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Gefangene der Sehnsucht

Gefangene der Sehnsucht

Titel: Gefangene der Sehnsucht
Autoren: Kris Kennedy
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zu wissen.
    »Die Geliebte des Königs«, erklärte der junge Soldat fröhlich.
    Sie lächelte.
    »Ich bringe sie hinunter in die Halle.«
    Der sehr viel misstrauischere Schütze unterstützte das. »Aye. Wir werden sie zu Seiner Majestät bringen«, sagte er auf eine höchst unangenehme Weise. Aber das war überhaupt nicht wichtig, weil es genau das war, was Eva wollte.
    Der junge Soldat führte sie am Arm hinaus, der Schütze folgte ihnen. Sie wandten sich zur Treppe.
    Sie alle hörten die Stiefelschritte, die die Treppe heraufkamen. Gleichzeitig. Ein Kopf tauchte auf, dann war die ganze Person auf dem Treppenabsatz zu sehen.
    König John.
    »Lasst mich los«, befahl Eva leise, und der junge Soldat gehorchte.
    Sie schob alle Gedanken an die Menschen, die sie liebte und was sie für sie gewollt und nicht gewollt hatten, beiseite. Sie fühlte nur die tröstende Gewissheit des spitzen, scharfen Dolches, der tief in den Falten ihrer Röcke verborgen war.
    »Majestät«, sagte sie.
    König John blieb für einen langen Moment stehen. Dann stellte er sich in den Schatten, fast so, als wüsste er es.
    Ein weiterer Armbrustschütze stand hinter dem König. Der Soldat blickte Eva an und hob seine Armbrust, spreizte die Beine. Sicherlich tat der Schütze hinter ihr das Gleiche.
    »Eva«, sagte der König mit sanfter Stimme.
    Sie machte einen weiteren Schritt auf ihn zu. Sonnenlicht fiel durch die hohe, schmale Fensteröffnung, aber innen kam die eisige Kälte einem Schlag gleich. Sie stieg um Eva auf, weit über ihren Kopf hinauf, streckte sie zu etwas Erstarrtem, Weißem, sodass sie sich wie ein Eisblock fühlte.
    Sie und der König starrten sich an. Seltsamerweise war Evas erster Gedanke die Frage, ob sie ihm ähnlich sah. Sie hatte ihr Gesicht noch nicht oft gesehen, und es war zehn Jahre her, seit sie das ihres Vaters gesehen hatte.
    Er war beleibter, als er es vor zehn Jahren gewesen war. Beträchtlich sogar.
    »Ich hatte Geschenke für dich«, sagte er aus dem Nichts.
    Sie hatten höchst seltsame erste Gedanken beim Aufeinandertreffen.
    Sein Gedanke war so unerwartet, dass er sie fast aus der Bahn warf.
    »Kleider«, sagte er und kam einen Schritt näher. Er betrachtete Eva, die halb im Schatten, halb im Sonnenlicht stand. »Ein Pony. Geschenke. Für dich. Aber du bist davongelaufen.«
    »Ich habe Kleider.« Sie zupfte an ihren Röcken.
    »Warum bist du fortgelaufen?« Er klang aufrichtig ratlos. Sie musste sanft mit ihm umgehen, denn offensichtlich hatte er seinen Verstand verloren.
    »Es war das Töten, versteht Ihr?«, erwiderte sie ruhig und machte einen Schritt nach vorn.
    Er winkte dem Schützen zu, der seine Waffe angelegt hielt und auf Evas Brust zielte. »Lasst uns allein.«
    »Majestät …«, wandte der Soldat ruhig ein.
    »Geht.«
    Der Soldat ging gehorsam die Treppe hinunter.
    Der König wandte keinen Blick von Eva. »Warum bist du gekommen?«
    In ihrem Kopf war John ein Dämon. Seine Stimme klang in ihrer Erinnerung immer wie ein erschreckendes heiseres, wildes Bellen. Aber, ja, diese leisere Stimme hatte es auch gegeben. So hatte er gesprochen, wenn er gekommen war, um sie in ihrem weitab von Everoots Hauptburg gelegenen Versteck zu besuchen. Die Leute hatten sich darüber gewundert, wie oft König John nach Norden reiste, öfter als jeder König vor ihm. Aber Eva kannte den Grund; er war gekommen, um sie zu sehen. Er hatte sie vor der Welt versteckt, hatte sie aber während ihrer Kindheit oft besucht.
    Eva krampfte die Finger um die in ihren Röcken verborgene Stichwaffe. Der Blick des Königs fiel auf ihre Hand. »Father Peter ist tot.«
    Er hob rasch den Kopf. »Was ist passiert?«
    »Eure Männer.«
    Sein Gesicht über dem schwarzen Bart wurde blass. Verhärmte Augen wurden zusammengekniffen, als hätte John einen Schlag versetzt bekommen. Er schien aufrichtig entsetzt zu sein. »Das habe ich nicht befohlen, Eva, ich schwöre es dir.«
    Sie lächelte ein klein wenig. »Musstet Ihr das denn? Brauchtet Ihr sie nicht einfach wissen zu lassen, wie erfreut Ihr wäret …?«
    »Ich bin nicht erfreut. Ich brauchte Peter, bei mir, nicht aufseiten der Barone, nicht bei Langton, bei mir, damit ich mit ihm diese verdammte Charta noch einmal neu hätte abfassen können.«
    John irrte sich ganz schrecklich, wenn er glaubte, er hätte dem eure auch nur so viel wie eine Mahlzeit am Nachmittag ausreden können. Aber Father Peter, er hätte John zu einer Menge Dinge überreden können. Natürlich konnte er jetzt
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