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Gelegenheitsverkehr

Gelegenheitsverkehr

Titel: Gelegenheitsverkehr
Autoren: Leo Sander
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Meisterdetektivin. Eine Spur.«
    »Eingerostet?«, fragte sie spöttisch und hob ihr Glas. »Soll ich dir etwas zur Hand gehen?«
    Ich rutschte im Sessel nach vorne, zwinkerte ihr zu und nahm Kniekontakt auf. »Ich bitte darum. Du, wegen dem Bett.«
    Ihre Augen funkelten. »Das jetzt endlich fertig ist?«
    Ich nickte. »Bedarfsgerechter Ausbau, würden die Straßenbauer sagen.«
    »Stabiles Fundament? Wackelt nicht?«
    »Hochleistungsstrecke«, sagte ich.
    »Das wird sich herausstellen«, sagte Bettina und schob ihren Teller zurück.

2
    Am nächsten Morgen klagte ich in der Anmeldung von Doktor Koch über diffuse Schmerzen im Brustbereich. Inmitten einer Schreibtischinsel thronte eine kurzhaarige Sprechstundenhilfe mit zerfurchtem Gesicht. Ihr festungsgleicher Hoheitsbereich war vom Wartezimmer mit halbhohen Büromöbeln abgetrennt. Hinter ihr hing ein Vitrinenschrank, in dem sich unzählige Medikamentenpackungen befanden. Ein Radio spielte ganz leise Volksmusik. Sie murmelte etwas von Arbeitslosen, die ja scheinbar immer Zeit hätten und rammte meine E-Card in das Lesegerät.
    Das Wartezimmer wurde von einer umwerfenden Rothaarigen dominiert. Sie überstrahlte die anderen Patienten. Schlank, aber beileibe nicht mager. Helle Haut, Lippenstift, auf dem dunkelgrauen Rock eine Zeitschrift. Ihr Haar wallte über ein eng anliegendes Oberteil, dessen goldener Reißverschluss ein paar Zentimeter offenstand.
    Beeindruckend, wer sich so auf dem Kurzkirchner Parkett tummelte. Auf der Bank neben ihr war ein Platz frei.
    Sie sah auf, senkte ihren Blick schnell wieder und blätterte mit einem leisen Lächeln um.
    Ich setzte mich. Sie lehnte sich zu mir. Ich spürte ihre Wärme.
    »Die Koch ist ein ortsbekannter Drachen«, wisperte sie, ohne ihre Blicke zu heben. »Das muss Ihnen nicht peinlich sein, dass Sie arbeitslos sind.«
    Ihr Atem kitzelte mein rechtes Ohr. »Es ist mir auch nicht peinlich«, flüsterte ich zurück und bewunderte ihre Beine, die viel zu früh unter dem Rock verschwanden.
    »Die lässt sich im Unimarkt immer mit Frau Doktor anreden.« Sie lachte leise, wie ein kleines Mädchen, das etwas vor den Erwachsenen versteckt. »Der Arzt traut sich kaum mehr aus dem Ordinationszimmer.« Sie reichte mir die Hand. »Mohntaler«, sagte sie mit normaler Stimme. »Elisabeth. Grüß Gott.«
    Guter Händedruck. Angenehm temperiert, fest und nicht zu kurz.
    »Sie sind aber nicht von hier, oder?« Sie sah mich an und strich eine Rockfalte am Oberschenkel glatt.
    »Seit Kurzem schon. Gerade eingezogen.« Sie hatte Sommersprossen und grüne Augen.
    »Und wie gefällt es Ihnen?«, fragte sie und wischte langsam ein Staubkorn vom Busenansatz.
    Ich hinderte mein Grinsen daran, sich unzüchtig auszubreiten und sagte unter bestätigendem Kopfnicken: »Ausgesprochen gut.«
    »Das ist schön.« Ihre vollen Lippen spendierten mir ein Filmstarlächeln.
    »Frau Mohntaler ist schon wieder da, Robert«, hörte ich die Sprechstundenhilfe zetern.
    Frau Mohntaler stand auf. »Hat mich sehr gefreut«, sagte sie hoheitsvoll.
    »Mich auch«, sagte ich und sah ihr nach. Ihr Po zitterte ein wenig beim Gehen. Als ich mich wieder umwandte, sah ich auf der zurückgelassenen Zeitschrift ihre E-Card liegen. Dr. Elisabeth Mohntaler, 120471. Einundvierzig also. Ich legte meine Hand darauf und ließ die Karte in meiner Hosentasche verschwinden. Die restliche Wartezeit verbrachte ich mit einer Zeitschrift, in der noninvasive Operationstechniken gepriesen wurden.
    Die halblauten Gespräche der bang Wartenden wurden von einem lautstark gebellten »Herr Kant bitte« unterbrochen, woraufhin sich mir alle Blicke zuwandten. Eine große, dürre Assistentin mit verkniffenem Mund und einem Schild, auf dem »Schwester Marianne« stand, führte mich in einen Raum mit einer Liege und befahl mir, meinen Oberkörper freizumachen und mich hinzulegen. Dann positionierte sie Elektroden mit Saugknöpfen auf meiner Brust, riss sie unsanft wieder herunter und brachte sie einige Millimeter daneben wieder an. Das produzierte rote Abdrücke, die wie Knutschflecken aussahen. Ihr nach Küchengewürzen riechender strenger Haarknoten schaukelte über mir. Herrin Marianne. Vielleicht könnte ich das Frau Amras verrechnen? Opfer der Wissenschaft im Dienste der Wahrheit. Sonderbonus.
    Doktor Koch saß mir an einem kleinen Schreibtisch gegenüber und sortierte die Ausdrucke meiner Testresultate. Er trug einen falsch geknöpften weißen Mantel und eine kleine Brille, die auf der
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