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Geht das denn schon wieder los?

Geht das denn schon wieder los?

Titel: Geht das denn schon wieder los?
Autoren: Evelyn Sanders
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folgenden Jahre lediglich auf, dass die weibliche Übermacht bei scheinbar demokratischen Abstimmungen über Ausflugsziel, Fernsehprogramm oder auch nur den obligatorischen Sonntagskuchen (»immer den blöden langen, mach doch mal einen runden mit Rosinen drin!«) oft den Kürzeren zog, weil Katja grundsätzlich das wollte, was Sascha auch wollte, wenn’s sein musste, sogar Rosinen im Kuchen oder – noch schlimmer! – Wirsingeintopf.
    Seit damals sind einige Jahrzehnte vergangen. Die Kinder sind längst aus dem Haus, zum Teil verheiratet, der Rest noch unschlüssig, ob die gegenwärtige Partnerschaft schon stabil genug ist fürs Standesamt, oder ob man doch noch abwarten soll nach der Devise: Drum prüfe, wer sich ewig bindet, ob sich nicht noch was Bess’res findet. Sascha gilt als Experte, hat er doch nicht nur als Erster von den Fünfen geheiratet, sondern bereits eine Scheidung hinter sich und eine zweite Hochzeit. Inzwischen gibt es einen vierjährigen Knaben namens Bastian Alexander (diesen Bandwurmnamen kriegt der später nie in die immer viel zu kleinen Kästchen amtlicher Formulare – im Land der Fragebogen muss man so was doch
vorher
berücksichtigen!). Ihm habe ich die etwas unübliche Bezeichnung
Oma Evelyn
zu verdanken. »Ich habe doch noch eine andere Oma, aber die heißt so komisch, da sage ich immer bloß Oma zu!« Na ja, dann …!
    Steffi war Nummer zwei. Sie hatte ihren Hannes zwar im Schein der untergehenden Sonne an einem karibischen Strand heiraten wollen, aber dann war es doch beim heimischen Standesamt geblieben und einem Beamten, der offenbar nebenberuflich Trauerreden bei Begräbnissen hält. Er hatte da anscheinend etwas verwechselt und musste erst nachdrücklich an den erfreulicheren Zweck dieser Zusammenkunft erinnert werden.
    Sven will nicht heiraten, und Katja will
noch
nicht, obwohl sie mit ihrem Tom schon seit etlichen Jahren Wohnung, Bett, Kühlschrank und gelegentlich auch das Auto teilt, wenn seins mal wieder in der Werkstatt steht. Bestimmte Anzeichen wie das ungewohnte Interesse für Schaufenster mit Festtagskleidung oder die harmlos klingende Frage nach dem Vorhandensein eines Familienstammbuchs lassen gewisse Rückschlüsse zu. Außerdem haben unlängst zwei gleichaltrige Freundinnen geheiratet, gar nicht zu reden von ihrer Zwillingsschwester Nicole, bei deren Hochzeit mit Jörg sie Trauzeugin gewesen ist und in Kürze Patentante werden will – präzise gesagt: Anfang des kommenden Jahres, also in knapp drei Wochen.
Oma Evelyn
zum Zweiten!
    Enkel Nummer zwei soll übrigens Tim heißen. Dieser Name passt mit Sicherheit in
jedes
amtliche Formular.
     
    »Kannst du das Ding nicht mal grade halten!«, schimpfte Steffi. »Der steht doch schon wieder schief!«
    »Der steht überhaupt nicht schief! Du hast von da unten bloß die falsche Perspektive!«
    Gemeint war der Weihnachtsbaum, den Steffi vergeblich in den Ständer zu praktizieren versuchte. Sie kniete auf der schneebedeckten Terrasse, neben sich ein handliches Beil und um sich herum diverse bunte Holzklötzchen aus Bastians Baukasten. »Die Dinger sind zu dick, hast du nicht was Dünneres?«
    »Wenn du vom Stamm nicht zu viel abgehackt hättest, dann müssten wir jetzt nicht …«
    »Und wenn du einen von diesen modernen Ständern gekauft hättest, in dem der Baum auf Anhieb gerade steht …«
    »Die gibt’s hier noch nicht!«, unterbrach ich sie. »Du solltest doch aus langjähriger Erfahrung wissen, dass technische Neuheiten mindestens eine Saison brauchen, bis sie sich bei uns in der Provinz durchgesetzt haben. Novitäten sind meistens teuer und Schwaben sparsame Menschen.« Ich lehnte den Baum vorsichtig an die Hauswand, worauf er sich prompt zur Seite neigte und in den Schnee kippte.
    »Na bravo!« Missmutig betrachtete Steffi die zwei Meter lange Nordmanntanne. »Jetzt können wir wieder von vorne anfangen! Wieso muss
ich
das eigentlich machen? Das Einpflanzen von Christbäumen gehört doch seit jeher zu den eindeutig männlichen Tätigkeiten! Wo ist Papi?«
    »In die große Stadt gefahren! Ihm ist vorhin nämlich eingefallen, dass morgen Weihnachten ist! Und was den Christbaum betrifft – soweit ich mich erinnere, hat sich dein Vater zum letzten Mal darum gekümmert, als wir noch kurz vorm Schwarzwald gewohnt haben und den Baum mit försterlicher Genehmigung selber schlagen durften. Der war ungefähr so groß wie dieser hier gewesen, doch als er endlich im Ständer steckte, war er nur noch halb so lang,
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