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Geliebter, betrogener Mann

Geliebter, betrogener Mann

Titel: Geliebter, betrogener Mann
Autoren: Heinz G. Konsalik
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mit dem Boot umgeschlagen wären?«
    »Das war mir alles gleichgültig. Ich wollte in das Glück springen.« Pohland sah sie bittend an. »Ist es mir gelungen …?«
    »Der Arzt ist gleich da.« Sie sah hinüber zu einem Felsenweg. »Dr. Farnecci ist unser Nachbar. Um diese Zeit liegt er im Garten und liest. Wir haben Glück.«
    »Nur mit dem Arzt?«
    Wieder wich sie einer Antwort aus, reichte Pohland das eisgekühlte Glas hin und nickte ihm zu.
    »Trinken Sie!«
    Gehorsam trank er einen Schluck und blickte über den Glasrand zu ihr hinauf. Sie beobachtete ihn, aber als sich ihre Blicke trafen, wandte sie den Kopf zur Seite.
    Dr. Farnecci war ein erfahrener Arzt, der auf die Beschreibung Julios hin bereits alles mitgebracht hatte. Schiene, elastische Binden, Gipsbinden, schmerzlindernde Injektionen, Salben, reinen Alkohol … für jede Art des Unfalls war gesorgt. Es stellte sich heraus, daß Pohland sich den Knöchel verstaucht hatte und daß sich ein Bluterguß im Gelenk bildete. Es hieß also kühlen mit Alkohol, völlige Ruhigstellung des Knöchels, keine Bewegung.
    »Wie lange wird es dauern, Dottore?« fragte Pohland, als der Fuß geschient war.
    »Wenn Sie die nötige Ruhe haben, Signore, immerhin vierzehn Tage … mindestens.«
    Pohland wandte den Kopf zu Gerda Sanders. Sie hatte ein Kleid übergeworfen, durch das der grünrote Badeanzug durchschimmerte wie eine glitzernde Schlangenhaut. Das blonde Haar war wieder gebändigt und hochgesteckt.
    »Hast du gehört? Vierzehn Tage. So lange mußt du mich ertragen.«
    Sie lächelte schwach. »Auch das wird vorübergehen.«
    »Und wenn ich keine Ruhe habe, Dottore?« fragte Pohland. »Wenn ich ab und zu den Fuß bewege?«
    »Dann dauert's länger. Aber so dumm werden Sie ja nicht sein.«
    »Wer weiß?« Pohland lächelte zufrieden. »Es ist eine der seltenen Gelegenheiten, wo Dummheit zum Erfolg führt.«
    Nach dem Abendessen, das Julio in der Wohnhalle servierte, ordnete Gerda Sanders Bettruhe an. Auf Julio und Gerda gestützt, wurde Michael Pohland mehr getragen als gehend in sein Zimmer geführt. Julio half ihm auch beim Ausziehen, brachte ihn zu Bett und stellte Sodawasser, Zigaretten und einen Korb Obst auf den Nachttisch. Daneben legte er einige Zeitungen. Mißtrauisch betrachtete Pohland diese perfekte Fürsorge.
    »Sie können das vollendet, Julio«, sagte er ein wenig giftig. »Sie haben Erfahrung in Herrenbesuch, was?«
    »Signora Sanders hat es so gewünscht. Wir haben nie Besuch.«
    »Jetzt lügst du faustdick, mein Junge!«
    »Julio lügt nie. Buona notte, Signore.«
    Eine halbe Stunde las Michael Pohland in den Illustrierten, ärgerte sich über einen faden, lebensunwahren Roman, knipste dann das Licht aus und überließ sich einer wohltuenden, zufriedenen Müdigkeit.
    Er erwachte plötzlich durch das Gefühl, daß ihm etwas leicht über Lippen, Augen und Stirn strich. Er regte sich nicht, sondern öffnete die Augen nur einen Spalt.
    Vor ihm war ein großer Schatten, der jetzt lautlos zurückglitt, zu einem Kopf wurde, zu einem Körper, über den blaß das Licht des Mondes fiel. Da öffnete er die Augen ganz. Lautlos ging Gerda Sanders zur Tür zurück; sie trug noch immer das Kleid vom Abend, nur die Schuhe hatte sie ausgezogen. Er wußte nicht, wie spät oder wie früh es bereits war, er sah nur, daß sie noch nicht geschlafen und unten gesessen hatte, Stunde um Stunde, bis zu diesem heimlichen Augenblick.
    Als sie an der Tür war, hob er die Hand.
    »Gerda!« sagte er leise.
    Sie fuhr herum. Selbst im ungewissen Licht des Mondes sah er, wie entsetzt sie war, wie maßlos ängstlich ihre Augen starrten. »Gerda … du hast mich geküßt …«
    Sie antwortete nicht. Sie riß die Tür auf, flüchtete aus dem Zimmer und warf die Tür hinter sich zu. Zur Bewegungslosigkeit verurteilt lag Pohland auf dem Rücken. Er versuchte, sich auf die Seite zu wälzen, aus dem Bett zu kommen, sich hochzustemmen – aber sobald er mit dem linken Fuß irgendwo anstieß, durchjagte ihn der stechende Schmerz und warf ihn zurück.
    Wenn sie morgen wieder fort ist, dachte er und spürte, wie sein Herz sich zusammenkrampfte. Ich ertrag es nicht, bei Gott, ich weiß nicht, was ich tue.
    In dieser Angst blieb er wach, starrte an die Decke, bis der Mondschein rötlich wurde und das Licht der aufgehenden Sonne ihn überdeckte. Er lauschte auf jedes Geräusch im Haus, auf Türenklappen, auf Schritte, auf knirschende Tritte am Strand … aber es blieb still, bis Julio an die Tür
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