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Geisterblumen

Geisterblumen

Titel: Geisterblumen
Autoren: Michele Jaffe
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immer.
    Bain rutschte nervös auf dem Stuhl herum. »Was hast du jetzt vor?«
    Es machte irgendwie Spaß, sein Unbehagen zu beobachten. »Was ist in der Papiertüte?« Ich deutete auf eine rosa Geschenktüte, die neben seinem Stuhl stand.
    »Keine Ahnung. Die war schon hier, als Bridgette und ich gekommen sind.«
    Einen Moment lang blieb mir das Herz stehen, und eine Stimme in meinem Kopf schrie:
Liza?
»Gib sie mir, bitte.« Ich versuchte, ruhig zu sprechen. Meine Finger zitterten. Ich nahm die Tüte und schüttete den Inhalt vor mich auf die Decke.
    Ein kleines Diadem aus Plastik, ein Radiergummi, der nach Kaugummi roch, und ein Schmetterling mit einem Saugnapf lagen vor mir. Auf dem Schmetterling klebte ein Post-it:
Mein Bruder sagt, du bist krank und magst Schmetterlinge. Tut mir leid, dass du nicht auf meine Party kommen konntest. Wir sind schwimmen gegangen. Es war super. Alles Liebe, Josephine
    Ich war wohl allergisch gegen den Radiergummi, denn mir traten beim Lesen die Tränen in die Augen.
    »Alles klar?«, fragte Bain. »Brauchst du ein Taschentuch oder eine Krankenschwester?«
    Ich wischte mir die Augen am Bettdeckenzipfel ab. »Schon gut. Mit mir ist alles in Ordnung, ehrlich.«
    »Und mit uns?« Er deutete zwischen uns hin und her.
    »Mit uns ist auch alles in Ordnung. Aber wenn du so etwas noch einmal versuchst, erzähle ich es Bridgette.«
    Er sah erschrocken aus. »Keine Sorge!«
    Ich legte Schmetterling, Diadem und Zettel auf meinen Nachttisch. Den Radiergummi behielt ich in der Hand.
    Ich schlief. Ich schlief tagelang. Und als ich aufwachte, wusste ich wirklich alles.

50. Kapitel
    I ch stand mit nackten Füßen mitten in den weißen Blumen, die sich vom Three-Lovers-Point bis hinunter in den Canyon erstreckten.
    Heute werde ich deine Seele zur Ruhe betten, Liza,
dachte ich.
    Ich drehte mich nicht um, als ich sie hinter mir hörte. Ich hatte sie eingeladen. Ich würde ganz neu anfangen.
    »Hi, Reggie«, sagte ich, als sie neben mich trat.
    Sie umarmte mich. »Ich war so aufgeregt, als du angerufen hast. Ich hatte nicht erwartet, noch mal von dir zu hören.«
    »Ich musste die ganze Zeit an dein Tattoo denken. Den Schmetterling. Besser gesagt, den Monarchfalter. Nicht, weil er ein Wanderfalter oder giftig ist, sondern wegen seines Namens. Monarch. Ich hätte es sofort erkennen müssen. Reggie ist die Abkürzung für Regina. Und das bedeutet ›Königin‹, nicht wahr?«
    »Ja.« Ihre Augen hinter den blauen Kontaktlinsen funkelten.
    »Drei Mädchen, die nach Königinnen benannt wurden. Ellie nach Eleanor von Aquitanien. Liza nach Elizabeth I. Und du, Vicky, nach Königin Victoria.«
    Sie lächelte mich strahlend an. »Meine geheime Identität ist enthüllt! Ich wusste, dass du irgendwann darauf kommen würdest. Wie hast du’s gemerkt?«
    »Drei Stück Zucker.«
    Sie runzelte die hübsche Stirn.
    »Drei Stück Zucker und Sojamilch«, erklärte ich. »Grant wusste genau, wie du deinen Tee trinkst, als wir dich im Krankenhauscafé getroffen haben. So etwas merkt man sich nur, wenn man jemanden gern hat. Also habe ich vermutet, dass ihr euch kennt und einen Grund hattet, es mir zu verschweigen. Mir fiel nur nicht ein, welcher das sein könnte. Als er starb, sagte er
›Story‹
. Dachte ich jedenfalls. Aber ich habe mich verhört. Er hat in Wirklichkeit ›Tory‹ gesagt.«
    Sie zupfte eines ihrer etwas zu dunklen Haare vom Pullover und ließ es zu Boden fallen. »Ich habe diesen Spitznamen gehasst. Er klang so nach Wohnwagensiedlung. Aber das war wohl zu erwarten.«
    Ich merkte, wie ich wütend wurde. »Er hat dich geliebt! Er hat dich sogar noch beschützt, als er im Sterben lag. Es sollte aussehen, als hätte er deine Schwester getötet.«
    »Das hat er auch«, sagte sie schockiert. »Ich weiß nicht, wovon du redest.«
    »Als ich sagte, dass ich mich an dein Tattoo erinnere, meinte ich etwas anderes. Ich habe es an dem Abend gesehen, an dem deine Schwester starb. Nachdem Grant mich statt Liza ausgeschaltet und dich in Panik angerufen hatte, um zu fragen, was er machen soll.«
    »Was für ein Durcheinander«, sagte sie und schüttelte den Kopf. »Er hat wirklich alles versaut.«
    »Eigentlich warst du diejenige, die es vermasselt hat. Als Ellie dir den Zettel brachte, den sie im Old Man gefunden hatte und auf dem Colin seine Flucht ankündigte, hast du geglaubt, er sei für Liza. Du bist davon ausgegangen, die beiden seien ein Paar. Deshalb hast du während der Party auch eine SMS an Liza
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