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Geisterstunde

Geisterstunde

Titel: Geisterstunde
Autoren: Glen Cook
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investiert hatte.
    Ich hatte meine Tasche am Brunnen stehen lassen, weil ich sie nicht mit mir rumschleppen wollte, bevor ich wußte, ob ich engagiert wurde. Es war hier so ruhig, daß ich angenommen hatte, sie wäre dort sicher. Ich hatte schon Ruinen besichtigt, in denen mehr los war.
    Doch irgend jemand wühlte in der Tasche herum, als ich die Ruhmeshalle übersteigerten Militarismus erreichte.
    Sie drehte mir den Rücken zu. Es war ein ausgesprochen hübscher Anblick. Sie war groß, schlank, brünett und trug ein einfaches, orangefarbenes Kleid. Anscheinend eine Anspielung auf bäurische Kleidung. Vermutlich hatte daran jemand mehr Geld verdient, als ein Bauer in fünf Jahren zu sehen kriegt. Ihr Hintern wackelte entzückend, während sie sich bückte. Es sah aus, als hätte sie gerade erst angefangen.
    Ich schlich auf Zehenspitzen an sie heran, blieb etwa einen Meter hinter ihr stehen und nickte anerkennend ihrem Hintern zu. Er war auch aus der Nähe hinreißend. »Irgendwas Interessantes gefunden?«
    Sie wirbelte herum.
    Ich stutzte. Es war das gleiche Gesicht, das ich schon früher gesehen hatte, aber diesmal wirkte es überhaupt nicht scheu. Dieses hier hatte mehr Falten und war welterfahrener. Das andere Gesicht hatte hinter der Furcht einen sanftmütigen Ausdruck gehabt, wie bei manchen Nonnen.
    Sie sah mich mit blitzenden Augen herausfordernd an. »Wer sind Sie?« Ich mag es, wenn meine Frauen sich in gewissen Dingen nicht einschüchtern lassen, aber ich mag es nicht, wenn sie in meinen Sachen herumschnüffeln.
    »Sexton. Wer sind Sie? Und warum durchsuchen Sie meine Sachen?«
    »Wieso schleppen Sie ein halbes Waffenarsenal mit sich herum?«
    »Das ist mein Handwerkszeug. Grundausstattung. Das waren zwei Antworten. Jetzt sind Sie dran.«
    Sie musterte mich von oben bis unten, hob eine Braue und machte eine Miene, als wüßte sie nicht, ob ihr der Anblick gefiel oder nicht. Traf mich mitten ins Herz! Dann schnaubte sie verächtlich und ging weg.
    Ich bin sicher nicht der bestaussehende Mann in der Stadt, aber normalerweise reagieren die Mädels nicht so. Gehörte wohl zu einer Strategie.
    Ich sah ihr hinterher. Sie bewegte sich geschmeidig, wenn sie auch ein bißchen übertrieb. Das tut man, wenn man Zuschauer hat. Dann verschwand sie in den Schatten unter der Westempore.
    »Hier laufen wirklich seltsame Figuren herum«, sagte ich leise zu mir selbst und überprüfte den Beutel. Es war zwar alles durchwühlt, aber es fehlte nichts. Anscheinend war ich gerade noch rechtzeitig gekommen, sie daran zu hindern, die kleine gepolsterte Schachtel zu öffnen, in der die Phiolen lagen. Sicher ist sicher, dachte ich und sah trotzdem nach.
    Da lagen sie, eine königsblaue, eine smaragdgrüne und eine rubinrote Phiole. Jede von ihnen wog etwa fünfzig Gramm. Sie waren noch von einem früheren Fall übriggeblieben, und ihr Inhalt war von einem Hexenmeister zusammengebraut worden. In gefährlichen Situationen konnten sie ganz nützlich sein. Hoffentlich brauchte ich sie diesmal nicht.
    In meinem Beutel war mehr Zeug für gefährliche Situationen als Kleidung. Letztere konnte man waschen.
    Ich schlenderte durch die Halle, während ich auf Dellwood wartete. Es war, als bekäme man eine Exklusivführung durch ein Museum. Das ganze Zeug bedeutete mir nichts. Sicher erzählte jedes Stück eine Geschichte, aber ich hatte mich noch nie für die Historie um ihrer selbst willen interessiert.
    Dellwood ließ sich Zeit. Nach einer halben Stunde beäugte ich ein altes Waldhorn und überlegte, was wohl passieren würde, wenn ich reinblies. Dann sah ich die blonde Frau wieder. Sie beobachtete mich aus der entlegensten Ecke der Halle. Ich winkte. Schließlich bin ich freundlich.
    Sie tauchte ab. Gott, sind wir schüchtern.
    Schließlich tauchte Dellwood auf. »Geht es dem General wieder besser?« erkundigte ich mich.
    »Jetzt ruht er, Sir. Er wird sich erholen.« Aber das klang nicht sehr überzeugt. »Sergeant Peters wird sich um Ihre Wünsche kümmern.« Jetzt klang er verwirrt. »Ich bin zugegebenermaßen etwas neugierig, Sir. Was ist Ihre Aufgabe hier?«
    »Der General hat nach mir geschickt.«
    Er musterte mich einen Augenblick, bevor er sprach. »Wenn Sie mitkommen würden … Ich bringe Sie in Ihr Quartier.« Als wir den vierten Stock des Ostflügels erreichten, keuchte ich schon wieder. Und Dellwood unternahm einen neuen Vorstoß.
    »Bleiben Sie lange?«
    »Weiß ich nicht.« Hoffentlich nicht. Dieser Ort ging mir schon jetzt
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