Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Geisterschiff Vallona

Titel: Geisterschiff Vallona
Autoren: dtv
Vom Netzwerk:
liegen und Karl versuchte, es
     ihm bequem zu machen, während Sara die Dichtung in der Barbarella nachbesserte.
    »Was hast du hier draußen gemacht?«, fragte Karl leise. »Wolltest du Mama suchen?«
    Großvater nickte.
    »Aber er hat mich reingelegt   … der Kompass ist einfach rotiert   … Er ist da draußen   …«, sagte Großvater so leise, dass Karl sich über ihn beugen musste, um ihn zu verstehen.
    »Er? Von wem sprichst du?«
    Großvater antwortete nicht. Er schloss nur die Augen und atmete schwer.
    »Meinst du den Geisterlotsen der Vallona?«
    In dem Moment, in dem Karl den Namen des Schiffes ausgesprochen hatte, rührte sich die Figur in seiner Tasche wieder.
    Sara nahm das Taschenmesser und untersuchte den Kompass eine Weile. Noch immer irrte die Nadel ziellos hin und her. Wieder
     hatten sie die Richtung verloren.
    »Der Leuchtturm   … jemand muss das Leuchtfeuer anzünden«, murmelte Großvater verwirrt. »Bringt alle in Sicherheit   … ehe die Vallona zurückkommt. Oder haltet ihn auf.«
    »Ihn aufhalten?«, fragte Karl verzweifelt. »Wie soll man denn ein Gespenst aufhalten?«
    Sara räusperte sich. Unglücklich schaute sie die beiden an.
    »Karl. Erinnerst du dich an das, was ich dir über meine Familie erzählt habe? An die Fehde? Das, worüber wir uns zerstritten
     haben   …«
    Sie holte tief Luft, dann fuhr sie fort.
    »Das alles begann mit der Vallona, denn es gibt verschiedene Geschichten über dieses Schiff   …«, murmelte sie. »Und ich glaube nicht, dass ihr die wahre Geschichte über den Lotsen der Vallona schon gehört habt, denn
     es gibt niemanden, der sie erzählt. Auch ich habe meiner Familie versprochen, es nicht zu tun, aber geradejetzt ist es vielleicht wichtig. Zumindest kommt es mir so vor.«
    Und während sie sprach, veränderte sich ihre Stimme, wurde älter, tiefer – als gehörte die Geschichte in eine andere Zeit.
     Als erzählte sie ein anderer durch Sara.

Der Lotse auf der Vallona
    »Alle behaupten, es wäre die Schuld des Lotsen gewesen, dass die Vallona unterging. Er wäre besessen gewesen und hätte Schiff
     und Besatzung mit sich in die Tiefe reißen wollen. Und so erzählt man sich, wie die Männer sich in letzter Sekunde retten
     konnten, bevor der Lotse die Vallona mit einem teuflischen Lachen direkt auf die Felsen von Krabbsjögrund auflaufen ließ.
    Aber so war es nicht. So war es überhaupt nicht. Er war jung, der Lotse, jung und unerfahren. Aber er war kein Dummkopf und
     er war auch ganz sicher nicht vom Teufel besessen oder sonst etwas Ähnliches. Im Gegenteil, er war der Einzige, der begriffen
     hatte, dass die Vallona zu modern war, dass sie zu viel Tiefgang hatte, um die Untiefen in der üblichen Fahrrinne zu passieren.
     Das hatte er nämlich auf der Schiffsoffiziersschule in Stockholm gelernt. Aber die Befehlshaber an Bord wollten nicht auf
     ihn hören. So ein dahergelaufener Grünschnabel wie erwollte ihnen erzählen, wie man in einen Hafen einfuhr?
    Der Kapitän wurde wütend und der Steuermann wurde wütend und der Eigner der Vallona, der Distriktsarzt, der nur durch einen
     Zufall an diesem Tag mit an Bord war, wurde am wütendsten von allen. Der Graue zog hinter ihrem Rücken auf und er war damals
     bereits genauso unheimlich und lebensgefährlich wie heute. Sie hatten nicht die geringste Lust, irgendein Risiko wegen solch
     neumodischen Geschwätzes einzugehen.
    Aber der Lotse war sich seiner Sache sicher. Wenn sie die übliche Fahrrinne wählten, wie die Besatzung wollte, würden sie
     unerbittlich auf Grund laufen. Und dann wären sie eine leichte Beute für den Grauen und den nachfolgenden Sturm.
    Die Besatzung aber war absolut vom Gegenteil überzeugt. Die Männer glaubten, der Lotse führe sie geradewegs ins Verderben,
     und sie alle kannten die Geschichten vom Grauen. Einige der Älteren waren dabei gewesen, als er das letzte Mal aufgezogen
     war, und sie verspürten nicht die geringste Lust, ihm noch einmal zu begegnen.
    So kämpften sie also um das Steuer. Für gewöhnlichübernimmt der Lotse den Befehl, wenn er an Bord eines Schiffes geht, und alle müssen ihm gehorchen, aber hier gab es niemanden,
     der es gewagt hätte, ihm das Kommando zu übergeben. Schließlich drängte er die anderen von der Brücke und verriegelte die
     Tür von innen, nur um in Ruhe steuern zu können.
     
    Aber da breitete sich langsam Panik unter den Matrosen aus. Der Graue quoll über die Vallona und ihre Angst wuchs. Um sie
     herum tuteten die
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher