einen Schrei aus und kauerte in einer Ecke der Kutsche, den Arm vor das Gesicht haltend, während Nicole mit gegrätschten Beinen in der Kutsche stand, eine Hand an jedem Zügel, und den jähen Ruck ausbalancierte.
    »Still, Junge!« befahl sie, und das Pferd beruhigte sich ein wenig; doch seine Augen rollten wild umher. Nicole band die Zügel um das vordere Geländer des Einspänners, stieg vom Sitz hinunter, ging zu dem Wallach, fuhr ihm mit beiden Händen über den Hals, redete leise in französischer Sprache auf das Tier ein und legte ihre Wange gegen seine Nüstern.
    »Schau dir das an, Maat Die hat keine Angst vor diesem verdammten Gaul.«
    Nicole blickte zu den vier Männern hoch, die nun die Kutsche umringten.
    »Das muß man Ihnen lassen, kleine Lady: Sie können mit einem Pferd umgehen!« sagte einer von den Männern. »So etwas habe ich noch nicht erlebt.«
    »Und dabei ist sie nur so ein schmächtiges Ding. Es wird uns ein echtes Vergnügen sein, Sie mitzunehmen.«
    »Nun warte mal ab«, befahl der Mann in dem gestreiften Hemd, offensichtlich der Anführer der vier. »Woher wissen wir, daß sie die Richtige ist? Wie steht es mit der da?« Er deutete auf Bianca, die immer noch in einer Ecke der Kutsche kauerte und vergeblich versuchte, sich im Polster unsichtbar zu machen. Ihr Gesicht war weiß und blutleer vor Entsetzen.
    Nicole stand ruhig inmitten der Männer, den Kopf des Pferdes zwischen ihren Händen. Für sie war das alles nur eine Wiederholung der schrecklichen Dinge, die sie in Frankreich erlebt hatte, und sie wußte, daß man die Nerven behalten mußte, wenn man einer Gefahr entrinnen wollte.
    »Das ist sie«, sagte einer der Männer und deutete auf Nicole. »Ich erkenne doch eine Lady, wenn ich sie sehe.«
    »Welche von euch beiden ist Bianca Maleson?« begehrte der Mann in dem gestreiften Hemd zu wissen. Er hatte ein kräftiges Kinn, das mit einem schon mehrere Tage alten Stoppelbart bedeckt war.
    Also war es eine Entführung, dachte Nicole. Sie
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