Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Geheime Spiel

Geheime Spiel

Titel: Geheime Spiel
Autoren: K Morton
Vom Netzwerk:
wollte nicht, dass du dir Gedanken machst«, erwiderte Hannah. »Dass du dich fragst, wohin ich verschwunden sein könnte.« Sie schaute Robbie an. Er nickte kaum merklich. »Wohin wir verschwunden sein könnten.«
    Emmeline schwieg.
    »Komm«, sagte Robbie knapp, nahm den Koffer und ging in Richtung See. »Es wird spät.«
    »Bitte, versuch, es zu verstehen, Emmeline«, sagte Hannah. »Du hast doch selbst vorgeschlagen, wir sollten einander zugestehen, dass jede ihr eigenes Leben führt.« Sie zögerte. Robbie bedeutete ihr, sich zu beeilen. Sie ging rückwärts in seine Richtung. »Ich kann es dir jetzt nicht erklären, wir haben keine Zeit. Ich werde dir schreiben, dich wissen lassen, wo wir sind. Du kannst uns besuchen kommen.« Sie drehte sich um, schaute Emmeline ein letztes Mal an und folgte Robbie dann am nebelverhangenen Ufer des Sees entlang.
    Emmeline blieb wie angewurzelt stehen, die Hände in die Jacketttaschen vergraben. Sie schwankte, schauderte.
    »Nein«, sagte sie so leise, dass ich es kaum verstehen konnte. »Nein.« Dann rief sie: »Bleibt stehen!«

    Hannah drehte sich um, doch Robbie zog sie an der Hand weiter. Sie sagte etwas zu ihm, kam ein Stück zurück.
    »Ich lasse dich nicht gehen«, rief Emmeline.
    Hannah war näher gekommen. Leise, aber bestimmt, erwiderte sie: »Doch. Das musst du.«
    Emmelines Hand bewegte sich in der Jackentasche. Sie schluckte. »Nein.«
    Sie zog die Hand aus der Tasche. Etwas Metallenes blitzte auf. Die Pistole.
    Hannah schnappte nach Luft.
    Robbie rannte auf Hannah zu.
    Mein Herz raste.
    »Ich lasse nicht zu, dass du ihn bekommst«, sagte Emmeline. Ihre Hand zitterte.
    Hannahs Brust hob und senkte sich. Sie wirkte bleich im Mondlicht. »Sei nicht verrückt. Steck die Pistole weg.«
    »Ich bin nicht verrückt.«
    »Steck sie weg.«
    »Nein.«
    »Du willst doch gar nicht schießen.«
    »Doch.«
    »Wen von uns beiden wirst du denn erschießen?«, fragte Hannah.
    Robbie stand inzwischen neben Hannah, und Emmelines Blick ging zwischen den beiden hin und her. Ihre Unterlippe bebte.
    »Du wirst keinen von uns erschießen«, sagte Hannah. »Oder?«
    Emmeline fing an zu weinen. »Nein.«
    »Dann steck die Pistole weg.«
    »Nein.«
    Ich erstarrte, als Emmeline sich die Pistole mit zitternder Hand an den eigenen Kopf hielt.

    »Emmeline!«, schrie Hannah.
    Emmeline schluchzte.
    »Gib sie mir«, sagte Hannah. »Wir werden reden. Einen Ausweg finden.«
    »Wie denn?« Emmeline konnte kaum sprechen. »Wirst du ihn mir zurückgeben? Oder wirst du ihn für dich behalten wie all die anderen? Wie Pa. Wie David. Wie Teddy.«
    »So ist es nicht«, erwiderte Hannah.
    »Diesmal bin ich dran«, sagte Emmeline.
    Plötzlich ertönte ein lauter Knall. Das Feuerwerk begann. Alle zuckten zusammen. Ihre Gesichter wurden rot erleuchtet. Millionen rote Funken fielen in den See.
    Robbie bedeckte sein Gesicht mit den Händen.
    Hannah machte einen Satz nach vorn, entriss Emmeline die Pistole und zog sich wieder zurück.
    Emmeline rannte auf Hannah zu, den Lippenstift im tränennassen Gesicht verschmiert. »Gib sie mir zurück. Gib sie mir zurück, sonst schreie ich. Wag es nicht wegzufahren. Ich werde es allen erzählen. Ich werde allen sagen, dass du abgehauen bist, und Teddy wird dich finden und …«
    Peng! Grüne Funken zerstoben am Himmel.
    »… Teddy wird dafür sorgen, dass du nicht weit kommst, und dann wirst du Robbie nie wiedersehen und …«
    Peng! Silberne Funken.
    Hannah kletterte die Böschung hinauf, Emmeline hinterher, immer noch weinend. Das Feuerwerk krachte.
    Die Partymusik prallte von den Bäumen, vom See, von den Wänden des Sommerhauses ab.
    Robbie hatte den Kopf eingezogen und hielt die Hände auf die Ohren gepresst. Seine Augen waren weit aufgerissen, das Gesicht entsetzlich bleich.

    Zuerst hörte ich ihn nicht, aber ich sah, wie seine Lippen sich bewegten. Er zeigte auf Emmeline und rief Hannah etwas zu.
    Peng! Rote Funken.
    Robbie zuckte zusammen. Sein Gesicht war angstverzerrt. Immer noch rief er nach Hannah.
    Hannah zögerte, sah ihn verunsichert an. Sie hatte gehört, was er ihr zugerufen hatte. Plötzlich wich die Spannung aus ihrem Körper.
    Das Feuerwerk war beendet, und die letzten Funken regneten lautlos vom Himmel.
    Und dann hörte ich ihn auch.
    »Erschieß sie!«, schrie er. »Erschieß sie!«
    Mir lief ein eiskalter Schauer über den Rücken.
    Emmeline blieb wie angewurzelt stehen. Schluckte. »Hannah?« Ihre Stimme dünn wie die eines kleinen Mädchens.
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher