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Geisterflut

Geisterflut

Titel: Geisterflut
Autoren: Stacia Kane
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sie so was sagen, ohne dass es komplett bescheuert klang? Was sagte man zu jemandem, wenn man ihn wirklich gern wiedersehen wollte?
    »Hier.« Sie zupfte ein frisches Babypflegetuch hervor. »Du bist ja komplett eingesaut.«
    Er regte sich nicht, während sie ihm mit dem feuchten Tuch übers Gesicht wischte. Sie musste die linke Hand dazu nehmen und hielt derweil mit der rechten sein Kinn. Seine Haut wärmte ihr die Finger.
    »Mach die Augen zu.«
    Er tat es. Sie nahm ein frisches Tuch und ließ es über seine Haut gleiten, bis ihr klar wurde, dass sie das schon viel zu lange machte.
    Sie knüllte das Tuch in der Hand zusammen. »Also gut. Man sieht sich, ja?«
    »Ja. Du weißt ja, ich bin meistens hier in der Gegend.«
    »Nein, ich meinte ...« Mist! Was sagten denn die Leute in so einem Fall? »Ich meinte, du könntest mich mal anrufen, wenn du magst. Und dann könnten wir mal ausgehen oder so.«
    Sein Blick huschte über ihr Gesicht, suchte nach irgendwas. Ob er etwas fand oder nicht, konnte sie nicht sagen, aber er nickte. »Ja. Klar, Chess. Ich ruf dich an.«
    Es musste noch mehr zu sagen geben, aber was, das fiel ihr ums Verrecken nicht ein. Außerdem wartete Lex. Und so streckte sie die rechte Hand aus. Er nahm sie und achtete darauf, die Wunde nicht zu berühren.
    Sie stieg aus und sah ihm nach, als er davonfuhr, bis das kehlige Rumoren des Chevelle mit den Geräuschen der Stadt verschmolz.
    »Dann lebst du also doch noch, Tülpi! Ich hatte mir schon Sorgen gemacht. Hab gehört, da soll die Hölle losgewesen sein.«
    »Du bist nicht geblieben, um dir das anzusehen?«
    Ein Lächeln breitete sich auf seinem Gesicht aus, ebenso langsam und sanft, wie er ihre Hand nahm und sich ihre Tasche über die Schulter hängte. Verdammt. Sie mochte ihn echt. Wie hatte das nur geschehen können? »Ein bisschen hab ich zugeguckt.«
    »Gute Show?«
    »Nicht schlecht, echt nicht schlecht. Du sahst aus wie eine richtige Kriegerin, mit den ganzen Bemalungen und so.«
    »Dann hast du aber doch länger zugeschaut, wenn du das gesehen hast.«
    »Manche Leute glotzen gern TV. Andere stehen mehr auf Live-Entertainment.«
    »Dann guckst du also gerne zu, Lex. Wär ich nie drauf gekommen.«
    Er lachte. »Ich behalt bloß meine Investitionen ein bisschen im Blick. Mit dem Flugplatz ist es jetzt wohl Essig, was?«
    »Ja. Aber ... deshalb hab ich das nicht getan.«
    Er zuckte nur mit den Achseln. »Nicht die Absichten zählen, sondern die Ergebnisse. Und dieses Ergebnis ist doch ganz ersprießlich, nicht wahr? Auch wenn du aussiehst, als hätten sie dich ordentlich in die Mangel genommen.«
    »Ja, aber -«
    »Nichts aber. Das Thema ist abgehakt, Tülpi. Lass uns nicht mehr drüber reden. Komm, wir gehn zu mir, und dann zeigst du mir, wo's wehtut. Na, klingt das gut?«
    Damit entlockte er ihr trotz allem ein Grinsen. »Ja, sogar ziemlich gut.«
    Sie gab ihm ihre Hand und ließ sich von ihm durch den Tunnel führen.
    Der Älteste Griffin legte ihr eine Hand auf den Arm und sah zu, wie die anderen Debunker nacheinander den Raum verließen.
    »Cesaria«, sagte er schließlich mit einem dunklen Blick in seinen blauen Augen. »Ich muss noch kurz etwas mit dir besprechen.«
    Mist. Ihr rutschte das Herz in die Hose. Sie war aufgeflogen. Sie hatte keine Ahnung, wie das sein konnte. Vielleicht hatte Doyle etwas gesagt, oder war ihr irgendein Schnitzer unterlaufen? Sie hatte ihre Notizen so gründlich studiert, dass sie glaubte, ihre Geschichte sei wasserdicht, aber vielleicht ...
    »Setz dich.« Er zog einen Stuhl für sie herbei. Sie ließ sieh darauf nieder und erwartete halb, dass Stahlmanschetten aus den Armlehnen hervorzischen und sie fesseln würden.
    Er setzte sich neben sie. »Bist du sicher, dass es dir gut geht? Mit ansehen zu müssen, wie dein Freund starb, auch wenn er selber schuld daran war ...« Er schüttelte den Kopf. »Ich bin für dich da, wenn du darüber sprechen möchtest, meine Liebe.«
    »Danke, aber ich bin okay. Wirklich.« Erleichterung machte sich in ihr breit, fast so angenehm wie das wohlige Wärmegefühl der Pillen. Sie war also doch nicht aufgeflogen. Sie war in Sicherheit.
    »Ich bin sehr stolz auf dich. Weißt du, der Großälteste hat die Lamaru nie für eine ernsthafte Bedrohung gehalten. Die Vorstellung, dass es ihnen tatsächlich gelungen ist, einen der unsrigen auf ihre Seite zu ziehen, ist ausgesprochen beunruhigend.«
    Sie wusste nicht, was sie darauf sagen sollte. Sollte sie dem zustimmen? Widersprechen?
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