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Gefaehrten der Finsternis

Titel: Gefaehrten der Finsternis
Autoren: Chiara Strazzulla
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werden wir niemals erfahren«, sagte Slyman. »Vielleicht sind wir es beide gewesen.Vielleicht ist es uns nur gelungen, weil wir zu zweit waren. Am Ende hatte das Orakel doch recht behalten, sowohl bei dir als auch bei mir.«
    »Aber Scrubb hat sich geirrt«, sagte Lyannen verblüfft. »Du hast sie doch auch gefunden, oder? Und wenn wir sie gemeinsam vernichtet haben, wie du sagst, dann konnten wir es nur vereint schaffen …«
    »Ich habe nicht die Finsternis gefunden«, unterbrach ihn Slyman, »sondern dich. Ich habe dich gesucht, nicht sie. Und ich denke, ich habe dich nur gefunden, weil ich daran geglaubt habe, dass ich es schaffe. Der Talisman des Einsamen war sehr mächtig, mächtig genug, um diese ganz besondere Tür zu öffnen. Aber ich habe nur nach dir gesucht.Wenn ich nach der Finsternis gesucht hätte, hätte ich euch vielleicht nie gefunden.«
    »Noch etwas, das wir nie erfahren werden, fürchte ich«, sagte Lyannen. »Vielleicht sollte man sich etwas weniger von Prophezeiungen beeinflussen lassen - und von Magie.«
    »À propos Magie.« Slyman schlug sich mit der Hand gegen die Stirn. »Das hätte ich beinahe vergessen. Dein Vater und Theresian meinen, es wäre nicht schlecht, wenn du dich ein wenig mit Magie beschäftigst.Vielleicht könnte es den Ewigen gelingen, sie wieder zu nutzen, und anscheinend bist du darin sehr begabt.« Er verdrehte die Augen. »Im Gegensatz zu jemand anderem hier im Raum, der sie genutzt hat, ohne es überhaupt zu bemerken.«
    »Ich weiß nicht«, sagte Lyannen verblüfft. »Wird das nicht gefährlich
sein? Du hast doch gesehen, wie viel Schaden sie anrichten kann.Werden wir dann wieder zu abhängig von ihr?«
    »Den Fehler haben wir schon hinter uns, oder?«, erinnerte ihn Slyman. »Ich glaube, dass die Ewigen aus dem gelernt haben, was damals geschehen ist.«
    Lyannen wollte gerade etwas erwidern, als jemand die Tür weit aufriss und Greyannah im Raum stand. Er lachte und die Zöpfchen tanzten um sein Gesicht.
    »Lyannen, dein Vater ist da und will mit dir sprechen, kommst du bitte?«, fragte er fröhlich. Erst dann bemerkte er Slymans Anwesenheit. »Oh, Majestät, hier seid Ihr also? Aldrivin sucht bereits die ganze Festung nach Euch ab.«
    »Ich habe schon verstanden.« Slyman stand auf und ging zur Tür. »Lyannen, es tut mir leid, aber ich fürchte, mich ruft die Pflicht. Erhol dich gut. Ich komme zurück, sobald ich kann.«
    Während Slyman den Raum verließ, schlug ihm Greyannah freundschaftlich auf die Schulter. »Ich verstehe dich ja, junger Mann«, sagte er. »Der alte Aldrivin ist ein wirklich guter Kerl und ich will ihm ja auch nichts Böses... Aber er ist nun mal sterbenslangweilig.«
    Slyman grinste immer noch, während er den Flur entlangging. Er war so in seine Gedanken versunken, dass er nicht einmal bemerkte, wie er mit jemandem zusammenstieß.
    »Slyman«, sagte eine helle, muntere Frauenstimme. »Ich habe dich lange nicht gesehen.«
    Es war Ayanna. Slymans Herz machte einen Sprung. Sie sah ihn an, als erwarte sie etwas von ihm.
    »Ich möchte schon so lange mit dir reden«, sagte Slyman und fand nicht den Mut, ihr in die Augen zu schauen. »Seit wir einander in eurer Stadt im Wald verlassen haben.«
    »Auch ich habe mir gewünscht, dich zu sehen«, erwiderte sie, und auf ihrem Gesicht erschien ein so offenes, ehrliches Lächeln, dass es beinahe frech wirkte. Nun lächelte er zurück, ohne sich
dessen zu schämen. »Als wir uns getrennt haben, warst du nur irgendein Junge. Und jetzt bist du der König der Elben!«
    »Ich weiß eigentlich selbst nicht, ob mir das gefällt«, gestand ihr Slyman. »Verstehst du, alle erwarten etwas von mir, und ich bin nicht sicher, ob ich sie zufriedenstellen kann.«
    Sie lächelte ihn weiter an. Das freundliche, von kastanienbraunen Locken umrahmte Gesicht dieses kriegerischen Mädchens war so anders als die ätherischen Züge der Frauen der Ewigen. Die waren ätherisch, aber kalt, dachte Slyman. Ayanna übte etwas Beruhigendes auf ihn aus - ungebrochen wie am ersten Tag ihrer Begegnung.
    »Und du?«, fragte er jetzt wieder verlegen. »Was erwartest du von mir?«
    Ayanna lachte glockenhell auf, doch dieses Lachen hatte nichts Spöttisches an sich und Slyman musste plötzlich an den Einsamen denken. »Vielleicht weißt du es schon«, sagte sie.
    Ja, er wusste es. Plötzlich wurde ihm klar, dass er es schon immer gewusst hatte. Und er verstand, dass das, was sie sich von ihm wünschte, genau das war, worum er sie bitten
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