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Geisterreigen

Geisterreigen

Titel: Geisterreigen
Autoren: Dinah Kayser
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Kopf verschränkten Händen lag sie in der Dunkelheit und dachte nach.
    Ein fast lautloses Wispern ging durch den Raum. Diana wurde bewußt, daß es dieses Wispern gewesen war, das sie geweckt ha tte. Es klang, als hätten sich in ihrem Zimmer Kinder versteckt. Na wartet, ihr könnt mich nicht zum Narren halten, dachte sie und schaltete die Nachttischlampe ein.
    Gab es überhaupt Kinder auf Rowland Castle? Weder Mrs. March noch ihr Mann hatten etwas davon erwähnt, allerdings ha tten sie sich am Abend ja auch nur kurz miteinander unterhalten.
    Die junge Frau stand auf und durchsuchte das Zimmer. Sie schaute sogar in den Kleiderschrank, unter das Bett und ins Bad. Kopfschüttelnd schlüpfte sie schließlich in ihren Morgenrock, um einen Blick in die angrenzenden Räume zu werfen. Barfuß trat sie in den Gang hinaus.
    Nach zehn Minuten gab Diana ihre Suche auf. Sie war zu müde, um sich noch lange wachhalten zu können, also kehrte sie in ihr Zimmer zurück und legte sich wieder zu Bett. Als sie das Licht löschte, erklang das übermütige Lachen eines Kindes. Es erinnerte sie an das kleine Mädchen, dem sie auf der Fahrt nach Rowland Castle geholfen hatte.
    Sie schloß die Augen und dachte an die Kinder, die draußen auf der Klippe miteinander getanzt und gesungen hatten. Lautlos formten ihre Lippen das Lied vom Humpty Dumpty, dann versank sie in einen tiefen, traumlosen Schlaf.
    4.
    Als Diana am Morgen erwachte, fiel die Sonne hell in ihr Zimmer. Sie sprang aus dem Bett und lief zum Fenster. Jetzt bei Tageslicht hatte sie einen einzigartigen Blick auf die Umgebung der Burg. Sie konnte sogar einige der Häuser von Alberry sehen. Die junge Frau stützte sich mit beiden Händen auf dem Fenste rbrett auf und schaute auf das Meer hinaus. Weit draußen schaukelte ein kleines Boot auf den Wellen.
    Ein leichtes Klopfen riß sie aus ihren Gedanken. Rasch zog sie sich ihren Morgenrock über. "Ja, bitte!" rief sie.
    Agnes betrat mit einem Teetablett das Zimmer. "Guten Morgen, Mylady", grüßte sie. "Haben Sie gut geschlafen?" Neugierig blickte sie die junge Frau an.
    "Ja, ganz ausgezeichnet", erwiderte Diana. "Stellen Sie das T ablett bitte auf den Nachttisch. Wann frühstückt man auf Rowland Castle?"
    "Für Seine Lordschaft stand das Frühstück immer zwischen acht und zehn bereit", gab Agnes bereitwillig Auskunft. "Wenn Sie mir sagen, wann Sie frühstücken wollen, gebe ich es an M istreß March weiter."
    "Sagen wir um neun", schlug Diana vor.
    "Das geht in Ordnung, Mylady." Agnes wandte sich der Tür zu.
    "Sagen Sie, gibt es auf Rowland Castle Kinder, Agnes?" holte sie die Stimme ihrer neuen Herrin ein.
    Das junge Mädchen zuckte zusammen. "Kinder?" wiederholte es gepreßt, dann schüttelte es entschieden den Kopf. "Nein, auf Rowland Castle gibt es keine Kinder, Mylady."
    "Dann muß ich mich wohl geirrt haben", meinte Diana leich thin. "Danke, Agnes. Das wäre alles."
    Das Hausmädchen nickte ihr zu und verließ das Zimmer. Sehr leise schloß sie die Tür hinter sich.
    Diana blickte ihr nach. Irgend etwas stimmte da nicht. Warum war das Mädchen so erschrocken, als sie nach den Kindern gefragt hatte. Sollte es mit dem Fluch zusammenhängen? Sollte...
    Diana seufzte leise auf. Wenn das so weiterging, würde sie ta tsächlich auch noch an diesen Fluch glauben. Mit langsamen Schlucken trank sie ihren Tee, dann suchte sie das Bad auf und duschte. Eine Stunde später stieg sie die Treppe zur Halle hinunter, entschlossen Rowland Castle in Besitz zu nehmen.
    "Guten Morgen, Mylady", wurde sie von John March empfa ngen. "Es ist so schönes Wetter, deshalb habe ich für Sie auf der Terrasse decken lassen."
    "Eine fabelhafte Idee, Mister March", lobte die junge Frau. Sie lachte. "Sie müßten mich nur zur Terrasse bringen. Auch wenn ich die ersten Jahre meines Lebens hier verbracht habe, ich kenne mich auf Rowland Castle nicht mehr aus."
    "Das kann Ihnen niemand verdenken, Mylady. Bitte, kommen Sie." Der Butler schlug den Weg zum Salon ein. Er erzählte ihr, daß die Terrasse erst vor fünfundsiebzig Jahren an das alte Gebäude angebaut worden war, weil ihre Urgroßmutter den Nachmittagstee gerne im Freien eingenommen hatte.
    "Ich halte mich auch gerne im Freien auf", gestand Diana und trat durch die Terrassentür. Überwältigt blickte sie auf den Frü hstückstisch. Scheinbar hatte sich Mrs. March entschlossen, sie zu mästen. Anders konnte sie sich die Vielfalt der Speisen, die sie zu dieser frühen Stunde zu sich nehmen sollte,
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