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Geliebter, betrogener Mann

Geliebter, betrogener Mann

Titel: Geliebter, betrogener Mann
Autoren: Heinz G. Konsalik
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klopfte und fragte, ob er eintreten dürfe und der Signore gut geschlafen habe.
    »Wo ist Signora Sanders?« fragte Pohland heiser, als Julio ins Zimmer kam. Er ließ sich aus dem Bett heben und hüpfte zur Waschkabine.
    »Signora wartet unten zum Frühstück, Signore.«
    »Sie ist noch da?!« Es war wie ein Jubelschrei.
    »Natürlich.« Julio trat an den großen eingebauten Kleiderschrank. »Was ziehen Signore an?«
    »Wieso?« Pohland sah aus der Kabine.
    »Ich habe gestern abend Ihre Koffer aus Ihrem Hotel geholt. Die Signora wollte es so.«
    Michael Pohland zog den Kopf zurück und sah sich im Spiegel an. Herr Generaldirektor Pohland, dachte er und nickte sich zu, Sie sind ein Stümper. Erst jetzt merken Sie, daß Sie bereits gestern abend in Ihrem eigenen Schlafanzug zu Bett geschickt wurden, obgleich Sie ja nicht mit einem Schlafanzug ins Café Adorno gegangen waren.
    »Einen hellen Anzug, Signore?« fragte Julio.
    »Nein, Julio, den schwarzen.«
    »Schwarz am Morgen, Signore?« Die Stimme Julios klang mehr als verblüfft.
    »Ja. Und ein weißes Hemd und einen silbergrauen Schlips.«
    »Prego, Signore.«
    Wie zu einem Bankett humpelte eine halbe Stunde später Michael Pohland am Arm Julios die Treppe hinab in die Wohnhalle. Im Knopfloch seines schwarzen Anzugs trug er eine weiße Rose. Gerda Sanders stand draußen auf der Terrasse unter der orangefarbenen Markise und warf einigen kreischenden Möwen Weißbrotstücke hinauf, die sie im Sturzflug aufschnappten.
    Ihr Gesicht war eine einzige Frage, als sie den feierlichen Pohland in der Halle stehen sah. Julio hatte sich zurückgezogen.
    »In Schwarz?« fragte auch Gerda Sanders. »Solche Trauer um einen verstauchten Knöchel?« Sie versuchte zu lachen, aber es war ein trockenes, in der Erregung ertrinkendes Lachen. Pohland atmete tief auf.
    »Gerda«, sagte er fest. »Ich kann dir weder Blumen bringen, noch wie ein feuriger Jüngling vor dich hintreten. Sieh mich an: Ein Mann im mittleren Alter, der ab und zu jung sein will und sich dabei den Haxen verstaucht. Aber ein Mann, für den du alles bedeutest. Gerda … willst du meine Frau werden?«
    »Ja –«, sagte sie leise.
    Nach zehn Minuten klopfte Julio von draußen gegen eine der Glastüren, diskret, mit dem Rücken zum Zimmer.
    »Prego … der Tee wird kalt«, sagte er und entfernte sich wieder. Gerda beugte den Kopf weit zurück und lachte glücklich. Pohland hielt sie fest umklammert, damit sie nicht stürzte.
    »Julio wird ungeduldig, Liebster«, lachte sie. »Komm hinaus! Wer Julio verärgert, hat ein schlimmes Leben.«
    »Das kenne ich!« Pohland hüpfte am Arm Gerdas hinaus unter die Markise. »Mein Julio heißt Dr. Wehrmann; aber den werde ich jetzt zum erstenmal sprachlos machen.«
    Das Telegramm, das Dr. Corbeck aus Capri erhielt – ›Gerda gefunden stop Heiraten in Kürze stop Bereitet alles vor stop Pohland‹ – löste in den Pohland-Stahlwerken eine private Aktivität aus. Direktion, Betriebsrat, engste Mitarbeiter, Generalvertreter, Kollegen in den Aufsichtsräten, Freunde, Jagdgenossen und Geschäftsfreunde kamen zu Konferenzen zusammen, um zu beraten, wie man Michael Pohland durch ein besonders schönes Geschenk überraschen und erfreuen könnte. Lediglich die Verwandtschaft reagierte sauer. Eine unverheiratete Schwester Pohlands und der Schwager, Ehemann der älteren Schwester, erkundigten sich bei Dr. Corbeck, wer diese avisierte zweite Frau Michaels sei und ob er da nicht in eine Dummheit hineinrutschte, vor der ihn die Familie uneigennützig warnen müsse.
    Am glücklichsten war Dr. Wehrmann. Er war durchaus nicht sprachlos, sondern verführte den sonst etwas steifen Dr. Corbeck zu einem Exzeß: sich vor Freude einmal zu besaufen. Und in der Vertrautheit plötzlich entdeckter Freundschaft waren beide sich einig, daß nun endlich ein unausgesprochener Wunsch der Erfüllung nahe war: Ein Erbe für die Pohland-Werke.
    Drei Wochen später kehrte Michael Pohland nach Ebenhagen zurück. Gerda Sanders begleitete ihn. Um die gesellschaftliche Form zu wahren, wohnte sie in einer Hotelsuite und nicht im Stadthaus Pohlands, nicht einmal in seinen Gastzimmern. Der Generaldirektor war zurückgekommen. Er stellte seine Braut im engsten Kreis vor; man küßte ihr die Hand, trieb Konversation, musterte und kritisierte sie und fand, daß Pohland ein Glückskind sei, solch eine Frau gefunden zu haben. Allein Dr. Wehrmann gab dieser Einführung in die Gesellschaft eine eigene Note durch die Bemerkung zu
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