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Geliebter, betrogener Mann

Geliebter, betrogener Mann

Titel: Geliebter, betrogener Mann
Autoren: Heinz G. Konsalik
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Auch Dr. Heidkamp nagte an der Unterlippe und verlor seinen Humor. Er fuhr mit hinaus auf die Besitzung Pohlands, weil seine Frau zusammen mit Frau Pohland auf die Rückkehrenden wartete. Als sie das Gut in der Abenddämmerung liegen sahen, tippte Pohland dem Chauffeur auf die Schulter und ließ halten. Lange blickte er hinüber zu dem schönen Besitz, über die Häuser, den Teich, die Wälder.
    »Ich kann noch gar nicht fassen, daß ich wieder hier bin«, sagte er leise.
    Dr. Wehrmann lehnte sich zurück und blinzelte Dechant Bader zu.
    »Er wird noch manches nicht sofort fassen können, was, Dechant?«
    »Mir scheint, als hätten Sie wahr gesprochen.«
    Langsam fuhren sie in den Innenhof ein.
    Vor der Freitreppe des Herrenhauses stand das Personal. Gotthelf Petermann blies ins Jagdhorn. Die Mädchen knicksten, der Eingang war mit Girlanden umkränzt. Gerda lief Michael entgegen, als er aus dem Wagen stieg, den verletzten Arm noch in der Schlinge.
    Es war kein Wort zwischen ihnen, kein Name, kein Zuruf … sie standen voreinander, legten den Arm um sich und küßten sich. Aber gerade diese Stummheit war überwältigend, war so verinnerlicht, so hingegeben in Freude, Glück und Sehnsucht, daß jeder Laut dieses Empfinden gestört hätte.
    Behutsam, als könne es weh tun, faßte Gerda ihn unter und zog ihn die Treppe hinauf. Sie kümmerten sich nicht um die anderen. Sie hörten ganz weit weg hinter sich das Weinen Frau Heidkamps, die Stimme des Dechanten, ein Wort des Arztes, dem Lachen folgte … sie gingen in das Haus, durch die Diele, seitlich zum Schlaftrakt, und es war wie selbstverständlich, ja wie unter einem Zwang, daß sie nicht in den Salon gingen, sondern in das Privateste ihres Hauses. Vor einem Zimmer, es war Gerdas früheres Damenzimmer, blieb sie stehen und legte den Finger auf die Lippen.
    »Du mußt ganz leise sein«, sagte sie zärtlich. »Gerade ist er eingeschlafen.«
    Sie öffnete vorsichtig und langsam die Tür, damit sie nicht in den Angeln quietschte … wie durch einen Nebel kam ihr Michael Pohland nach … unfähig, zu denken, unfähig, zu fragen …
    Gardinen vor dem Fenster … ein weißer Fellteppich … ein mit Batist bespanntes, kleines Bett … in blau überzogenen Kissen ein schwarzer, winziger Kopf, eine Knopfnase, geballte Fäustchen, die an den Ohren lagen, ein schmaler Mund, halb offen, stoßweise atmend.
    Michael Pohland umklammerte das Bett und starrte auf das kleine, rosazarte Gesicht.
    »Gerda!« stammelte er. Es war kaum hörbar, es ertrank bereits in der Brust.
    »Wenn er die Augen aufhat, sieht er genau aus wie du, Micha. Und kräftig ist er, und gesund …«
    »Gerda!« Michael Pohland wandte sich ab und legte den Kopf auf die Schulter seiner Frau. Und dann weinte er, umklammerte ihre Schulter und schluchzte laut, und mit diesem Weinen löste sich alles in ihm auf, alle Anspannung, alle Qual, alle Nervenkraft … es war eine herrliche Befreiung, die aus den Tränen geboren wurde.
    Das Kind bewegte sich. Es schlug mit den Fäustchen gegen die Bettwand und lallte im Schlaf. Michael Pohland fuhr herum und beugte sich zu seinem Sohn hinab.
    »Ich muß ihn wecken«, sagte er leise. »Gerda, bitte, bitte … laß mich ihn wecken.«
    »Er wird ungnädig sein, er wird schreien.«
    »Soll er. Ich will ihn ja hören. Ich will meinen Sohn hören.« Er griff nach den kleinen Fäusten und hielt sie fest. »Ich will dieses neue Leben hören.«
    Wenige Minuten später war er wie alle Väter. Er trug seinen Sohn auf dem Arm herum, redete auf ihn ein, ließ ihn schreien und versuchte, durch Fingerspiele und Kitzeln den aufgerissenen Mund zu schließen.
    Dr. Wehrmann stand plötzlich in der Tür und zeigte lachend in das Kinderzimmer.
    »Mit Ihnen rede ich noch, Doktor.« Pohland drückte seinen Sohn an sich. »Warum haben Sie mir das nicht schon auf dem Flugplatz gesagt!«
    Stunden später waren sie wieder allein. Das Kind schlief wieder, müde vom Weinen. Sie standen auf der Terrasse und sahen hinüber in den Park und zu dem im Mondlicht liegenden See.
    »Woran denkst du, Micha?« fragte sie und lehnte den Kopf an seine Schulter.
    »An nichts.« – »Schmerzt die Schulter noch sehr?«
    »Nein.«
    »Bist du müde? Komm, laß uns ins Haus gehen.«
    Sie standen hinter den Fenstern, im dunklen Zimmer und küßten sich. »Was wäre ich ohne deine Liebe«, sagte er leise.
    »Was wäre ich ohne dich?« fragte sie zurück.
    »Im Dschungel habe ich immer an dich gedacht … am meisten, wenn der
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