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Geheime Spiel

Geheime Spiel

Titel: Geheime Spiel
Autoren: K Morton
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Sie war braun gebrannt und ziemlich mollig. Lady Clementine und Fanny trafen zusammen aus London ein, Erstere mit demonstrativer Leidensmiene – sie war felsenfest davon überzeugt, dass eine Party im Freien zu dieser Jahreszeit ihr garantiert Arthritis bescheren würde.

    Emmeline fuhr nach dem Mittagessen mit einer großen Anzahl von Freunden vor und verursachte gleich einen Riesenwirbel. Sie waren mit mehreren Autos im Konvoi aus London angereist, kamen laut hupend die Auffahrt herauf und umkurvten johlend Eros und Psyche. Auf einer der Motorhauben hockte eine Frau in einem leuchtend rosa Seidenkleid. Ein gelber Schal flatterte um ihren Hals. Nancy, mit den Lunchtabletts unterwegs in die Küche, blieb wie angewurzelt stehen, als sie Emmeline erblickte.
    Aber wir hatten weiß Gott keine Zeit, uns über die Dekadenz der englischen Jugend aufzuregen. Aus Ipswich war die Eisskulptur eingetroffen, aus Saffron waren die Floristen gekommen, und Lady Clementine bestand darauf, ihren Tee wie in alten Zeiten im Wintergarten einzunehmen.
    Am späten Nachmittag traf die Kapelle ein, und Nancy führte die Musiker durch den Dienstbotentrakt zur Terrasse.
    »Neger!«, sagte Mrs Townsend mit ängstlich geweiteten Augen. »Auf Riverton! Lady Ashbury würde sich in ihrem Grab umdrehen.«
    »Welche Lady Ashbury?«, fragte Mr Hamilton, der gerade die für den Abend angeheuerten Kellner einer genauen Inspektion unterzog.
    »Alle, würde ich sagen«, erwiderte Mrs Townsend, die Augen noch immer weit aufgerissen.
    Schließlich ging der Nachmittag in den Abend über. Die Luft kühlte ab und wurde schwerer, und die Lampions begannen, in Grün und Rot und Gelb gegen den Abendhimmel zu leuchten.
    Ich entdeckte Hannah am Fenster des roten Zimmers. Sie kniete auf der Chaiselongue, den Blick auf den Rasen gerichtet, und beobachtete, wie ich annahm, die Partyvorbereitungen.

    »Zeit zum Umziehen, Ma’am.«
    Sie zuckte zusammen. Stieß nervös die Luft aus. So war sie schon den ganzen Tag: schreckhaft wie ein Kätzchen. Fing erst dies an, dann jenes, ohne irgendetwas zu Ende zu bringen.
    »Einen Augenblick noch, Grace.« Sie verweilte noch einen Moment am Fenster, und die untergehende Sonne tauchte eine Hälfte ihres Gesichts in rotes Licht. »Mir ist noch nie wirklich aufgefallen, wie schön der Ausblick von hier ist«, sagte sie. »Findest du ihn nicht auch großartig?«
    »Doch, Ma’am.«
    »Seltsam, dass mir das bisher entgangen ist.«
    In ihrem Zimmer drehte ich ihr die Haare auf, was nicht ganz einfach war. Sie schaffte es nicht, so lange stillzusitzen, bis ich die Lockenwickler befestigt hatte. Und so vergeudete ich ziemlich viel Zeit damit, die Wickler immer wieder aus ihren Haaren zu lösen und noch einmal von vorn anzufangen. Nachdem sie schließlich halbwegs an Ort und Stelle waren, half ich Hannah beim Umziehen. Ein Kleid aus silberfarbener Seide mit einem tiefen Rückenausschnitt, das ihre Figur umschmeichelte und ihr bis knapp unter die blassen Knie reichte.
    Während sie sich das Kleid zurechtzupfte, holte ich ihre Schuhe. Der neueste Schrei aus Paris: ein Geschenk von Teddy. Silbersatin mit schmalen Riemchen. »Nein«, wehrte sie ab, »die nicht. Ich ziehe die schwarzen an.«
    »Aber, Ma’am, das sind doch Ihre Lieblingsschuhe.«
    »Die schwarzen sind bequemer«, sagte sie, während sie sich vorbeugte, um sich die Strümpfe anzuziehen.
    »Aber zu dem Kleid, da ist es doch eine Schande …«
    »Ich sagte, die schwarzen, Herrgott noch mal; wie oft muss ich das denn noch wiederholen, Grace?«
    Ich atmete tief durch, trug die silberfarbenen Schuhe zurück und holte die schwarzen.

    Hannah entschuldigte sich auf der Stelle. »Ich bin schrecklich nervös. Ich sollte es nicht an dir auslassen. Tut mir leid.«
    »Schon in Ordnung, Ma’am«, sagte ich. »Es ist nur natürlich, dass Sie aufgeregt sind.«
    Als ich die Wickler herausnahm, fiel ihr das Haar in blonden Locken um die Schultern. Ich zog einen Seitenscheitel, bürstete die Haare über die Stirn und befestigte sie mit einer Diamantspange.
    Hannah neigte den Kopf, um einen langen Perlenohrring anzubringen, zuckte zusammen und fluchte, weil sie ihre Fingerspitze in dem Clip eingeklemmt hatte.
    »Nicht so hastig, Ma’am«, sagte ich leise. »Sie müssen vorsichtig damit umgehen.«
    Sie drückte mir die Ohrringe in die Hand. »Ich habe heute zwei linke Hände.«
    Als ich gerade dabei war, ihr eine mehrreihige Kette aus sanft schimmernden Perlen anzulegen, rollte der erste Wagen
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