Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Gefangene der Sehnsucht

Gefangene der Sehnsucht

Titel: Gefangene der Sehnsucht
Autoren: Kris Kennedy
Vom Netzwerk:
nichts mehr sagen. Eva aber schon.
    »Ist es nicht zum Lachen?«, sagte sie förmlich. »Ein wahrhaft großer Mann war der Überzeugung, sie wäre von Nutzen. Und jetzt ist er tot.«
    »Ich habe das nicht angeordnet. Das schwöre ich dir. Komm herein, Eva.« Er trat zurück, um sie in seine Gemächer vorangehen zu lassen. »Wir werden reden. Über alles, was du wünschst.«
    Sie dachte darüber eine lange Zeit nach. Sie dachte an die Menschen, die ihr Vater zerstört hatte, und an diejenigen, die er emporgehoben hatte. Sie erinnerte sich daran, wenn auch recht widerwillig, dass John große Freundlichkeit gegenüber vielen verletzlichen Menschen gezeigt hatte – und gegen sehr viele andere ganz schrecklich gewütet hatte. Er war These und Antithese, beides lag in ihm. Es musste recht schmerzvoll sein.
    Sie dachte an Jamie und die anderen großen Männer, die dem König dienten, weil sie einen Eid geschworen hatten. Sie dachte an ihren geliebten, so leicht aufbrausenden curé und an die Dinge, denen er sein Leben gewidmet hatte: eine Charta, die die Einschränkung der Königsmacht und den Schutz der Menschen sicherte. Es mochte ein dummer Wunsch sein, aber Father Peter hatte geglaubt, dass solch ein Vertrag möglich war. Er hatte geglaubt, dass eine solche Verfassung möglich war, wenn Menschen wie Jamie sich ihre Grundsätze auf ihre Fahnen schrieben.
    Aber wenn Jamie England verließ, würde das natürlich nicht geschehen.
    Und doch, Eva könnte niemals ohne Jamie fortgehen. Man stolperte nicht über das, was das Herz wollte, und ließ es dann zurück. Das war unmöglich. Aber man ging auch nicht hin und tötete den Lord, selbst wenn das jemandes Herzenswunsch war.
    Sie dachte und dachte, und John sagte kein Wort, drängte sie nicht im Mindesten.
    »Habt Ihr Angst vor mir?«, fragte sie unvermittelt.
    »Große«, kam seine Antwort.
    Und das war es, weshalb sie dachte: Nun, vielleicht gibt es hier ja doch noch etwas, auf dem man aufbauen könnte.
    Reue, so hatte sie aus einer dickköpfigen Quelle gehört, war oftmals etwas, was die Seele heilen konnte. Vielleicht würde ein äußerst schmerzliches Etwas bei der Erlösung des Königs helfen.
    Im Tode hatte le curé sie in ein Werkzeug Gottes verwandelt. So wie er, dachte sie und lächelte leicht.
    Der Arm des Königs war noch ausgestreckt, lud sie noch immer in seine Gemächer ein.
    »Wenn Ihr mit mir über diese Charta sprechen wollt, dann ja, ich denke, wir können ein kleines Gespräch führen, Ihr und ich. Ein sehr guter Freund hielt diese Urkunde für bedeutend.«
    »Komm herein«, murmelte der König.
    Sie zog die Hand aus den Falten ihres Kleides und ließ den Dolch darin zurück.

62
    I ch muss zum König«, sagte Jamie mit tiefer Stimme.
    Zehn bewaffnete Männer starrten ihn an. Ein Armbrustschütze – sein Name ist Gilbert, erinnerte Jamie sich – stand mitten auf dem Treppenabsatz.
    »Wie zum Teufel bist du hier hereingekommen, Jamie?«
    »Ich muss zum König.«
    Gilbert lachte spröde. »Jamie, du bist nicht bei Sinnen. Du und ich, wir gehen zurück. Ich kenne dich gut. Und ich bitte dich noch einmal, die Sache nicht blutiger zu machen, als es sein muss. Benimm dich nicht wie ein Berserker.«
    »Ich muss zum König.«
    Die Männer hoben ihre Waffen, bewegten sich nervös. Der Platz war beengt, es stand zu viel auf dem Spiel. Dies würde rasch enden, auf die eine oder andere Weise.
    »Ich bin auch für den König«, sagte Roger laut und trat vor. Alle Pfeile richteten sich auf ihn, mit einem Rauschen von Luft und einem Klirren von Metall.
    Gilbert sah ihn kalt an. »Wer zum Teufel seid Ihr, und was habt Ihr hier zu suchen?«
    Roger erwiderte seinen Blick unverzagt. »Ich bin Roger, der Erbe von d’Endshire, und ich bin gekommen, meinen Anspruch auf mein Erbe zu erheben und dem König meine Treue zu schwören.«
    Die anderen Schützen hielten ihre Waffen auf Roger gerichtet, aber Gilbert schaute auf Jamie. »Was zum Teufel geht hier vor?«
    Jamie sah ihn unverwandt an, ohne sein Schwert zu senken.
    »Jesus, Jamie.« Gilbert klang fast flehend. »Hinter der Tür ist ein Raum voller Edelleute. Rebellen. Der König hat sie hergerufen. Ich kann dich nicht einfach dort hineinlassen …« Seine Stimme erstarb, als würde er das Vergebliche seiner Bemühungen erkennen.
    »Ich muss zum König.«
    Es war das dritte Mal, dass Jamie diese Worte wiederholte, und dieses Mal traten die Männer zur Seite. Jamie ging zur Tür, und zum zweiten Mal in weniger als einer
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher