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Gekapert

Titel: Gekapert
Autoren: Nuruddin Farah
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Handy anstarren, dessen Gehäuse durch den Aufprall aufgegangen ist, als könnte er nicht begreifen, was er getan hat und warum. Sie folgt seinem Blick, hebt die Einzelteile auf, setzt sie wieder zusammen und reicht Ahl das nun wieder funktionstüchtige Handy. Er bedankt sich mit einem Kopfnicken. Sie wartet, da laufen ihm schon Tränen über die Wangen.
    Als das Handy erneut klingelt, weicht er kopfschüttelnd zurück. Xalan geht ran und erfährt so die Ursache für Ahls Ausbruch. Sie nimmt ihn in die Arme und wiegt ihn sanft hin und her, als würde sie ein Baby in den Schlaf schaukeln. Und währenddessen verflucht sie abwechselnd »diese heimtückische Stadt« und »dieses verwünschte Land«.
    Seine Gesichtszüge sind wie versteinert. Er ballt die Fäuste, bleibt reglos stehen, auch als Taxliil herunterkommt. Xalan wagt nicht, ihm zu erzählen, was seinem Onkel zugestoßen ist. Bei diesen Jugendlichen weiß man nie, wie sie reagieren werden.
    Aufgrund der fehlenden Erklärung mißversteht Taxliil die Situation natürlich. Er nimmt an, daß Ahl endlich seiner Wut auf ihn freien Lauf gelassen hat, und schließt sich wie­der in sein Zimmer ein. Er weigert sich, die Tür zu öffnen und mit Xalan zu sprechen, selbst nachdem sie ihm die traurige Nachricht mitgeteilt hat. Er bleibt im abgedunkelten Zimmer, seine Unentschiedenheit macht ihn sprachlos, im einen Augenblick bemitleidet er sich selbst, im nächsten wird er von Schuld niedergedrückt. Wiederholt sagt er laut, er wünschte, er hätte wie Saifullah die Aufgabe mutig zu Ende gebracht, statt im letzten Augenblick zu kneifen. Er tobt und läßt sich durch Xalan nicht beruhigen.
    Warsame ruft an. Er sei in Garowe gewesen und habe ein langes Gespräch mit dem stellvertretenden Präsidenten der Region geführt, einem ehemaligen Klassenkameraden Xalans. Der Stabschef des Präsidenten habe versichert, die Untersuchung der Explosion, bei der Saifullah ums Leben kam, laufe immer noch. Mittlerweile hat jedoch der Innenminister gegenüber Warsame angedeutet, man könnte ihn und Xalan eventuell irgendwann zur Beantwortung verschiedener Fragen vorladen. Xalan fragt Warsame, ob er mit dem Minister über die andere Sache gesprochen habe, »unseren jungen Du-weißt-schon-wen«. Warsame bejaht. »Er schlug vor, wir sollten möglichst rasch Hausputz machen und uns vergewissern, daß wir auch sämtlichen Schmutz entfernen, der sich in den Ecken versteckt hat.«
    Sie versichert ihrem Mann, daß sie alle Hebel in Bewegung gesetzt habe, Ahl und Taxliil aus Bosaso herauszubekommen, auch weil ihrer beider Sicherheit davon abhänge. Je länger sie hierblieben, desto größer die Gefahr, daß die Al-Schabaab ihren Aufenthaltsort herausfände.
    Dann erzählt sie ihm, was sie über Malik und das Attentat weiß, meint, so unglücklich das alles auch sei, habe Malik doch in mehrerer Hinsicht Glück gehabt, Glück, daß sich die Explosion in der Nähe von Cambaras und Biles Haus ereignete, Glück, weil deren Haushälterin auf dem Heimweg war, als die Vorrichtung explodierte, und sah, wie sich Schaulustige um das Fahrzeug scharten, und ihrer eigenen Neugier nachgab, nicht ahnend, wer die Opfer waren, bis sie nahe genug herankam, um Malik und Qasiir zu erkennen.
    Mit Hilfe einiger der Umstehenden hatte Cambara dann Malik vorsichtig aus dem Fahrzeug bugsiert und ihn mit Biles Hilfe schnellstens in eine Privatklinik gebracht. Die Haushälterin hatte sich einverstanden erklärt, Qasiirs Leichnam mit Hilfe einiger Männer in den Anbau zu bringen.
    Zum Glück haben sie eine Cessna Sovereign gefunden, die ohne Fracht und Passagiere nach Nairobi fliegen sollte. Zwar wird der Flug deshalb nicht billiger, aber Cambara hat genügend Geld zusammengekratzt und auch die Barschaft aus Maliks Tasche dazugelegt.
    Ahl ruft Bile an, fragt nach dem aktuellen Stand der Dinge.
    »Ich habe noch nichts gehört«, sagt Bile.
    »Ich hoffe, daß alles in Ordnung ist«, sagt Ahl.
    »Wann fährst du zum Flughafen?« fragt Bile.
    Ahl erzählt ihm nichts von Taxliils Verhalten. Er sagt nur, daß der Flug mindestens eine Stunde Verspätung habe.
    »Ich ruf dich an, wenn ich was höre«, sagt Bile.
    »Dafür wäre ich wirklich sehr dankbar.«
    »Wie geht es Taxliil?« fragt Bile dann.
    »Wir sind alle nervös«, sagt Ahl.
    Ahl sitzt allein da, trinkt seine dritte Tasse Kaffee und verspürt eine Übelkeit, gegen die es kein wirksames Mittel gibt. Er befindet sich in einer Zwickmühle. Als Xalan vorschlägt, den Paß zu
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