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Gefangene der Sehnsucht

Gefangene der Sehnsucht

Titel: Gefangene der Sehnsucht
Autoren: Kris Kennedy
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nach Schottland zurückkehren sollte. Was er aber doch nie tat. Eva verwöhnte ihn mit einer Unzahl von Fleischpasteten und sehr gutem Ale, und am Ende blieb er.
    »Aber nur, weil ich nicht sicher bin, ob die Schuld bereits abgetragen ist«, sagte er finster.
    »Oh, das ist sie nicht«, versicherte sie ihm, tätschelte seinen Arm, und das machte sie beide glücklich. Jamie verdrehte die Augen.
    Everoot war voll von Rittern und Gefolgsleuten, die sich als entschlossen königstreu herausstellten und die ihren neuen wiedergefundenen Lord bewunderten. Eva sorgte sich, dass all die Lobhudelei Jamie zu Kopfe steigen könnte, nachdem in den vergangenen Jahren Selbstabscheu und Vorsicht seine Wege gepflastert hatten. Bis jetzt war das noch nicht geschehen, aber man konnte nie wissen. Eva hielt ihn in Schach, indem sie ihm mit großer Regelmäßigkeit die höchst weltlichen, irdischen Aufgaben übertrug, von denen sie behauptete, sie nicht tun zu können. Das Kind, das unterwegs war, gab ihr das Recht dazu. Und Jamie war närrisch vor Freude.
    Niemand kannte Evas wahre Identität – sie und Jamie und der König hatten darin übereingestimmt –, und Eva wollte es auch gar nicht anders. Sie war Jamies Frau, und mehr wollte sie nicht.
    Behutsam schüttete sie die kleinen Äpfel, die sie in ihrem geschürzten Rock gesammelt hatte, in einen Korb, und sah Jamie mit großen Schritten auf sie zukommen. Er kam vom Exerzierplatz, wo er mit seinen Männer trainiert hatte.
    Seine langen Beine holten mit selbstbewussten Schritten weit aus. Er fuhr sich mit den Fingern ungeduldig durch das Haar und strich es nach hinten. Sein Gesicht war so glatt rasiert, wie Eva es bewerkstelligen konnte, aber insgeheim hatte sie nichts dagegen, wenn sie einige Tage ausließen. Sie genoss es, wenn er gefährlich aussah, und die sanfte Art, auf die er sie berührte.
    Nun, manchmal sanft.
    Sie war froh, dass er zu Hause war, denn der Bürgerkrieg war ausgebrochen. Die Charta hatte nichts geändert. Knapp drei Monate nach deren Unterzeichnung durch alle Magnaten außer Jamie – »Sie wird nicht halten«, hatte er gesagt, als sie ihn gebeten hatten, auch zu unterschreiben; »ich werde dienen, aber ich werde nicht unterzeichnen« – war der Krieg erneut ausgebrochen.
    Doch The Nest war ein Zufluchtsort geblieben. Kuriere und Boten und Barone nutzten The Nest als Basis für die weitergehenden Verhandlungen, Everoots Hauptburg war ein Ort der Ruhe inmitten des Wahnsinns.
    Jamie war jetzt bei Eve angelangt. Er nahm ihre Hand und küsste sie geistesabwesend, während er in den Korb mit den Äpfeln spähte. Er nahm einen heraus. »Äpfel?«, fragte er, während er hineinbiss.
    Sie schüttelte den Kopf. »Beeren.«
    Er grinste, als ihm Apfelsaft über das Kinn lief. Sie reckte sich, um ihn wegzuküssen. Das war der Moment, in dem sie den Reiter hörten, der den Hügel von Everoot heraufgaloppierte.
    »Der König ist tot!«, rief er, noch ein Dutzend Yards entfernt. »König John ist gestorben!«
    Die Nachricht verbreitete sich rasch. König John war an dem Übergenuss von Flussaalen gestorben. Der neunjährige Henry würde in Westminster gekrönt werden. William the Marshal, Earl of Pembroke, hatte geschworen, den Jungen auf seinen Schultern von einem Meer zum anderen zu tragen, wenn es sein musste, um das Land zu bewegen, ihm Treue zu schwören. Die mächtigsten Männer bildeten eine Regentschaftsregierung, um den jungen König zu beraten. Jamies Anwesenheit wurde verlangt. Sie planten, die Magna Charta neu zu fassen. Die Rebellen würden folgen. Der Krieg würde aufhören.
    Alle versammelten sich auf dem Burghof. Dörfler, Ritter, Waren liefernde Händler. Spontan entstand der Gedanke einer Feier. Jamie gab rasch den Befehl, etwas zu trinken zu bringen, zu Ehren des neuen Königtums. Als das erste Fass Ale herausgerollt wurde, erhob sich Jubel. Noch mehr Leute fanden sich ein. Kinder wurden nach Hause geschickt, um Becher zu holen. Die Ausgelassenheit erreichte neue Höhen, und häufig waren Rufe zu vernehmen, wie »Lang lebe der König!« und »Lang lebe Everoot!«.
    »Aale«, sagte Jamie nachdenklich und schaute zu Eva hinunter. »Hatten wir ihm nicht vor Kurzem eine Ladung Aale geschickt?«
    »Hatten wir?«, meinte sie unbestimmt und hakte sich bei ihm ein. »An eine solche Kleinigkeit kann ich mich nicht erinnern.«
    Sie spürte, dass er sie von der Seite anstarrte. »Du erinnerst dich daran, wo die Wascheimer aufbewahrt werden, und an den Jahrestag des
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