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Gefährlicher Sommer

Titel: Gefährlicher Sommer
Autoren: Bastei Lübbe
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haben, als dir lieb ist«, meinte Angie grinsend. »Wenn wir beisammen sind, stolpern wir nämlich aus irgendeinem Grund immer in gefährliche Situationen.«
    Manuels Augen wurden noch größer. »Ehrlich?«
    »Pats Mutter hat mir davon erzählt«, mischte sich Brigitte ein. »Und ich warne euch: Ihr könnt reiten, schwimmen, in der Sonne faulenzen oder in den Bergen wandern - aber ihr lasst die Finger von Taschendieben oder ähnlichem Gesindel!«
    »Alles klar!«, sagte Chris. Und gerade da erschien Pat mit einem noch etwas wackeligen Tobi an ihrer Seite. Sie hatte dem Hund vor dem Abflug eine leichte Beruhigungsspritze geben lassen, und von der hatte er sich offenbar noch nicht recht erholt. Seine goldbraunen Augen blickten benommen.
    »Er hat alles gut überstanden«, verkündete Pat erleichtert, »und er scheint auch keinen Schock zu haben. Oh, Tante Brigitte! Und Manuel!« Sie umarmte ihre Verwandten und war endlich wieder die alte, fröhliche Pat. »Dann kann's ja losgehen!«, sagte sie munter.
    Als sie alle im Auto saßen - bei sechs Personen und einem Hund herrschte begreiflicherweise eine gewisse Enge -, sagte Brigitte: »Ihr werdet euch wundern, wie anders die Nordhälfte von Teneriffa aussieht, verglichen mit diesem südlichen Teil hier. Der Süden erinnert schon fast an eine Wüste, während der Norden eine üppige, bunte Vegetation hat. Viel mehr Grün und überall Blumen und Bäume. Hier stehen ja nur diese vertrockneten Sträucher.«
    »Woher kommt dieser Unterschied?«, erkundigte sich Diane.
    »Die Passatwinde«, erklärte Manuel. »Der Norden liegt in ihrem Einflussbereich, und sie bringen den Regen. Und wo es regnet, wächst natürlich mehr.«
    »Sprichst du eigentlich auch Spanisch, Manuel?«, fragte Angie.
    »Klar. Mein Vater ist ja Spanier!«, antwortete Manuel stolz.
    »Dann kann uns ja gar nichts passieren, wenn wir sogar einen Dolmetscher haben«, meinte Pat, die von Tobi fast plattgequetscht wurde und deren Stimme gedämpft durch das Hundefell herüberklang. »Das werden die idyllischsten Ferien, die wir je hatten.«
    Pat hatte sich selten so geirrt.
    Zur gleichen Zeit lag Tom in der Eulenburg und starrte trübe zum Fenster hinaus, wo er zum ersten Mal seit Wochen keinen blauen Himmel sah, sondern schwere graue Regenwolken. In der Nacht hatte ein fürchterliches Gewitter getobt, viel schlimmer als die zahlreichen Gewitter der letzten Tage, und am Morgen war keine leuchtend helle Sonne über den regennassen Wiesen aufgegangen, sondern es regnete unablässig weiter. Jetzt am Nachmittag hatte es aufgehört, aber die Wolken hingen noch tief, Meer und Himmel verschwammen am Horizont in einem grauen Einerlei, und es sah nicht so aus, als werde sich das bald ändern.
    »Ausgerechnet jetzt«, murmelte Tom, »wo es mir gerade besser geht!«
    Er fühlte sich heute zum ersten Mal nicht mehr ganz so schlecht wie in den vergangenen zwei Wochen. In den ersten Tagen seiner Erkrankung war er völlig verwirrt und vernebelt vom Fieber gewesen, dann endlich wurde alles klarer, aber die Kopfschmerzen wollten nicht besser werden. Nach zwölf Tagen, als er schon dachte, die Angelegenheit im Wesentlichen überstanden zu haben, schwollen plötzlich die Drüsen an seinem Hals und unter den Armen an. Er hatte starke Schmerzen und konnte schlecht schlucken.
    »Das passiert leicht«, sagte der Arzt. »Eine sogenannte Nachkrankheit des Scharlach. Aber immerhin verläuft das alles heute viel harmloser als früher, da hätten wir jetzt noch mit einer Nierenentzündung rechnen können oder mit einer Mittelohrentzündung. Du bist jetzt bald über den Berg!«
    Tom fand diese Aussage tröstlich. Er hatte nun weiß Gott genug mitgemacht!
    Draußen wurde zaghaft an die Tür geklopft.
    »Herein!«, sagte Tom hoffnungsfroh. Und wenn nur die Krankenschwester mit dem Fieberthermometer käme, es wäre immerhin eine Abwechslung. Aber es war nicht die Schwester. Ein dunkelhaariges Mädchen trat ein, blass und dünn wie ein Gespenst, gehüllt in einen blauen Bademantel. Es sah mindestens ebenso elend aus wie Tom.
    »Ach«, sagte Tom, »du bist es, Kathrin.« Resigniert ließ er sich in seine Kissen zurücksinken.
    Er empfand es als eine Ironie des Schicksals, ausgerechnet mit Kathrin seine Scharlacherkrankung teilen zu müssen. Die anderen erkrankten Feriengäste, zwei Mädchen aus Hamburg, Zwillinge, und ein Junge aus Berlin waren alle von ihren Eltern abgeholt worden. In der Eulenburg blieben nur Tom, der ja hier wohnte, zurück und
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