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Geliebte Nanny

Geliebte Nanny

Titel: Geliebte Nanny
Autoren: Eileen Schlueter
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erlebt. Mit ihm könnte ich also auf Anhieb das Pflichtprogamm starten und meinen biologischen Fortpflanzungstrieb zum Einsatz bringen, ihn vor den Traualtar zerren und wenig später mein Familienalbum präsentieren. Scheiden lassen kann ich mich immer noch; spätestens wenn Yasi soweit ist. Besser jetzt die Chance auf Familienplanung ergreifen, als noch länger auf einen Mann zu warten, der mich nicht will.
    Ich versuche mir Sören mit guten Manieren und im noblen Hochzeitsfrack vorzustellen. Doch dieses Bild verschwimmt sogleich und der wahre Sören grinst mir in Gedanken dreist ins Gesicht.
    Nein wirklich, ein Leben lang einen Mann wie Sören um sich zu haben, ist einfach unzumutbar. Ganz egal wie tief man seine Ansprüche bereits heruntergeschraubt hat.
    Zunächst einmal sollte ich wieder nüchtern werden, bevor ich voreilige Familiengründungs - Entscheidungen treffe, die sich vermutlich irgendwann auf unnötige Rennerei zum Anwalt, jede Menge Scheidungskosten und den Kampf um die gemeinsamen Kinder belaufen.
    Ich verbanne meine schwachsinnige Eingebung und erhebe mich. Alter Schwede, ich kann nicht mal mehr geradeaus laufen, geschweige denn tanzen. Ich sollte wirklich gehen. Ich kippe den letzten Schluck Raki in ein undefinierbares Gestrüpp, das zu Dekorationszwecken in der Ecke steht. Ups, auch noch aus Plastik. Auf wackeligen Beinen bewege ich mich von meinem einsamen Tisch in Richtung Ausgang des Schloss - Restaurants, wobei es mir eher vorkommt, als fände die Party auf einem Schiff mit ordentlichem Seegang statt. O Gott, meine Organe sind gerade im Begriff sich zu verabschieden und ich glaube, das Hochzeitsmenü will auch wieder raus. Ich presse mir die Hand vor den Mund und schwanke in Richtung Toiletten. Den Anblick, von in einem Liter Anisschnaps ersoffenem Räucherseelachs, möchte ich den übrigen Gästen lieber ersparen.
    Ich würge und renne an schaulustigen türkischen Teenagern vorbei, die mich zu allem Übel auch noch mit ihrer Handykamera filmen und kotze mich ausgiebig auf dem Klo aus. So jetzt geht es mir eindeutig besser. Im Spiegel versuche ich noch den Überrest meiner einst königlichen Frisur zu retten. Ich raffe mein letztes bisschen Stolz zusammen und schreite aufrechten Hauptes zurück in den Saal. Die Teenager kichern. Die schauen sich wohl gerade meine Darbietung auf ihren Displays an. Einer der Jungs erweist sich dennoch als sehr zuvorkommend und bietet mir Minz - Kaugummis an.
    Der DJ spielt einen neuen Song ein. Schon beim ersten Klang bekomme ich eine Gänsehaut und sogleich ergreift eine entsetzliche Schwermut Besitz von mir. Tina Turner – What’s love got to do with it. Auch das noch. Sind ihm etwa die türkischen Titel ausgegangen?
    So, jetzt nichts wie raus hier. Für mich hat es sich ausgehochzeitet. Yasi und Cengiz kommen auch ohne mich ganz gut klar. Immerhin sind hier noch zweihundertneunundneunzig andere Menschen im Saal; die dem Anschein nach Tina Turners gehaltvolle Botschaft rein inhaltlich nicht begreifen, da sie fröhlich und ausgelassen dazu tanzen, als würde es sich um ein Karnevalslied handeln.
    Ich spüre meine schmerzenden Zehen beim Rennen in meinen megahohen Schuhen, die ich mir am liebsten von den Füßen schleudern würde. Stattdessen renne ich noch schneller. Die Tür ins Freie ist schon in Sicht. Ich stürme hinaus, geradewegs in jemanden hinein. Meine Stirn rammt jemandes Kinn.
    Nachdem sich die Sterne vor meinen Augen allmählich aufgelöst haben, schaue ich hoch und erkenne eine leicht blutende Unterlippe. Die kommt mir wirklich sehr bekannt vor.
    Ach Herrje, sie gehört David!
    Warum ist er so unerwartet aus dem Nichts hier aufgetaucht? Wenn diese Begegnung kein Wink des Schicksals ist. Ich bebe. Er ist mir so nahe. Intuitiv ergreife ich seine Hand und halte sie fest, damit er mir nicht entwischen kann. Er starrt mich vollkommen verdutzt an und sagt kein Wort. Die vorlaute Stimme eines imaginären kleinen Männleins auf meiner Schulter flüstert mir zu, diese letzte Chance zu ergreifen! Was habe ich schon zu verlieren? Außerdem habe ich immer noch einen geschätzten Liter Raki als Ausrede parat, falls die Sache eskalieren sollte. Also gut, ich wage es. Augen zu und… Halleluja .
    Ich küsse David und ich will nie wieder aufhören, ihn zu küssen. Ich schmecke das Blut an seiner Lippe. Und dann spüre ich, wie sich seine Anspannung löst, wie er seine Hände sanft um mich legt und meinen Kuss unendlich lang erwidert.
     »Vergibst du mir?«,
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