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Geisterflut

Geisterflut

Titel: Geisterflut
Autoren: Stacia Kane
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war der Himmel voller Flugzeuge, und immer noch brannte das Amulett zu ihren Füßen. Es zischte und perlte, während das Kupfer schmolz.
    »Sei bezwungen!« Chess presste ihren kleinen Finger und schüttelte ihn und den ganzen Arm. Blut flog aus den Wunden, lief ihr an der Hand hinab und auf den Boden. Sie hob die Hand, wies mit ihrem tropfenden Finger auf Ereshdiran und steckte so viel Energie, wie sie nur aus dem Erdboden zu ziehen vermochte, in ihre nächsten Worte, so viel, dass ihr der Hals brannte und ihr die Augen tränten. »Ich habe dich herbeibeschworen, und jetzt habe ich dich bezwungen! Durch Blut und Macht wirst du mir gehorchen! Ereshdiran tama longram!«
    Eine sehr beängstigende Minute lang regten sich die Geister nicht mehr. Wenn sie sich tatsächlich geirrt hatte, was Ereshdirans Herkunft anging, oder wenn sie die Piloten, die sie hergebracht hatte, nun nicht zu beherrschen vermochte, waren sie alle tot. Hatte sie genug Macht eingesetzt?
    Dann strichen die Geister an ihr vorbei und durch sie hindurch. Sie umstellten Ereshdiran. Ihm klappte die Kinnlade herunter, während sie ihm immer näher auf den Leib rückten.
    Terrible hielt den Atem an. Chess löste ihren Blick gerade lange genug von der Szene, um zu ihm hinüberzusehen. Er hatte den Kopf in den Nacken gelegt und ignorierte dieses eine Mal alles rings um ihn her. Er nahm ihre Hand. »Schau mal«, sagte er leise. »Schau dir das an.«
    Die Flugzeuge schnitten Muster in den Himmel. Sie stiegen kerzengerade empor und schossen im Sturzflug wieder herab. Und mit jeder Minute schienen es immer noch mehr zu werden, die unterschiedlichsten Flugzeugtypen, neuere und ältere Modelle.
    Dann regte sich etwas auf dem Flugfeld. Bumps Männer, die den Sieg davongetragen hatten, zerrten leblose Leiber über den Platz. Wo war Bump? Chess hatte ihn nicht mehr gesehen, seit sie mit dem Ritual begonnen hatte. Er war wahrscheinlich zu seinem Wagen zurückgegangen, hatte von dort aus abgewartet und zugesehen und die anderen die Drecksarbeit verrichten lassen. Was sonst war von ihm zu erwarten?
    Mit einem Mal bekam Chess ganz weiche Knie. Sie spürte Menschen überall in der Stadt in ihren Betten erwachen, mit pochendem Herzen, die Einzelheiten ihrer Alpträume bereits vergessend, aber froh, wach und am Leben zu sein.
    Das Feuer erlosch. Chess blickte hinab und sah nur noch ein Rinnsal aus geschmolzenem Kupfer, das im Gras bereits abkühlte. Sie hielt eine Hand darüber und öffnete sich dafür, spürte aber nichts. Rein, sauber. Das Kupfer war leer ... und sie ebenfalls. In ihr lauerte kein Traumdieb mehr. In ihr war nur noch sie selbst und die überwältigende Macht des Erdbodens und der Geister. Sie schloss die Augen und genoss dieses schöne Gefühl einen Moment lang. Sie fühlte sich lebendig und war sogar froh darüber. Und dann, voller Bedauern, verabschiedete sie sich davon. Diese Macht gehörte ihr nicht. Sie gab sie wieder frei, ließ sie durch ihre Füße hindurch zurück in den Erdboden strömen.
    Eine bleiche, runzelige Hand reckte sich zwischen den Geistern in die Luft, Ereshdirans Hand, die sich in einer verzweifelten Geste zur Faust ballte, ehe sie wieder hinabsank und verschwand. Chess erbebte, und mit einem Mal konnte sie gar nicht mehr aufhören zu zittern. Allein das Gleichgewicht zu halten war ihr nicht mehr möglich, und daher stützte sie sich an Terrible ab, klammerte sich an sein Hemd, doch dann spürte sie, dass er ebenfalls zitterte. Und da merkte sie: Der Boden bebte unter ihren Füßen.
    Zu spät wurde ihr bewusst, dass sie einen Fehler begangen hatte. Sie hatte die Energie des Erdbodens genommen, mit ihrer eigenen kombiniert und sie gemeinsam genutzt, um die Geister herbeizurufen und zu lenken; und jetzt hatte sie diese Energie, die mit den Geistern in Berührung gekommen war, in den Boden zurückgeleitet, der nun auf diese widernatürliche Mixtur reagierte. Und zwar heftig.
    Während sich alles um sie her zu drehen schien, während sie in Richtung Zaun und Parkplatz halb lief, halb sich von Terrible zerren ließ, sah sie, wie die Flugzeuge eins nach dem anderen vom Himmel und der Landebahn verschwanden. Es war wie ein Meteorschauer, Lichter zischten durch die Dunkelheit und vergingen. Sie hatte sie nicht gebannt, hatte gar keine Gelegenheit dazu gehabt... Und es war auch gar nicht nötig gewesen.
    Sie stolperte. Stechende Schmerzen im Fußknöchel, doch sie beachtete das nicht. Die Beine taten ihr weh, und sie keuchte nur noch. Bumps
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