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Gehetzte Uhrmacher

Titel: Gehetzte Uhrmacher
Autoren: J Deaver
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kleines bisschen ironisch, meinst du nicht auch, Thom? Denn du bist es doch, der die Hand beißt, die ihn füttert.« Die schlagfertige Antwort gefiel ihm. »Sag dem Mechaniker, ich würde an Unterkühlung leiden. Das ist übrigens nicht mal übertrieben.«
    »Sie fühlen also tatsächlich...«, wollte der Neuling fragen, hielt aber abrupt inne.
    »Ja, verdammt, ich kann mich unbehaglich fühlen, Pulaski.«
    »Tut mir leid, ich hab nicht nachgedacht.«
    »He«, sagte Thom lachend. »Herzlichen Glückwunsch!«
    »Wieso?«, fragte der Neuling.
    »Sie sind soeben auf die Nachnamen-Stufe befördert worden. Das heißt, er sieht in Ihnen allmählich mehr als ein Insekt... So etwas macht er nur bei Leuten, die er wirklich gern hat. Ich, zum Beispiel, bin bloß Thom. Für immer Thom.«
    »Aber wenn Sie sich noch einmal bei ihm entschuldigen, werden Sie wieder degradiert«, sagte Sachs zu Pulaski.
    Wenig später klingelte es an der Tür, und Thom, der Mann ohne Nachnamen, ging nach vorn.
    Rhyme sah auf die Uhr. Dreizehn Uhr zwei. Konnte es sein, dass ein Installateur tatsächlich pünktlich kam?
    Natürlich nicht. Es war Lon Sellitto, der das Zimmer betrat, den Mantel ausziehen wollte und sich dann eines anderen besann. Er schaute auf seine Atemwolke. »Herrje, Linc, bei all dem, was die Stadt dir auf den Tisch blättert, kannst du es dir nun wirklich leisten, deine Heizkosten zu bezahlen. Ist das Kaffee? Heiß?«
    Thom schenkte ihm eine Tasse ein. Sellitto hielt sie mit einer Hand umschlossen und öffnete mit der anderen seinen Aktenkoffer. »Ich hab sie endlich bekommen.« Er zog eine alte Mappe hervor, die mit ausgeblichener Tinte und Bleistift beschriftet war. Viele der Einträge waren durchgestrichen, was erkennen ließ, wie oft das karge Büromaterial der Stadtverwaltung wiederverwendet wurde.
    »Die Akte Luponte?«, fragte Rhyme.
    »Genau.«
    »Ich wollte sie letzte Woche haben«, murrte der Kriminalist. Seine Nase fror ihm fast ab. Vielleicht sollte er dem Mechaniker sagen, er
würde die Rechnung in dreizehn bis siebzehn Monaten bezahlen. Er musterte die Mappe. »Ich hab fast schon nicht mehr daran geglaubt. Du bist doch ein Fan von Gemeinplätzen, Lon. Fällt dir hierbei nicht auch ›Wer zu spät kommt, den bestraft das Leben‹ ein?«
    »Nein«, erwiderte der Detective vergnügt. »Ich muss eher an ›Wenn du jemandem einen Gefallen tust, und er beschwert sich, kann er dich mal kreuzweise‹ denken.«
    »Der ist gut«, räumte Lincoln Rhyme ein.
    »Wie dem auch sei, du hast mir nichts davon gesagt, welche hohe Geheimhaltungsstufe das Ding hatte. Das musste ich selbst herausfinden, und Ron Scott hat mir bei der Suche geholfen.«
    Rhyme ließ den Detective nicht aus den Augen, während dieser die Akte aufklappte und durchblätterte. Er war plötzlich sehr verunsichert und fragte sich, was wohl darin stehen mochte. Es konnte gut ausgehen, es konnte verheerend ausgehen. »Da müsste ein offizieller Bericht sein. Such ihn mir bitte heraus.«
    Sellitto blätterte weiter und hielt das Dokument schließlich hoch. Auf dem Umschlag klebte ein altes, mit Schreibmaschine erstelltes Etikett: Anthony C. Luponte, Deputy Commissioner . Der schmale Ordner war mit einem verblassten roten Band versiegelt, auf dem Verschlusssache stand.
    »Soll ich das aufmachen?«, fragte Sellitto.
    Rhyme verdrehte die Augen.
    »Linc, sag mir Bescheid, wenn du wieder gute Laune bekommst, ja?«
    »Leg es auf das Umblättergerät. Bitte und danke.«
    Sellitto riss das Band auf und gab den Ordner an Thom weiter.
    Der Betreuer befestigte die Seiten auf einem Apparat, der wie ein Kochbuchhalter aussah und mit einem kleinen Schieber aus Gummi versehen war. Indem Rhyme mit seinem Finger auf dem Touchpad eine winzige Bewegung vollführte, veranlasste er das Gerät zum Umblättern. Er fing an, den Text zu lesen, und bemühte sich, seine innere Anspannung zu unterdrücken.
    »Luponte?« Sachs blickte von einem der Tische auf.
    Er blätterte weiter. »Richtig.«
    Es folgte Absatz auf Absatz in umständlicher Behördensprache.
    Na, komm schon, dachte er verärgert. Red nicht so lange um den verfluchten Brei herum …

    Würde die Nachricht gut oder schlecht ausfallen?
    »Geht es um den Uhrmacher?«, fragte Sachs.
    Sie hatten bisher keine weiteren Anhaltspunkte gefunden, weder in New York noch in Kalifornien, wo Kathryn Dance eigene Ermittlungen in die Wege geleitet hatte.
    »Nein, es hat nicht das Geringste mit ihm zu tun«, sagte Rhyme.
    Sachs schüttelte den
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