Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Gelegenheitsverkehr

Gelegenheitsverkehr

Titel: Gelegenheitsverkehr
Autoren: Leo Sander
Vom Netzwerk:
meistens. »Ich weiß«, überraschte ich sie. »Und ja nicht zu spät kommen.«
    »Du bist ja direkt aufgekratzt. Was ist los?« Bettina nippte am Wein.
    Ich erzählte ihr von Almuth Amras’ Besuch.
    »Aha!«, sagte sie frostig und stellte abrupt ihr Glas ab. Ein Tropfen Wein spritzte heraus und breitete sich auf dem Tischtuch aus. Bettina starrte befriedigt darauf, als sei es bereits das Blut ihrer Rivalin. »Die ist hier in der Wohnung gewesen?«
    »Ja«, sagte ich.
    »Wo kommt die her? Und was bezahlt sie dir?«
    Ich stand ihr Rede und Antwort.
    »Du, ich bin in Wien auch nicht einsam«, erklärte sie knapp und sah auf ihren Teller. »Soll ich lieber bei Mama übernachten?«
    Ihre Mutter wohnte in einem Vorort von Linz und hasste mich. Ihr Traum war, Bettina mit einem Diplomaten zu verheiraten. Ich wartete auf die Hauptfrage.
    »Ist sie hübsch?«, sagte sie.
    »Eine gewisse Attraktivität kann ich nicht leugnen. Aber sie mit dir zu vergleichen wäre ein zu harter Schlag für Frau Amras.«
    Bettinas Blicke bohrten sich in meine Augen.
    »Auch schon älter«, beeilte ich mich, den Schaden zu begrenzen. »Eigentlich eher unansehnlich. Hässliche Schuhe.«
    Sie entspannte sich wieder und spießte ein Salatblatt auf.
    »Und was macht Gregor?«, sagte ich.
    Bettina kaute ihr Salatblatt gründlich. »Du trägst mir das immer noch nach.«
    »Ja«, sagte ich.
    Bettina widmete sich ausführlich ihren Spaghetti. »Was glaubst du denn? Ist dein Vormieter wirklich ermordet worden?«, sagte sie schließlich.
    »Ich weiß es nicht«, gestand ich. »Wenn etwas offensichtlich faul wäre, hätte eine offizielle Ermittlung stattgefunden. Und die Wohnung wäre immer noch versiegelt.«
    »Hat er getrunken?«
    »Vor dreißig Jahren war er angeblich Alkoholiker. Ob später auch noch, wird mir hoffentlich der Gemeindearzt morgen sagen.« Ich schenkte Bettina nach. »Andererseits ist es unwahrscheinlich, dass man sich am Vorabend einer Reise so betrinkt, dass man fällt und sich das Genick bricht. Du hättest meinen Nachbarn sehen sollen. Wenn der Richter nur halb so fit war wie der, dann hätte er sich nichts gebrochen, sondern einen Salto gemacht.«
    »Und die Tür war nicht versperrt«, konstatierte Bettina mit einem Blick zur Küchentür. »Du hast übrigens deine Pistole noch bei mir.«
    »Hol ich mir, sobald ich hier fertig bin«, sagte ich und zwirbelte Spaghetti auf meine Gabel.
    »Das hat doch gar keinen Sinn, wenn du sie nicht mitnimmst«, schimpfte Bettina. »Von Benutzen rede ich ja gar nicht.«
    Man soll nie unbewaffnet ermitteln. Ein sehr vernünftiger Grundsatz. Leider galt die Regel: kein Polizeidienstverhältnis, keine Dienstwaffe. Ich hatte zwar eine robuste und präzise Steyr GB, wollte sie aber nur im Notfall tragen. Weil ich in nächster Zeit keinen Kugelhagel erwartete, hatte ich mich dagegen entschieden, die Pistole zu holen.
    »Die anderen Unterweltler tragen ihr Arsenal schließlich auch spazieren«, sagte Bettina.
    Streng genommen besaß ich die Waffe nämlich illegal. Vor ein paar Jahren, als ich wieder einmal suspendiert gewesen war, hatte sie mir mein damaliger Chef und Mentor gegeben. Wir hatten uns an einem Würstelstand am Praterstern getroffen, um ein paar Details zu besprechen.
    »Die Albaner geben ja auch keine Ruhe, Kanterl«, hatte Grafenstein gesagt, als er sich wieder verabschiedete.
    Zurück blieben eine halb gegessene Burenwurst und ein zerknautschtes Billasackerl. Drin war die geladene Pistole samt Reservemagazinen gewesen, dick in Zeitungspapier gewickelt. Als die Affäre ausgestanden war, hatte sie Grafenstein nicht zurückhaben wollen. Geschenk. Die Waffe war nirgendwo registriert und existierte offiziell gar nicht.
    »Bei der nächsten Gelegenheit bringe ich sie dir«, sagte Bettina.
    »Lass das lieber bleiben. Du hast keine Waffenbesitzkarte«, sagte ich.
    »Du vielleicht?«, sagte sie zufrieden. »Ich rufe dich an.«
    Das erinnerte mich an den Anruf heute Morgen. Ich erzählte ihr davon.
    »Wer war das?«, fragte sie.
    »Ich weiß es nicht«, sagte ich.
    »Keine Nummer? Kein Rufnummernspeicher?«
    Ich war perplex. Sechs Monate Pause und alles wie weggeblasen. Vielleicht sollte ich mich als Hilfsverkäufer im Angelgeschäft bewerben. Ich ging ins Wohnzimmer und überprüfte das Telefon. Unter dem Hörer war ein kleines Display. Ich drückte auf eine der Tasten und der letzte Anruf wurde angezeigt. Ich schrieb die Nummer auf und überbrachte Bettina die Beute.
    »Gratuliere, du
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher