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Geliebte Nanny

Geliebte Nanny

Titel: Geliebte Nanny
Autoren: Eileen Schlueter
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ist es dunkel. Yasemin schläft sicher schon. Fragt sich nur, ob allein oder mit der Schmalzlocke.
    Innerlich bebe ich. Ich wage es nicht, das Licht einzuschalten. Sören könnte daraus schlussfolgern, dass ich die Person gewesen bin, die gerade aus dem schwarzen Audi gestiegen ist. Ich schleiche zum Fenster und spähe vorsichtig hinunter zur Straße. Die Scheinwerfer seines Autos sind immer noch eingeschaltet. Ich entdecke Sören hinterm Steuer. Er schaut hinauf, zu meiner Wohnung. Aha, er wartet darauf, dass das Licht angeht, damit er sicher sein kann, dass ich es wirklich war. Ich verharre einige Minuten am Fenster und beobachte ihn. Er kann mich nicht sehen.
    Nach zwanzig Minuten gibt Sören endlich auf und fährt mit heulendem Motor und quietschenden Reifen davon. Ich bin todmüde. Davids flüchtiger Kuss kommt mir wieder in den Sinn, als ich mit der Zunge über meine trockenen Lippen fahre.
    Ich schalte das Licht ein. Auf dem Küchentisch entdecke ich einen Notizzettel von Yasi.
     
    Bin schon im Bett. Muss morgen zeitig
    raus. Meine Schwägerin hat einen Jungen
    entbunden. Muss sie
    morgen im Krankenhaus besuchen.
    FAMILIENTREFFEN. Kann dauern !
    Yasi
     
    Das war’s dann wohl für’s Erste mit Yasis Beratung, in der Angelegenheit zufriedenstellende-Lösung-für-alle-finden . Verzweiflung breitet sich in mir aus. Ich weiß nicht mehr weiter. Wie soll das bloß alles enden?
    Ich nehme das Kopftuch ab und entledige mich des Strickmantels und des knöchellangen Rocks. Ich pfeffere Meleks Klamotten in eine Ecke und gehe schlafen. Vielleicht weiß ich ja morgen, wie es weitergehen soll.
     
    ***
     
    Ich spüre ein Brennen auf meinem nackten Fußrücken.
    Meine Augenlider fühlen sich an, als hätte das Sandmännchen letzte Nacht versehentlich Pattex anstelle von Traumsand verwendet. Ein grelles Licht blendet mich und ich schließe die Augen wieder. Wo bin ich eigentlich?
    Ich sammle meine Gedanken, die wie tausend Scherben in meinem Schädel herumschwirren und mir Kopfschmerzen bereiten. Ich blinzle und erkenne meine käsigen Beine, eingewickelt in rosageblümter Bettwäsche. Aha, mein Bett.
    Jetzt entdecke ich, was dieses Brennen auf meinen Füßen hervorruft: Die Sonne, die gnadenlos durch das Zimmerfenster, unmittelbar auf meine nackten Füße scheint. Ob man wohl einen Sonnenbrand durch eine geschlossene Fensterscheibe bekommt?
    Langsam setze ich mich in meinem Bett auf. Halb zehn. So lange habe ich seit Ewigkeiten nicht mehr geschlafen. Als Nanny beginnt mein Tag üblicherweise gegen sieben Uhr morgens – auch am Wochenende! Gerald und Pauline sind leider Gottes keine Langschläfer.
     Die Geschehnisse des vergangenen Abends kehren in mein Gedächtnis zurück. Dummerweise hat sich das Problem über Nacht nicht in Wohlgefallen aufgelöst, wie ich es mir vor dem Einschlafen gewünscht habe. David glaubt immer noch, ich sei eine türkische Nanny namens Melek Yildiz. Und ich traue mich immer noch nicht, ihm die Wahrheit zu sagen, weil er meinem wahren Ich entschieden feindselig gesinnt ist.
    Und Klodia? Ich kann ihr unmöglich wieder unter die Augen treten, nachdem ich sie so heruntergeputzt habe. Wie soll ich dieses Wochenende bloß überstehen?
     Ich gehe ins Badezimmer. Eine kalte Dusche scheint mir in diesem Augenblick das Vernünftigste zu sein. Ich brauche einen klaren Kopf.
     
    Schlotternd werfe ich mich in meinen Frotteebademantel und steige aus der Dusche. Ich schlage meine nassen Haare in ein riesiges Handtuch und wickle es zu einem Turban.
    Es ist halb elf. Yasi ist noch immer nicht von ihrem Familientreffen, anlässlich der Geburt ihres Neffen zurück.
    Ich hocke auf dem Badewannenrand und will mir gerade die Fußnägel lackieren, da klingelt es an der Tür.
    Das muss Yasi sein, denke ich und lege den Nagellack zur Seite. Sie vergisst gerne mal ihren Haustürschlüssel. Ich marschiere zur Tür. Die Wohnungstür schnellt mir entgegen, kaum dass ich sie geöffnet habe. Erschrocken springe ich zur Seite. Aber…es ist gar nicht Yasi, die plötzlich vor mir steht und mich mit finsteren, blauen Augen aus einem Gesicht mit unverkennbarem Grillhähnchenteint anfunkelt. Es ist Sören, wie er leibt und lebt. Trotz hochsommerlichen Temperaturen trägt er seine gefütterte Lederjacke im James Dean Stil, darunter ein weißes Hemd mit hochgeschlagenem Kent - Kragen.
     »Wusste ich’s doch. Du bist gestern Nacht aus diesem schwarzen Audi gestiegen«, schießt er sofort los. »Sag mir sofort, wer der Kerl
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