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Geliebter Fremder

Geliebter Fremder

Titel: Geliebter Fremder
Autoren: Lisa Kleypas
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wo ist die Kinderfrau?«, fragte sie ihn.
    »Sie kommt gerade aus dem Klassenzimmer«, erwiderte Johnny leicht außer Atem, »aber sie kann nicht so schnell rennen wie ich.«
    Lara rückte die Kappe des Jungen zurecht. »Warum beeilst du dich immer so?«, fragte sie.
    »Weil ich nichts verpassen will.«
    Lachend wandte Lara ihre Aufmerksamkeit wieder der Glastür zu. Lord Tufton und Rachel kamen in Sicht. Ihre Schwester hatte sich bei Tufton eingehängt und unter der schwarzen Haube strahlte ihr Gesicht in einem Lächeln, das Lara schon viel zu lange nicht mehr an ihr gesehen hatte.
    »Wer ist das da bei Tante Rachel?«, fragte Johnny.
    »Ich glaube, das wird ihr nächster Ehemann«, erwiderte Lara nachdenklich und blickte den Jungen mit verschwörerischem Lächeln an. »Aber für den Augenblick bleibt das unser Geheimnis.«
    Dieser Gedanke brachte Johnny auf ein anderes Geheimnis, das sie miteinander teilten. Er zupfte Lara am Rock.
    »Wann können wir endlich allen sagen, dass du ein Baby bekommst, Mama?«
    »Wenn man anfängt, es zu sehen«, erwiderte Lara. Auf seinen verwirrten Blick hin erklärte sie leicht errötend:
    »Wenn mein Bauch dicker wird.«
    »Wird er so dick wie der von Sir Ralph?«, fragte Johnny, der an einen beleibten Gentleman aus ihrer Bekanntschaft dachte.
    Lara musste lachen. »Um Himmels willen, ich hoffe nicht.«
    Sein Gesicht wurde ernst. »Hast du mich noch lieb, wenn das Baby da ist, Mama?«
    Glücklich lächelnd kniete Lara sich hin und schlang ihre Arme um den kleinen, drahtigen Körper. »Aber ja«, murmelte sie und drückte ihn fest an sich. »Immer, Johnny.«
    Am frühen Abend kam Hunter aus Market Hill zurück. Lara war gerade dabei, sich fürs Abendessen umzuziehen.
    Er trat zu ihr und gab ihr einen Kuss. »Ich habe sie«, erwiderte er auf ihren fragenden Blick hin.
    Lara lächelte. »Ich dachte schon, du hättest vergessen, was wir heute Abend vorhaben.«
    Hunter schüttelte den Kopf. »Ich habe den ganzen Tag daran gedacht.«
    »Sollen wir zuerst essen?«, fragte sie leise.
    »Ich habe keinen Hunger. Du?«
    »Nein.«
    Er ergriff ihre zarte Hand und zog sie mit sich. »Dann komm.«
    In einem Zweispänner fuhr er mit ihr an den Rand von Market Hill, zu einer kleinen Steinkirche, die in einem Wäldchen in der Nähe des Pfarrhauses lag. Das malerische kleine Gebäude sah mit seinem Strohdach und seinem Glockenturm aus, als würde es einem Märchen entstammen.
    Lara lächelte, als Hunter sie aus dem Wagen hob. Er hielt eine Kutscherlaterne hoch, um ihnen auf dem schmalen Pfad zu leuchten, und führte Lara am Ellbogen sicher über die unebenen Steine. Sie traten in die stille Kirche und Lara blickte sich um, als Hunter mehrere Kerzen am Altar entzündete. Ein schlichtes Holzkreuz an der einen Wand und ein kreisrundes, bunt Verglastes Fenster waren der einzige Schmuck.
    »Es ist wunderschön«, sagte Lara.
    Hunter warf ihr einen skeptischen Blick zu. »Lara, ich wünschte …«
    »Das hier ist mehr als genug«, unterbrach sie ihn. Ihr Gesicht schimmerte im Kerzenschein. »Wir brauchen keine prächtige Kirche oder Messe und keinen Priester, der eine Predigt hält.«
    »Du verdienst viel mehr«, murrte er.
    »Komm her.« Sie stand wartend am Altar, die Lippen zu einem Lächeln verzogen.
    Hunter trat zu ihr und holte aus seiner Tasche ein kleines Samtkästchen. Vorsichtig ließ er den Inhalt in seine Hand gleiten. Lara hielt den Atem an, als sie die Eheringe sah, zwei Goldreifen, die ineinander passten. »Sie sind sehr schön«, sagte sie und sah zu, wie er die Ringe auf den Altar legte.
    Lara senkte den Kopf und betete schweigend, erfüllt von Hoffnung und Freude. Als sie wieder aufblickte, ruhte Hunters dunkler Blick auf ihr.
    »Wie viel Zeit mir auch immer noch mit dir bleiben mag«, sagte er heiser, »es ist nicht genug.«
    Wortlos streckte sie die Hand aus und Hunter ergriff sie. Er hielt sie einen Moment lang fest, dann nahm er einen Goldreif und streifte ihn ihr über den Finger. »Ich verspreche«, sagte er langsam und sah ihr dabei in die Augen, »dir mein ganzes Sein, meinen Körper und meine Seele zu geben … für dich zu sorgen … dich zu achten und zu ehren … und vor allem, dich zu lieben bis zu dem Tag, an dem ich sterbe … und darüber hinaus.« Er schwieg und fügte dann mit einem zärtlichen Lachen in den Augen hinzu: »Und ich werde mich nie mehr über deine wohltätigen Projekte beklagen … solange du auch noch Zeit für mich erübrigst.«
    Laras Hand
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