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Geheime Spiel

Geheime Spiel

Titel: Geheime Spiel
Autoren: K Morton
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»Hannah?«
    »Erschieß sie«, wiederholte er. »Sie wird uns alles kaputt machen.« Er rannte auf Hannah zu.
    Hannah starrte ihn verständnislos an.
    »Erschieß sie doch endlich!« Er war in heller Panik.
    Hannahs Hände zitterten. »Das kann ich nicht«, sagte sie schließlich.
    »Dann gib mir die Pistole.« Er war fast bei ihr. »Ich werde es tun.«
    Und er würde es tun. Ich wusste es. Ich sah die Verzweiflung und die Entschlossenheit in seinem Gesicht.
    Emmeline zuckte zusammen. Begriff. Rannte auf Hannah zu.
    »Ich kann nicht«, sagte Hannah.
    Robbie griff nach der Pistole, Hannah zog ihren Arm zurück, stolperte rückwärts weiter die Böschung hinauf.
    »Tu es!«, sagte Robbie. »Sonst mache ich es.«

    Hannah war oben auf der Böschung angelangt. Robbie und Emmeline kamen auf sie zu. Sie konnte nicht ausweichen. Schaute die beiden abwechselnd an.
    Und dann blieb die Zeit stehen.
    Zwei Punkte eines Dreiecks, ohne den Halt eines dritten, hatten sich immer weiter voneinander entfernt. Das elastische Band zwischen ihnen war bis zum Zerreißen gespannt.
    Ich hielt den Atem an, aber das Band riss nicht.
    In dem Augenblick schnellte es zurück.
    Die beiden Punkte prallten aufeinander, eine Kollision von Treue und Blut und Versagen.
    Hannah zielte und drückte ab.
     
    Das Schlimmste kam danach. Denn es gibt immer ein Danach. Das wird meist vergessen. Blut, so viel Blut. Auf ihren Kleidern, ihren Gesichtern, in ihren Haaren.
    Die Pistole fiel zu Boden. Schlug mit einem dumpfen Knall auf den Steinen auf und blieb dort liegen.
    Hannah stand schwankend auf der Böschung.
    Robbie lag tot am Ufer. Sein Kopf nur noch eine blutige Masse.
    Ich konnte mich nicht rühren, das Blut rauschte mir in den Ohren, mir war zugleich heiß und kalt. Plötzlich musste ich mich übergeben.
    Emmeline stand da wie versteinert, die Augen fest geschlossen. Sie weinte nicht, jetzt nicht mehr. Sie gab ein grässliches krächzendes Geräusch von sich, wie ich es noch nie zuvor gehört hatte. Eins, das ich nie vergessen werde. Es war, als würde ihr jemand die Luft abdrücken.
    Sekunden vergingen, ich weiß nicht, wie viele, dann hörte ich von etwas weiter hinten Stimmen. Lachen.
    »Es ist nicht mehr weit, gleich da unten«, sagte jemand. »Sie werden staunen, Lord Gifford. Die Treppe
ist noch nicht fertig – die verdammten Franzosen und ihre ewigen Lieferverzögerungen –, aber ansonsten ist es sehr eindrucksvoll geworden.«
    Ich wischte mir den Mund ab und versteckte mich hastig am Ufer.
    »Teddy kommt«, sagte ich vor mich hin. Ich stand natürlich unter Schock. Wie wir alle. »Teddy kommt.«
    »Du kommst zu spät«, sagte Hannah, während sie sich panisch mit den Händen ins Gesicht schlug und an ihren Haaren riss. »Du kommst zu spät.«
    »Teddy kommt, Ma’am.« Ich zitterte.
    Emmeline riss die Augen auf. Ein silberblauer Schatten im Mondlicht. Sie erschauderte, richtete sich auf, zeigte auf Hannahs Koffer. »Bring den ins Haus«, sagte sie heiser. »Geh hinten rum.«
    Ich zögerte.
    »Nun mach schon!«
    Ich nickte, nahm den Koffer und rannte los. Ich konnte nicht mehr klar denken. Im Schutz der Bäume drehte ich mich noch einmal um. Meine Zähne schlugen unkontrolliert aufeinander.
    Teddy und Lord Gifford hatten das Ende des Wegs erreicht und traten ans Seeufer.
    Teddy blieb abrupt stehen. »Großer Gott«, sagte er. »Was, zum Teufel …«
    »Teddy, Darling«, sagte Emmeline. »Gott sei Dank.« Sie drehte sich zitternd zu ihm um und sagte gefasst: »Mr Hunter hat sich erschossen.«

Der Brief
    Heute Nacht werde ich sterben und damit ein neues Leben anfangen.
    Ich erzähle es dir und nur dir. Du begleitest mich schon so lange bei diesem Abenteuer, und wenn man in den nächsten Tagen den See nach meiner Leiche absucht, die man nicht finden wird, sollst du wissen, dass ich in Sicherheit bin.
    Wir fahren zuerst nach Frankreich. Wohin es von dort aus geht, weiß ich noch nicht. Vielleicht werde ich Nofretetes Büste zu sehen bekommen!
    Ich habe dir einen zweiten, an Emmeline adressierten Brief aufs Bett gelegt. Es ist ein Abschiedsbrief für einen Selbstmord, der nie stattfinden wird. Sie muss ihn morgen früh finden. Auf gar keinen Fall früher! Pass auf sie auf, Grace. Sie wird schon zurechtkommen. Sie hat genug Freunde.
    Ich möchte dich um einen letzten Gefallen bitten. Es ist von größter Wichtigkeit. Egal, was passiert, halte Emmeline heute Abend vom See fern. Robbie und ich werden von dort aus fliehen. Ich kann nicht riskieren,
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