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Gekapert

Titel: Gekapert
Autoren: Nuruddin Farah
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leer, der kleine verbliebene Rest qaat nicht größer als eine kleine Schwiele unterhalb des Wangenknochens. Ishas Augen sind die eines Betrunkenen, die Zunge getränkt von der grünen Tunke seiner Sucht.
    Malik schaltet das Aufnahmegerät ab. »Okay, wir sind fertig. Ich bedanke mich bei euch beiden.«
    Sie plaudern noch ein wenig über andere Themen, und Fidno erkundigt sich nach Ahls Befinden. Malik bleibt allgemein, ohne auf Einzelheiten einzugehen, und bemüht sich, Taxliils Namen nicht zu erwähnen.
    Höflich bis zur letzten Sekunde, verabschieden sie sich in guter Stimmung. Malik verspricht, daß er einen Artikel schreiben wird, der auf ihrem Gespräch basiert und den er ihnen schicken wird. Fidno gibt ihm eine E-Mail-Adresse.
    Malik ruft Qasiir an, damit er ihn abholt, und läßt Fidno und Isha kauend in der Hotelsuite zurück. An der Rezeption begleicht er die Rechnung, überzeugt sich, daß er für weitere Ausgaben nicht belangt werden wird. Er findet Qasiir im Auto vor, das immer noch an derselben Stelle steht.
    »Bitte nimm einen anderen Weg als auf der Herfahrt«, sagt Malik. »Tu einfach so, als ob wir zur Wohnung fahren würden.«
    Qasiir schaut häufig in den Rückspiegel, um sicherzugehen, daß ihnen niemand folgt.
    »Ich möchte, daß du einen Flug für mich buchst«, sagt Malik.
    »Einen Flug wohin?«
    »Nach Nairobi. Gleich morgen früh.«

A hl, zur Abfahrt Richtung Flughafen bereit, möchte ­Malik telefonisch den neuesten Stand der Dinge mitteilen. Selbst jetzt wird er sich Malik nicht anvertrauen und ihm von Taxliils Stimmungsschwankungen und seinem Verhalten erzählen – ganz zu schweigen von dem, was sich soeben abspielt: Taxliil hat sich in seinem Zimmer verbarrikadiert und weigert sich, die Tür zu öffnen oder mit jemandem zu reden.
    Ohnedies geht nicht Malik, sondern Cambara ans Telefon. Zuerst wundert sich Ahl, vielleicht hat er die falsche Nummer gewählt, und will schon auflegen, da sagt sie schnell ihren Namen und fügt hinzu: »Leider kann Malik gerade nicht ans Telefon.«
    Ahl nennt seinen Namen. Er könne später nochmals anrufen, Taxliil und er würden sich demnächst auf den Weg zum Flughafen machen. Zumindest hoffe er das.
    Selbst dann sagt sie nicht viel. Er fragt sich, ob es Bile wohl schlechter geht. Genau in dem Moment, in dem sie sagt, »es tut mir leid, daß ich schlechte Nachrichten für dich habe«, fällt ihm Maliks Interview ein.
    Und sofort weiß er Bescheid. Die Namen Fidno und Isha verbünden sich zu einem Schuldgefühl und schnüren ihm die Kehle zu. Er ist sprachlos, seine Zunge fühlt sich unbrauchbar an, wie bei einem Anfall treten ihm die Augen aus den Höhlen.
    »Es tut mir so leid«, sagt sie.
    Schluchzend bestätigt sie beinahe seine schlimmsten Befürchtungen. Malik befindet sich im Krankenhaus, sein Zustand ist kritisch.
    Entsetzt und stumm spielt er im Geist die letzten Auseinandersetzungen mit Malik und Jeebleh nochmals durch. Immerhin ist Malik nicht tot, denkt er. Malik gehört zu denen, denen ein derartiger Tod nicht bestimmt ist. Er betet darum, daß eines seiner vielen Leben Malik vom Krankenhausbett auferstehen lassen möge.
    »Er war auf dem Rückweg von seinem Interview, und der Wagen wurde von einem dieser ferngesteuerten Sprengsätze getroffen. Qasiir, der am Steuer saß, ist tot. Malik liegt auf der Intensivstation. Ich werde die Nacht an seiner Seite verbringen. Wir haben ein Flugzeug organisiert, das ihn nach Nairobi bringt. Ich werde ihn begleiten.«
    »Kann ich irgend etwas tun?«
    »Du hast doch bereits alle Hände voll zu tun«, sagt sie.
    »Ich meine die Begleichung der Rechnungen.«
    »Das ist schon erledigt«, sagt sie, »alles bezahlt.«
    Er weiß nicht, was er sagen soll, bringt nicht einmal ein Danke über die Lippen.
    »Ich habe mit Jeebleh telefoniert, er wird uns vom Flughafen abholen.«
    »Wenn er in Gefahr schwebt, bitte, Cambara, sag es mir.«
    »Er braucht ein Krankenhaus mit besserer Versorgung als dieses hier«, beruhigt sie ihn. »Außerdem ist ja Jeebleh in Nairobi.«
    »Was sagen die Ärzte in Mogadischu?«
    »Sie sind zuversichtlich, daß er außer Gefahr ist, wenn er rechtzeitig in ein Krankenhaus in Nairobi verlegt wird«, versichert sie ihm. Und dann legt sie auf.
    In der nun einsetzenden Stille verharrt Ahl einen Moment lang reglos. Und verliert dann die Fassung. Er wirft sein Handy an die Wand, flucht und schreit sich die Seele aus dem Leib. Xalan rennt die Treppe hinauf und sieht ihn reglos und schweigend das
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