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Gehetzte Uhrmacher

Titel: Gehetzte Uhrmacher
Autoren: J Deaver
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Kopf. »Aber genau deshalb wolltest du diese Akte doch haben.«
    »Nein, du hast angenommen , dass ich sie deswegen haben wollte.«
    »Worum geht es dann? Um einen der anderen Fälle?«, fragte sie. Sie schaute zu den Tafeln, auf denen die Fortschritte einiger noch nicht abgeschlossener Ermittlungen verzeichnet waren.
    »Um keinen von denen.«
    »Sondern?«
    »Je weniger du mich unterbrichst, desto eher kann ich dir darauf antworten.«
    Sachs seufzte.
    Endlich erreichte er den Teil, nach dem er gesucht hatte. Er hielt inne und blickte zum Fenster hinaus auf die kahlen braunen Äste im Central Park. Tief im Innern glaubte er, dass diese Akte enthielt, was er hören wollte, aber Lincoln Rhyme war in erster Linie Wissenschaftler und misstraute solchen Überzeugungen.
    Das einzige Ziel ist die Wahrheit.
    Welche Wahrheiten hielt dieser Text für ihn bereit?
    Er sah wieder hin und las hastig den betreffenden Abschnitt. Dann noch einmal.
    »Ich möchte dir etwas vorlesen«, sagte er nach einem Moment zu Sachs.
    »Okay. Ich bin ganz Ohr.«
    Sein Finger bewegte sich auf dem Touchpad nach rechts, und die Seite blätterte zurück. »So fängt es an. Hörst du zu?«
    »Sagte ich doch.«
    »Gut. ›Der folgende Bericht unterliegt strikter Geheimhaltung. Zwischen dem achtzehnten und neunundzwanzigsten Juni 1974 wurde durch eine Grand Jury die Anklageerhebung gegen zwölf New Yorker Polizeibeamte beschlossen; die Beklagten sollen in Manhattan und Brooklyn Ladeninhaber und Geschäftsleute um
Geld erpresst und Bestechungsgelder angenommen haben, für die im Gegenzug strafrechtliche Ermittlungen manipuliert wurden. Vier der Beklagten wird außerdem vorgeworfen, zum Zwecke der oben angeführten Erpressungen Körperverletzungen begangen zu haben. Die zwölf Beamten waren Mitglieder des so genannten Sechzehnte-Avenue-Clubs, der zum Synonym für das abscheuliche Verbrechen polizeilicher Korruption geworden ist.‹«
    Rhyme hörte Sachs scharf einatmen. Er hob den Kopf und sah, dass sie diese Akte anstarrte wie ein Kaninchen die Schlange.
    Er las weiter. »›Es gibt kein größeres Vertrauensverhältnis als das zwischen den Bürgern der Vereinigten Staaten und den Beamten der Strafverfolgungsbehörden, denen es obliegt, die Bevölkerung zu schützen. Die Beamten des Sechzehnte-Avenue-Clubs haben dieses Vertrauen auf unentschuldbare Weise gebrochen und dabei nicht nur die Untaten begangen, die sie eigentlich verhindern sollten, sondern auch beispiellose Schande über ihre tapferen und aufopferungsvollen Brüder und Schwestern in Uniform gebracht.
    Daher verleihe ich, der Bürgermeister der Stadt New York, hiermit den folgenden Beamten, denen es zu verdanken ist, dass diese Straftäter zur Rechenschaft gezogen werden können, die Ehrenmedaille: Streifenbeamter Vincent Pazzini, Streifenbeamter Herman Sachs und Detective Third Grade Lawrence Koepel.‹«
    »Was?«, flüsterte Sachs.
    Rhyme fuhr fort. »›Jeder dieser Männer hat mehrmals sein Leben riskiert, indem er verdeckt Informationen und Beweise gesammelt hat, die zur Identifizierung und Anklage der Täter unerlässlich waren. Aufgrund der gefährlichen Natur des Auftrags wird diese Auszeichnung in einer nichtöffentlichen Zeremonie verliehen und dieser Bericht danach versiegelt, um die Unversehrtheit der drei mutigen Beamten und ihrer Familien zu garantieren. Die Stadt ist ihnen zu größtem Dank verpflichtet. Das sei hiermit ausdrücklich versichert, auch wenn es nicht weithin bekannt gemacht werden kann.‹«
    Amelia Sachs starrte ihn an. »Er...?«
    Rhyme nickte in Richtung der Akte. »Dein Vater war einer der Guten, Sachs. Er hat tatsächlich zu den drei Männern gehört, die davongekommen sind. Aber sie waren keine Täter; sie haben für das IAD gearbeitet. Er war für den Sechzehnte-Avenue-Club das
Gleiche, was du für die St.-James-Bande gewesen bist, nur dass er verdeckt ermittelt hat.«
    »Woher hast du das gewusst?«
    »Ich habe es nicht gewusst . Ich konnte mich vage an den Luponte-Bericht und die Korruptionsprozesse erinnern, aber ich wusste nichts von der Beteiligung deines Vaters. Deshalb wollte ich die Akte sehen.«
    »Wer hätte das gedacht?«, sagte Sellitto mit dem Mund voller Kuchen.
    »Sieh noch mal nach, Lon. Da muss mehr sein.«
    Der Detective wühlte in der Mappe und fand eine Urkunde sowie einen Orden. Es war eine NYPD-Ehrenmedaille, eine der höchsten Auszeichnungen, die das Department zu vergeben hatte. Sellitto reichte sie Sachs. Ihr Mund öffnete sich, und
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