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Geheime Spiel

Geheime Spiel

Titel: Geheime Spiel
Autoren: K Morton
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Dienstbotentrakt, den ich am Fußboden erkenne. An den Geräuschen. Sektflöten. Hektische Betriebsamkeit. Dann geht es die Treppe hinauf. Die Tür öffnet sich, die Kamera fährt durch die Eingangshalle und gibt den Blick auf die Terrasse frei.
    Es ist unheimlich. Die Partyszene. Hannahs chinesische Lampions flackern in der Dunkelheit. Die Jazzband, die jaulende Klarinette. Ausgelassene Menschen tanzen Charleston …
    Dann ein schrecklich lauter Knall – und ich bin wach. Es ist der Film, der Schuss. Ich bin eingeschlafen und habe die entscheidende Szene verpasst. Es spielt keine Rolle. Ich weiß, wie der Film endet: am See von Riverton Manor erschießt sich der Kriegsveteran und Dichter Robbie Hunter im Beisein der beiden schönen Schwestern.
    Und ich weiß natürlich, dass es sich in Wirklichkeit so nicht zugetragen hat.

Das Ende
    E ndlich. Nach neunundneunzig Jahren ist mein Ende gekommen. Der letzte Faden, der mich noch zusammengehalten hat, hat sich gelöst, und der Nordwind trägt mich fort. Ich löse mich in Nichts auf.
    Noch kann ich sie hören. Mir ist vage bewusst, dass sie alle hier sind. Ruth hält meine Hand. Marcus liegt quer über dem Fußende meines Betts. Ich spüre seine Wärme auf meinen Füßen.
    Da ist noch jemand anders im Fenster. Sie tritt schließlich vor, aus dem Schatten heraus, und ich blicke in das schönste aller Gesichter. Es ist Mutter, und es ist Hannah, und doch wiederum nicht.
    Sie lächelt. Streckt ihre Hand aus. Voller Erbarmen, Vergebung und Frieden.
    Ich nehme die Hand.
    Ich stehe am Fenster und sehe mich selbst im Bett liegen: alt und gebrechlich und weiß. Meine Finger reiben gegeneinander, meine Lippen bewegen sich, finden aber keine Worte.
    Meine Brust hebt und senkt sich.
    Ein Rasseln.
    Erlösung.
    Ruth stockt der Atem.
    Marcus blickt auf.

    Aber ich bin schon fort.
    Ich drehe mich um und blicke nicht zurück.
    Mein Ende ist gekommen. Und ich habe absolut nichts dagegen.

Das Band
    T est. Eins. Zwei. Drei. Band für Marcus. Nummer vier. Dies ist das letzte Band, das ich besprechen werde. Ich bin beinahe am Ende angekommen, und es gibt nichts darüber hinaus.
     
    Es war am 22. Juni 1924. Sommersonnenwende und der Tag der Mittsommernachtsparty auf Riverton.
    Unten in der Küche herrschte hektische Betriebsamkeit. Mrs Townsend ließ den Herd auf Hochtouren einheizen und erteilte den drei Frauen aus der Stadt, die als Küchenhilfen angeheuert waren, lautstark Anweisungen. Sie strich die Schürze über ihrem rundlichen Bauch glatt und überwachte die Frauen, die Hunderte von kleinen Pasteten zubereiteten.
    »Eine richtige Party«, sagte sie mit strahlendem Gesicht, als ich vorbeieilte. »Endlich. Das war aber auch allerhöchste Zeit.« Mit dem Handgelenk wischte sie sich eine Haarsträhne aus dem Gesicht, die sich aus ihrem Dutt gelöst hatte. »Lord Frederick – der Herr sei seiner armen Seele gnädig – hatte nichts für Partys übrig, und er wird seine Gründe gehabt haben. Aber wenn ihr mich fragt, braucht ein Haus ab und zu eine schöne Feier, damit die Leute wissen, dass es noch existiert. «

    »Stimmt es«, fragte die dünnste der Frauen aus der Stadt, »dass Prinz Edward kommt?«
    »Alles, was Rang und Namen hat, wird hier sein«, erwiderte Mrs Townsend, während sie demonstrativ ein Haar von einer Pastete klaubte. »Die Herrschaften, die in diesem Haus wohnen, verkehren nur in den besten Kreisen.«
    Bis zehn Uhr hatte Dudley den Rasen gemäht und gewalzt, und die Dekorateure waren eingetroffen. Mr Hamilton stand mitten auf der Terrasse und wedelte mit den Armen wie ein Orchesterdirigent.
    »Nein, nein, Mr Brown«, sagte er und winkte nach links. »Der Tanzboden muss an der westlichen Seite aufgebaut werden. Abends weht kühler Nebel vom See herein, und die Ostseite ist ungeschützt.« Er trat einen Schritt zurück, sah sich prüfend um, dann stöhnte er: »Nein, nein, nein. Nicht dort. Der Platz ist für die Eisskulptur bestimmt. Ich habe das doch alles schon Ihrem Kollegen erklärt.«
    Der Kollege, der gerade auf einer Leiter stand und Schnüre für die Lampions vom Laubengang zum Haus spannte, konnte sich schwerlich verteidigen.
    Ich verbrachte den Morgen damit, die Gäste in Empfang zu nehmen, die über das Wochenende bleiben würden. Ihre Aufregung war nicht zu übersehen. Jemima, die zum Ferienmachen aus Amerika gekommen war, traf schon früh mit ihrem neuen Ehemann und der kleinen Gytha ein. Das Leben in den Vereinigten Staaten schien ihr gut zu bekommen:
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