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Geisterreigen

Geisterreigen

Titel: Geisterreigen
Autoren: Dinah Kayser
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eine nette, grauhaarige Frau von Anfang sechzig, arbeitete als Köchin auf dem Besitz. Es gab auch noch zwei Hausmädchen, einen Gärtner und Burschen, der für die groben Arbeiten zuständig war. Sie hießen Diana genauso freundlich willkommen, wie es der Butler getan hatte. Der jungen Frau kam es vor, als würden sie sich aufrichtig freuen, sie begrüßen zu dürfen.
    "Sie werden in dem Zimmer schlafen, daß Ihre Frau Mutter bewohnte, als sie als junge Braut nach Rowland Castle kam", sagte John March zu Diana. "Selbstverständlich steht es Ihnen frei, sich morgen ein anderes Schlafzimmer auszusuchen."
    "Vermutlich werde ich mit diesem Zimmer überaus zufrieden sein, Mister March", meinte Diana. Sie wandte sich an die Köchin: "Würde es Ihnen etwas ausmachen, wenn ich mein Dinner heute abend ausnahmsweise auf meinem Zimmer einnehme? Ich bin sehr müde und möchte bald zu Bett gehen."
    "Natürlich nicht, Mylady", versicherte Mrs. March. "Ihr Wunsch ist uns Befehl." Sie sah die junge Frau liebevoll an. "Ich weiß, Sie können sich nicht mehr an meinen Mann und mich eri nnern, aber ich werde nie vergessen, wie Sie als kleines Mädchen immer in meine Küche kamen, um dort einen Leckerbissen zu ergattern."
    "Dann habe ich als Kind hier gelebt?" fragte Diana überrascht.
    Mrs. March nickte. "Ja, bis zu Ihrem dritten Lebensjahr, Mylady, dann hielten es Ihre Eltern für ratsam, mit Ihnen nach Italien zu gehen." Ihr Gesicht verdüsterte sich für einen Moment. "Es war das beste, was sie tun konnten."
    "Sie meinen wegen des Fluches?"
    "Ja, sonst hätten auch Sie nicht überlebt."
    "Ich glaube nicht an diesen Fluch", erwiderte die junge Frau. "Würden Sie mir jetzt mein Zimmer zeigen? Wie es aussieht, we rde ich in meiner ersten Nacht auf Rowland Castle ausgezeichnet schlafen."
    Der Butler und seine Frau wechselten einen kurzen Blick, dann wandte sich Mr. March dem jungen Burschen zu und befahl ihm, Dianas Gepäck aus dem Wagen zu holen und nach oben zu bri ngen.
    Das Zimmer, das man der Erbin von Rowland Castle zugewi esen hatte, lag in einem der großen Ecktürme der Burg. Nach drei Seiten bot es eine herrliche Aussicht auf das umliegende Land und das Meer.
    Als die junge Frau eines der Fenster öffnete, drang das Tosen der Brandung zu ihr hinauf. Sie drehte sich um und ließ ihren Blick durch den freundlich eingerichteten Raum schweifen.
    "Es ist ein wunderschönes Zimmer", sagte sie zu Mrs. March. "Sieht aus, als wäre es erst vor kurzem renoviert worden."
    "Als Sie Seiner Lordschaft schrieben, daß Sie vorhätten, ihn zu besuchen, hat er dieses Zimmer und die angrenzenden Räume renovieren lassen", erwiderte die Köchin. "Es ist sehr schade, daß Sie Ihren Großonkel nicht mehr sehen konnten. Er hat sehr oft von Ihnen gesprochen und bedauert, daß Ihre Eltern ihn noch kurz vor ihrem Tod gebeten hatten, keinen Kontakt zu Ihnen aufzune hmen."
    "Mir tut es auch leid, daß ich meinen Großonkel nicht mehr kennenlernen durfte", sagte Diana. Sie wandte sich wieder dem Fenster zu. Wie wundervoll wäre es gewesen, hier aufwachsen zu dürfen. Warum konnte sie sich nicht daran erinnern, wie sie als Kind unten im Park gespielt hatte?
    Es klopfte. Tibor und eines der Hausmädchen brachten das Gepäck. "Soll ich Ihnen beim Auspacken helfen, Mylady?" erkundigte sich das Mädchen, nachdem sie die Sachen neben dem Bett abgestellt hatten.
    "Nein, danke, Agnes." Diana schüttelte den Kopf. "Ich packe heute abend ohnehin nur das Notwendi gste aus."
    "Dann werde ich mich jetzt um Ihr Dinner kümmern, Mylady", bemerkte Mrs. March. Sie verließ zusammen mit Agnes und Tibor das Zimmer.
    Diana suchte das angrenzende Bad auf. Auch hier deutete alles darauf hin, daß man sie von Herzen willkommen hieß. Seit dem Tod ihrer Eltern hatte sie sich nie wieder so geborgen gefühlt. Sie bedauerte, daß sie früher niemals den Wunsch gespürt hatte, nach England heimzukehren.
    Die junge Frau blickte in den Spiegel. Ein Lächeln umspielte ihre Lippen. Sie nahm sich vor, gleich am nächsten Morgen ihren früheren Vormund anzurufen und ihm zu sagen, daß sie auf Ro wland Castle zu bleiben gedachte. "Nichts wird mich jemals wieder von hier vertreiben können", sagte sie leise zu sich selbst. "Ich bin zu Hause, endlich zu Hause."
    3.
    Es war kurz vor Mitternacht, als Diana erwachte. Sie brauchte einige Sekunden, um sich zurechtzufinden. Noch in der Nacht zuvor hatte sie auf der Fähre geschlafen, die sie von Antwerpen nach Dover gebracht hatte. Mit hinter dem
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