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Gekapert

Titel: Gekapert
Autoren: Nuruddin Farah
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trägt Tennisschuhe und keine Socken, tief hängende Hosen und statt eines Gürtels eine Schnur um die Taille. Faai kommt mit nach draußen und verabschiedet sich von ihnen.
    Am Flughafen bleiben sie bei Xalan im Auto sitzen, die Klimaanlage läuft, niemand spricht. Seit er ins Auto gestiegen ist, hat Taxliil kein Wort gesagt.
    Ein Mann in Polizeiuniform taucht auf, und er und Xalan tauschen Familienneuigkeiten aus. Er erwähnt, daß ihn Warsame von Garowe aus angerufen und um Hilfe gebeten habe. Xalan gibt ihm die beiden Pässe. Der Mann schlendert davon, schlurft mit seinen Stiefeln über den Boden und wirbelt eine Staubwolke auf.
    Xalan fragt Taxliil, ob er weiß, wer er ist, wie der Name in seinem neuen Paß lautet, der ihn nach Dschibuti bringen wird, und wo er angeblich geboren ist. Taxliil kann keine der Fragen beantworten, weil er sich noch nicht die Mühe gemacht hat, den Paß anzusehen. Ob er lieber dableiben wolle, hier in Bosaso. Er schüttelt den Kopf. Warum nicht, fragt sie. Darauf hat er keine Antwort.
    Da kommt der Uniformierte mit den beiden ordentlich abgestempelten Pässen zurück und reicht sie Xalan, die ihm im Gegenzug einen mit Somalia-Schillingen vollgestopften Umschlag gibt. Schnell schlappt er davon, und Xalan reicht Ahl seinen Paß weiter, hält Taxliil den somalischen Paß mit dem Ausreisevisum hin. Aber Taxliil hat kein Interesse, seinen neuen Namen oder Geburtsort zu erfahren, obwohl sie ihm diese laut vorbuchstabiert. Nichts, was sie tut oder sagt, interessiert ihn. Schließlich legt sie den Paß in Ahls verläßliche Hände. Er wird ihn zusammen mit seinem eigenen Paß aufbewahren, bis sie in Dschibuti sind, darauf kann sie sich verlassen.
    Bevor die Passagiere an Bord gehen, schreibt Xalan den Namen eines Hotels in Dschibuti auf. Sie notiert auch Festnetz- und Handynummer eines sehr guten Freundes von ihr, eines Journalisten, der sie, je nachdem wie es ihnen ergeht, abholen und zum Hotel fahren wird, in dem sie zumindest die erste Nacht verbringen können.

D en gesamten Flug über vermeidet es Taxliil, Ahl in die Augen zu sehen, er sitzt so weit entfernt von ihm wie möglich. Verächtlich reagiert er auf Ahls auf englisch geflüsterten Vorschlag, er solle einen Blick in seinen Paß werfen und sich mit seiner neuen Identität vertraut machen.
    Bei der Landung in Dschibuti herrscht Ordnung. Uniformiertes Bodenpersonal begleitet die aussteigenden Passagiere zu Fuß vom Flugzeug in die Ankunftshalle. Das Sicherheitspersonal ist kompetent und wachsam, ohne seine Macht offen zur Schau zu stellen. Es herrscht Vertrauen in die Effizienz staatlicher Organisation, deren Symbole allgegenwärtig sind. Gemessen an der Größe des Landes befinden sich viele Flugzeuge mit den unterschiedlichsten Staatsflaggen auf Start- und Landebahn oder in Parkposition.
    Sie sind zu jener Tageszeit gelandet, zu der sich so mancher Dschibutier gern zu einer Runde qaat hinsetzt und sich alles verlangsamt. Ahl spürt, daß die diensthabenden Grenzbeamten darauf brennen, die Passagiere schnell durch die Formalitäten zu scheuchen. Er ist erleichtert, nicht nur, weil sie sich jetzt außerhalb des Zugriffs der Al-Schabaab befinden, sondern auch weil ihn das hier vorherrschende Gefühl der Ordnung beruhigt. Er weiß gern, woran er mit den Behörden ist, und schätzt es, wenn man Recht und Unrecht des staatlichen Handelns hinterfragen kann. In Bosaso war die Staatsgewalt eine derart diffuse Angelegenheit, daß ihm nicht klar war, wer das Sagen hatte. Er füllt die Einreiseformulare aus, gibt den Zweck seiner Reise an, gibt an, sein Sohn und er würden sich höchstens eine Woche lang im Land aufhalten.
    Immer noch macht ihm Taxliils Laune Sorgen, vielleicht hat er doch den Wunsch, geschnappt und abgeschoben zu werden oder daß ihm die Einreise verweigert wird. Will er sein früheres Versagen wiedergutmachen, indem er zum Märtyrer wird? Ist für ihn, wie für so viele irregeleitete Jugendliche, Verstocktheit das Mittel der Wahl? Gleichgültig gegenüber Ahls milden Ermahnungen, Vorhaltungen und Bitten, er möge doch endlich fertigwerden, kritzelt Taxliil oben und unten auf dem Einreiseformular herum. Zwei Grenzbeamte fragen Taxliil und dann schließlich Ahl, wo denn das Problem liege, und Ahl sagt: »Ach, Teenager, Sie wissen schon.«
    Er strengt sich sehr an, nicht die Beherrschung zu verlieren, und entzieht das Formular mit zusammengebissenen Zähnen Taxliils Klammergriff. »Ich fülle es aus.«
    »Allerdings gibt es da
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