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Geht das denn schon wieder los?

Geht das denn schon wieder los?

Titel: Geht das denn schon wieder los?
Autoren: Evelyn Sanders
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benutzt, denn wenn sie sich draufstellte, kam sie an den Einschaltknopf vom Fernseher.
    Irgendwann hatte es jedoch wieder seinen endgültigen Platz als vierter Pfosten von Svens Bett gefunden. Und stand das nicht immer noch oben in der Mansarde …?
    »Wozu um alles in der Welt brauchst du jetzt dieses Buch? Ich bin mir sicher, dass es nichts enthält, was dir beim Eintopfen des Weihnachtsbaumes helfen könnte. Es sei denn, du möchtest seinen Stamm fachmännisch mit einer Mullbinde umwickeln, aber das würdest du bestimmt auch ohne Bildvorlage hinkriegen.«
    Sven fing an zu lachen. »Ich kann mich noch dunkel erinnern, dass dieses voluminöse Werk einen sehr stabilen Einband hatte, dunkelrot war der, richtig dick und nicht kaputtzukriegen. Ich glaube, der hätte genau die richtige Stärke für –
was
hast du eben gesagt? Mullbinde? Das isses doch! Wir verpassen dem Stamm einfach einen Verband! Den können wir so dick wickeln, wie wir ihn brauchen!« Er schüttelte den Kopf. »Darauf hätte ich wirklich schon eher kommen können!«
    Zum ersten Mal wurde der Deckel des genormten und in jedem Kraftfahrzeug mitzuführenden Verbandkastens DIN A 13 164 geöffnet und ihm nach längerer Suche eine gedehnte Kompressionsbinde von acht Zentimeter Breite entnommen, um damit den Stamm des Weihnachtsbaums so lange zu umwickeln, bis er kerzengrade und bombenfest in der wirklich schon sehr antiquierten Halterung stand.
     
    Ich hatte gerade die letzte auberginefarbene Kugel an den Baum gehängt (dank meiner inzwischen den meisten Lesern bekannten Beziehungen zu einem Dekorations-Großhandel bin ich natürlich immer über die jeweiligen weihnachtlichen Trends nicht nur informiert, sondern auch mit den entsprechenden Utensilien ausgestattet), als es klingelte. »Das wird Nicki sein, die will ihre Geschenke schon heute abladen, weil sie doch morgen Abend zuerst bei Jörgs Eltern antreten müssen. Vor zehn sind die nicht hier.«
    Stefanie trabte zur Haustür, während ich ein paar Schritte zurücktrat und den Weihnachtsbaum in seiner violett-silbernen Pracht beäugte. »Lila – der letzte Versuch!«, murmelte ich vor mich hin eingedenk des Protests meiner Großmutter, als ihr seinerzeit die Verkäuferin in der Stoffabteilung des KaDeWe einen preiswerten Restposten pflaumenfarbener Seide hatte aufschwatzen wollen, während Omi genau wusste, dass Tante Else sich weigern würde, aus dieser »unmöglichen Farbe« ein Theaterkleid für ihre Kusine zu schneidern.
    Bei mir war Tante Else nie so wählerisch gewesen. Abgesehen von dem verhassten Bleylekleid, das jedes Jahr einmal zum Anstricken in die Fabrik geschickt worden war (heute unvorstellbar, damals durchaus üblich), hatte ich nur Selbstgenähtes besessen, und dafür war eben jene Tante Else zuständig gewesen, ihres Zeichens Hausschneiderin und mehr auf solide Verarbeitung programmiert als auf modische Finessen. Das weiß ich deshalb so genau, weil mein dunkelgrün kariertes Taftkleid (ich habe es nie ausstehen können!) erst dann ausrangiert worden war, als es trotz des schon zweimal herausgelassenen Saumes nur noch knapp über den Po reichte. Zu diesem Zeitpunkt hatte es allerdings bereits zwei Weihnachtsfeste, eine Hochzeit und mindestens ein Dutzend Kindergeburtstage schadlos überstanden – es war nämlich mein Sonntagskleid gewesen! So was haben Kinder heutzutage gar nicht mehr, für die jetzt üblichen Geburtstagspartys bei McDonald’s wären wasserfeste Overalls sowieso am vorteilhaftesten, aber dunkle Jeans tun’s auch.
     
    »Meine Güte, ist der hässlich!«, war alles, was Nicole beim Anblick des Weihnachtsbaums herausbrachte. »Warum denn lila?«
    »Weil das in diesem Jahr ›in‹ ist, frag Steffi, die muss das schließlich wissen, und weil ihr euch oft genug darüber mokiert, dass ich in manchen Dingen angeblich in den frühen Achtzigern stehen geblieben bin. Damals hatte ein deutscher Christbaum aber rote und goldene Kugeln zu haben«, trumpfte ich auf, »und die hatten wir nie!«
    »Stimmt!«, bestätigte Sven, einen Korb mit eingewickelten Päckchen hereintragend. »Du wolltest immer blaue haben. Und weil jedes Jahr welche kaputtgingen und die nachgekauften nie den gleichen Farbton hatten, sah unser Baum schließlich aus wie die Farbtafel im Malergeschäft. – Wo soll ich denn jetzt hin mit den Liebesgaben?« Er setzte den Korb ab und musterte Nicki kritisch. »Wird das nicht langsam gefährlich oder kann das gar nicht platzen?«
    »Wenn du nicht sofort
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