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Geheime Spiel

Geheime Spiel

Titel: Geheime Spiel
Autoren: K Morton
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Emmeline und beugte sich so dicht zu mir herüber, dass ich den Gin in ihrem Atem roch. »Sie will doch nicht etwa mitten in der Nacht schwimmen gehen, oder? Wie s-s-skandalös!«
    »Ich … ich glaube, sie will sich das Leben nehmen, Miss … das heißt, ich weiß, dass sie das vorhat …«
    Ihr Lächeln erstarb, ihre Augen weiteten sich. »Was sagst du da?«
    »Ich … ich habe einen Brief gefunden, Miss.« Ich reichte ihn ihr.
    Sie schluckte, wankte, dann, mit schriller Stimme: »Aber … hast du … Teddy …?«
    »Keine Zeit, Miss.«
    Ich packte sie am Handgelenk und zog sie mit in Richtung See.
     
    Die Hecken waren so hoch, dass sie sich über dem Weg trafen, und es war stockfinster. Wir rannten, stolperten, tasteten uns mit den Händen an den Hecken entlang. Je weiter wir uns entfernten, umso traumgleicher wirkten die Partygeräusche. Ich weiß noch, wie ich dachte, dass Alice sich so gefühlt haben muss, als sie in das Kaninchenloch gefallen ist.

    Als wir den Egeskovgarten durchquerten, blieb Emmeline mit ihrem Absatz irgendwo hängen und schlug lang hin.
    Ich wäre beinahe über sie gestolpert, blieb stehen und versuchte, ihr aufzuhelfen.
    Sie schlug meine Hand weg, rappelte sich auf, und wir rannten weiter.
    Dann hörten wir ein Geräusch im Garten, und es schien, als würde sich eine der Heckenskulpturen bewegen. Man hörte sie kichern und stöhnen – aber es war keine Skulptur, sondern ein Liebespaar, das sich hierher verdrückt hatte. Die beiden ignorierten uns, und wir hielten es genauso.
    Das zweite Schwingtor stand offen, und wir erreichten den Platz mit dem Brunnen. Der volle Mond stand hoch am Himmel, und Ikarus und seine Meerjungfrauen schimmerten geisterhaft im fahlen Licht. Außerhalb des Schutzes der Hecken ertönten die Musik und die Partygeräusche wieder ungedämpft laut. Seltsam nah.
    Im hellen Schein des Mondlichts schafften wir es schneller den schmalen Weg zum See hinunter. Wir erreichten die Absperrung mit dem Verbotsschild und schließlich die Stelle, an der der Weg auf den See stieß.
    Wir blieben beide abrupt stehen und betrachteten atemlos die Szenerie, die sich uns bot. Der See schimmerte stumm im Mondschein. Das Sommerhaus und das steinige Ufer glänzten im silbrigen Licht.
    Emmeline schnappte nach Luft.
    Ich folgte ihrem Blick.
    Auf den Kieselsteinen am Ufer standen Hannahs schwarze Schuhe. Die, die ich ihr nur wenige Stunden zuvor gebracht hatte.
    Emmeline stolperte auf die Schuhe zu. Im Mondlicht wirkte sie sehr blass, und das große Herrenjackett, das
sie noch immer über den Schultern trug, ließ sie beinahe winzig erscheinen.
    Ein Geräusch aus dem Sommerhaus. Das Öffnen einer Tür.
    Emmeline und ich blickten auf.
    Jemand trat aus dem Haus.
    Hannah. Sie lebte.
    Emmeline schluckte. »Hannah«, rief sie. Ihre Stimme, heiser vom Alkohol und vor Panik, hallte vom See wider.
    Hannah erstarrte, zögerte. Sie warf einen flüchtigen Blick zurück in Richtung Sommerhaus, dann schaute sie Emmeline an. »Was machst du denn hier?«
    »Dich retten!«, erwiderte Emmeline und brach vor Erleichterung in wildes Gelächter aus.
    »Geh zurück«, sagte Hannah hastig. »Du musst wieder zurückgehen.«
    »Damit du dich ertränken kannst?«
    »Ich werde mich nicht ertränken«, erwiderte Hannah. Wieder schaute sie verstohlen zum Sommerhaus hinüber.
    »Was hast du denn vor? Willst du deine Schuhe auslüften? « Emmeline hielt sie kurz hoch. »Ich habe deinen Brief gelesen.«
    »Der war nicht ernst gemeint. Der Brief war ein … Scherz.« Hannah schluckte. »Ein Spiel.«
    »Eine Schnitzeljagd?«
    »So etwas Ähnliches.«
    Ich hielt den Atem an. Der Brief war nicht ernst gemeint. Er gehörte zu einem ausgeklügelten Spiel. Und der, der an mich adressiert war? Hatte Hannah gewollt, dass ich irgendwie bei dem Spiel mitmachte? Erklärte das ihre Nervosität? War es nicht die Party, sondern das Spiel, das erfolgreich sein sollte?

    »Ich bin gerade dabei, die Hinweise zu verstecken«, sagte Hannah.
    Emmeline blinzelte. Bekam einen Schluckauf. »Ein Spiel«, sagte sie langsam.
    »Ja.«
    Emmeline lachte heiser und ließ die Schuhe fallen. »Warum hast du mir nichts davon gesagt? Ich liebe Spiele! Wie raffiniert von dir, Darling.«
    »Geh zurück zur Party«, sagte Hannah. »Und erzähl niemandem, dass du mich gesehen hast.«
    Emmeline machte eine Geste, als würde sie ihre Lippen mit einem Schlüssel verschließen. Dann drehte sie sich um und balancierte über die Steine zum Weg zurück. Als sie an
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