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Geheime Spiel

Geheime Spiel

Titel: Geheime Spiel
Autoren: K Morton
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der Stelle vorbeikam, wo ich mich versteckte, warf sie mir einen wütenden Blick zu. Ihr Make-up war verschmiert.
    »Tut mir leid, Miss«, flüsterte ich. »Ich dachte, der Brief wäre ernst gemeint.«
    »Du kannst von Glück reden, dass du nicht alles vermasselt hast.« Sie setzte sich auf einen dicken Stein und zupfte das Jackett zurecht. »Jetzt hab ich mir den Knöchel verstaucht und werde noch mehr von der Party verpassen, wenn ich mich ausruhe. Aber zum Feuerwerk muss ich unbedingt wieder zurück sein.«
    »Ich bleibe bei Ihnen und helfe Ihnen zurück.«
    »Das will ich auch hoffen«, erwiderte Emmeline.
    Eine Zeit lang saßen wir schweigend nebeneinander. In der Ferne hörten wir die Musik und hin und wieder helles Lachen. Emmeline rieb sich den Knöchel, versuchte immer wieder vorsichtig, ihn zu belasten.
    Über dem Moor hatte sich Morgennebel gebildet, der zum See hinüberdriftete. Es würde ein heißer Tag werden, aber die Nacht war angenehm kühl.

    Emmeline schauderte, als sie das Jackett ihres Gefährten aufhielt und die Innentasche durchsuchte. Im Mondlicht schimmerte etwas Schwarzes im Futter des Jacketts. Ich schnappte nach Luft: eine Pistole.
    Als Emmeline meinen Schreck spürte, drehte sie sich zu mir um. »Sag bloß, das ist die erste Pistole, die du gesehen hast. Du bist vielleicht ein Herzchen, Grace.« Sie nahm die Pistole aus dem Jackett, drehte sie um, reichte sie mir. »Hier. Willst du sie mal halten?«
    Ich schüttelte den Kopf, als sie laut lachte, wünschte, ich hätte die Briefe nicht gefunden. Wünschte mir ausnahmsweise, Hannah hätte mich aus dem Spiel gelassen.
    »Ist wahrscheinlich auch besser so«, sagte Emmeline und hickste. »Pistolen und Partys. Keine gute Kombination. «
    Sie steckte die Pistole wieder ein, kramte weiter in den Taschen herum, bis sie schließlich eine kleine, flache, silberne Flasche in der Hand hielt. Sie schraubte den Deckel ab, legte den Kopf in den Nacken und nahm einen kräftigen Schluck.
    »Der gute Harry«, sagte sie schmatzend. »Auf alle Eventualitäten vorbereitet.« Sie trank noch einen Schluck, dann steckte sie die Flasche wieder weg. »Komm, gehen wir. Ich hab ja jetzt mein Schmerzmittel genommen.«
    Ich half ihr auf die Beine, den Kopf gesenkt, als sie sich auf meine Schultern stützte. »Das reicht«, sagte sie. »Du brauchst nur …«
    Ich wartete. »Miss?«
    Als ich hörte, wie sie nach Luft schnappte, hob ich den Kopf und folgte ihrem Blick in Richtung See. Hannah stand vor dem Sommerhaus, aber sie war nicht allein. Neben ihr stand ein Mann, eine Zigarette im Mundwinkel. In der Hand einen kleinen Koffer.

    Emmeline erkannte ihn vor mir.
    »Robbie«, sagte sie. Plötzlich war der Knöchel ganz vergessen. »Mein Gott. Das ist Robbie.«
     
    Emmeline humpelte zum Seeufer zurück, während ich mich im Schatten hielt. »Robbie!«, rief sie und winkte ihm zu. »Robbie, hier bin ich!«
    Hannah und Robbie erstarrten. Sahen einander an.
    »Was machst du denn hier?«, fragte Emmeline aufgeregt. »Und warum zum Teufel kommst du durch die Hintertür?«
    Robbie zog an seiner Zigarette, stieß dann den Rauch aus.
    »Komm mit auf die Party«, sagte Emmeline. »Ich besorge dir einen Drink.«
    Robbie schaute über den See hinweg. Als ich seinem Blick folgte, sah ich am anderen Ufer etwas metallisch glänzen. Ein Motorrad, das im Gestrüpp am Wiesenrand stand.
    »Ich weiß, was hier los ist«, sagte Emmeline plötzlich. »Du hilfst Hannah bei ihrem Spiel.«
    Hannah trat ins Mondlicht. »Emmeline …«
    »Los, kommt«, fiel ihr Emmeline ins Wort. »Lasst uns zum Haus gehen und ein Zimmer für Robbie finden. Damit er seinen Koffer abstellen kann.«
    »Robbie geht nicht ins Haus«, sagte Hannah.
    »Aber sicher. Er kann doch nicht die ganze Nacht hier draußen bleiben«, erwiderte Emmeline lachend. »Wir mögen vielleicht Juni haben, aber die Nächte sind ganz schön kalt, ihr Lieben.«
    Hannah schaute Robbie an, eine stumme Verständigung.
    Emmeline sah es ebenfalls. In diesem Augenblick, als das Mondlicht ihr Gesicht fahl beleuchtete, sah ich, wie
freudige Erregung in Verwirrung, wie Verwirrung in schreckliche Erkenntnis umschlug. Jetzt verstand sie: all die Monate in London, als Robbie immer ein wenig zu früh gekommen war, um sie abzuholen … wie sie benutzt worden war.
    »Es gibt gar kein Spiel, nicht wahr?«, fragte sie leise.
    »Nein.«
    »Und der Brief?«
    »Ein Fehler«, sagte Hannah.
    »Warum hast du ihn geschrieben?«, wollte Emmeline wissen.
    »Ich
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