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Geisterflut

Geisterflut

Titel: Geisterflut
Autoren: Stacia Kane
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dass sie gesehen worden waren. Zumindest nahm sie an, dass es so gewesen war; jemanden danach fragen konnte sie ja schlecht - höchstens Doyle, und sie hatte so das Gefühl, dass der nicht gerade die allergrößte Lust haben würde, mit ihr zu reden.
    Nein, sie hatte keine Gewissensbisse, weil Bump nun nicht in der Lage sein würde, den Flugplatz Chester für sich zu nutzen. Sie hatte Gewissensbisse, weil sie gelogen hatte. Terrible gegenüber. Er vertraute ihr, und sie hatte dieses Vertrauen missbraucht. Und zwar mehrere Male.
    Es war nichts, wofür sie sich entschuldigen oder was sie erklären konnte. Es war einfach so.
    »Hey, wie hast du denn das überhaupt hingekriegt? Hast du die Geister da hingebracht? Und wie hast du’s geschafft, dass sie sich alle auf ihn gestürzt haben?«
    Da hellte sich ihre Laune ein wenig auf. Wenigstens ein Mensch interessierte sich dafür, was sie getan hatte. »Er war ein Teil von ihnen. Er war aus ihnen erschaffen worden, nachdem sie wahnsinnig geworden waren und den Stützpunkt niedergebrannt hatten. Beim Sterben müssen sie sich aufgespalten haben. Ich habe ihnen ermöglicht, ihn wieder in sich aufzunehmen, und das haben sie getan, und da ich seine Energie und die Energie des Erdbodens genutzt hatte, um sie herbeizurufen, mussten sie, als er sich aufgelöst hatte und ich die Energie an die Erde zurückgegeben hatte, wieder verschwinden.«
    Er nickte. »Echt clever!«
    Einen Moment lang war sie ein wenig gereizt. Kam jetzt nicht wenigstens ein Ausdruck des Erstaunens? War »echt clever« tatsächlich alles, was sie dazu von ihm hören würde?
    Doch dann wurde ihr etwas klar, und zwar mit einem seltsamen Gefühl der Wärme: Ihm war die ganze Zeit überhaupt nicht in den Sinn gekommen, dass sie eventuell nicht fähig sein könnte, sie alle zu retten. Während sie auf dem Erdboden herumgefuchtelt und eine Scheißangst ausgestanden hatte, zu versagen und sie damit alle umzubringen, hatte er absolutes Vertrauen in ihre Fähigkeit gehabt. Und genauso hatte sie nie ernsthaft bezweifelt, dass er sie vor den Lamaru beschützen konnte.
    Ein unbehaglicher Gedanke.
    »Was wirst du denn denen von der Kirche erzählen? Über den Kollegen da, wie hieß er noch? Der da im Schlafzimmer abgekratzt ist.«
    Sie dachte kurz darüber nach, froh, etwas zu haben, das sie ablenkte, und sei's auch nur kurz. »Die Wahrheit - soweit möglich jedenfalls. Die Mortons waren mein Fall. Und er war in diesen Fall verwickelt. Ich werde sagen müssen, dass ich von diesem Zusammenhang erst heute Nacht erfahren habe und dass ich sie deshalb nicht angerufen hab, aber ... über den Rest müssen sie eigentlich nichts erfahren.«
    »Dann ist in der Hinsicht alles in Butter? Du hast gute Arbeit geleistet und so?«
    »Ja. Ja, ich schätz mal schon.« Es kam ihr bloß überhaupt nicht so vor. Es kam ihr vor, als hätte sie etwas Böses getan, als hätte sie sich einen neuen Fleck auf der Seele eingehandelt. Sie wandte sich zum Fenster und sah ihr Spiegelbild, ihre Augen groß und dunkel unter dem Pony.
    »Alles klar mit dir? Du bist so still.«
    »Ja. Es ist nur ... Es tut mir leid. Ich weiß, du hast dich drauf gefreut, den Flugplatz wieder nutzen zu können.«
    Er legte den Kopf schräg und sah sie mit einem belustigten Blick an. »Das meinst du doch wohl nich ernst, oder? Ich hab heut Nacht am Himmel was viel Besseres gesehn als diese ewigen einmotorigen Klapperkisten. Und das war’s echt wert. Wie gesagt: Es gibt auch noch andere mögliche Plätze. Bump hat immer noch irgendwelche anderen Pläne in der Schublade. Und du? Hast du irgendwelche Pläne? Ich mein: Für jetzt?«
    »Nö ... Ach doch. Ja, hab ich. Ich bin verabredet. Ich meine, ich hab gesagt, ich komme, wenn ich fertig bin. Er - die warten da auf mich.«
    Schweigen. Kein dramatisches Schweigen, aber ein Schweigen. Dann: »Siehste? Bist auch schon wieder an der nächsten Sache dran, Chess. Wo soll ich dich absetzen?«
    Der Tunnel, an dem Lex auf sie wartete, war nicht weit, hinter einem kleinen Supermarkt die Straße hinab. Sie bat Terrible, sie dort abzusetzen, und dann hielten sie dort viel schneller, als sie erwartet hatte.
    Was sollte sie sagen? Sie sah zu ihm hinüber - sein Gesicht schmutzig, geschwollen, voller Blessuren von dem Kampf und neonrot gesprenkelt von der Beleuchtung draußen. Es war ... angenehm gewesen, mit ihm zusammenzuarbeiten. Zeit mit ihm zu verbringen. So als hätte sie zum ersten Mal im Leben einen richtigen Freund. Aber wie sollte
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