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Geliebter Fremder

Geliebter Fremder

Titel: Geliebter Fremder
Autoren: Lisa Kleypas
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gleichmäßigen Atem des kleinen Jungen vernahm, zog sich ihr Herz vor Glück zusammen. Zumindest darauf konnte sie zählen … auf das Vertrauen und die unschuldige Liebe eines Kindes. Sein Kopf war tief in das Daunenkissen gekuschelt und seine runden Bäckchen schimmerten im Kerzenlicht.
    Lara beugte sich über ihn, um ihn zu küssen. »Ich bin wieder zu Hause«, flüsterte sie.
    Johnny regte sich im Schlaf und murmelte etwas, dann schlug er die Augen auf. Er lächelte sie an und schlief gleich wieder ein.
    Lara nahm die Kerze und begab sich in ihr eigenes Zimmer. Es kam ihr leer vor, obwohl die Zofen eifrig damit beschäftigt waren, ihren Koffer auszupacken und das Bett aufzudecken. Als sie endlich gegangen waren, zog sie ihr Nachthemd an und ließ ihre Reisekleider achtlos auf dem Fußboden liegen. Sie löschte die Lampen und legte sich ins Bett. Blicklos starrte sie in die Dunkelheit.
    Ihre Hand glitt über den leeren Platz neben ihr. Sie hatte mit zwei verschiedenen Männern in diesem Bett gelegen, mit dem einen aus Pflichtgefühl, mit dem anderen aus Leidenschaft.
    Lara glaubte tief in ihrem Herzen, dass Hunter nicht zu ihr zurückkehren würde. Er wollte sich für das Unrecht, das er ihr angetan hatte, bestrafen. Er hatte ihr geglaubt, als sie ihm gesagt hatte, sie könne nicht den Rest ihres Lebens für ihn lügen. Und er hielt es für leichter und besser für sie, wenn er wieder verschwand.
    Aber sie liebte ihn viel zu sehr, um ihn gehen zu lassen. Sie wollte ihn als Mann, ganz gleich, was die Welt darüber dachte. Sie liebte ihn mehr als Besitz, Pflicht und Ehre.
    Sie fiel in einen unruhigen Schlaf und beklemmende Bilder erfüllten ihre Träume. Die Menschen, die sie liebte, verließen sie, ohne sie zu hören oder zu sehen. Sie lief den Schattengestalten hinterher und versuchte, sie zu erreichen, aber sie hörten ihre Rufe nicht. Einer nach dem anderen verschwand, bis nur noch Hunter übrig blieb … und dann verblasste auch er. »Nein«, rief sie in panischem Entsetzen, »nein …«
    Ein Schrei zerriss die Stille im Haus.
    Lara richtete sich mit klopfendem Herzen auf. Zuerst dachte sie, sie sei von ihrem eigenen Schreien erwacht, aber als sie aufmerksam lauschte, hörte sie es erneut.
    »Rachel«, keuchte sie und sprang aus dem Bett. Auf bloßen Füßen und im Nachthemd rannte sie aus dem Zimmer.
    Als sie oben an der Freitreppe ankam, sah sie, dass ein Mann Rachel die Treppe hinunterschleifte. Er hatte eine Hand in ihrem langen Zopf verkrallt, während die andere ihren Arm umklammert hielt.
    »Nein, Terrell, bitte«, rief Rachel, die sich heftig wehrte.
    Er zerrte sie weiter und stieß sie die nächsten Stufen einfach hinunter. Sie blieb auf dem Treppenabsatz liegen.
    Lara stieß einen erschreckten Schrei aus. Lonsdale … sie hatte nicht erwartet, dass er es wagen würde, mitten in der Nacht zu kommen und Rachel aus dem Bett zu zerren. Sein Gesicht war gerötet vom Alkohol und vor Wut. Als er nach oben sah und Lara erblickte, verzerrte sich sein Gesicht zu einem höhnischen Grinsen.
    »Ich hole mir zurück, was mir gehört«, nuschelte er. »Ich werde dich lehren, dich mir in den Weg zu stellen. Du wirst meine Frau nie wieder sehen! Wenn ich euch beide jemals wieder zusammen antreffe, bringe ich euch um!«
    Er zog Rachel an den Haaren hoch, was ihr ein schmerzerfülltes Schluchzen abrang. »Du hast gedacht, du könntest mir entkommen«, schnarrte er. »Aber du gehörst mir und ich werde deinen Willen schon noch brechen, du treulose Hure! Die erste Lektion bekommst du heute Nacht!«
    Schluchzend blickte Rachel zu Lara hinauf. »Lass nicht zu, dass er mich mitnimmt, Larissa!«
    Lara eilte dem Paar nach. »Fass sie nicht an«, schrie sie und rannte auf bloßen Füßen die Treppe hinunter, bis sie bei den beiden angelangt war. Sie packte Lonsdales Arm und zerrte daran. »Lass sie los oder ich bringe dich um!«
    »Du willst was?«, höhnte er und schüttelte sie mit Leichtigkeit ab. Sie fiel zurück auf den Treppenabsatz und schlug mit dem Kopf gegen die Wand. Einen Moment lang schob sich ein dichter, grauer Nebel vor ihren Blick.
    Blinzelnd griff sie mit beiden Händen nach ihrem dröhnenden Kopf. Rachels Flehen drang nur noch von fern zu ihr.
    Lara setzte sich schwankend auf und sah, dass Lonsdale ihre Schwester quer durch die große Halle schleifte.
    Rachel taumelte und schluchzte. Trotz ihrer körperlichen Schwäche wehrte sie sich, so heftig sie konnte. Wütend über ihren Widerstand schlug ihr
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