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Gefährlicher Sommer

Titel: Gefährlicher Sommer
Autoren: Bastei Lübbe
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Hunger wie ich?«
    Natürlich hatten sie den alle. Aber glücklicherweise dauerte es nicht lange, und Brigitte rief zum Essen. Es gab Paella, das spanische Reisgericht mit Meeresfrüchten, Hähnchen, Schweinefleisch und Chorizos. Vorher eine Knoblauchsuppe und dazu für jeden ein Glas Sangria, die herrliche spanische Spezialität, bei der Rotwein mit Pfirsichen, Orangen und Äpfeln angesetzt wird.
    Zufrieden saßen sie alle in der Dunkelheit auf der Terrasse, blickten in den Schein eines flackernden Windlichtes und dachten an die Zeit, die vor ihnen lag.
    Nur Pats Gedanken flogen davon, sehr weit, über Meer und Länder hinweg, bis hin zur Nordsee und in die Eulenburg. Ob Tom wohl auch Sehnsucht nach ihr hatte?
 
    Wenige Kilometer entfernt, in der touristenüberfluteten Stadt Puerto de la Cruz, begann das Nachtleben. Aus allen Lokalen und Restaurants drangen Musik und Stimmen, die Straßencafés waren vollbesetzt. Scharen von Menschen schlenderten durch die Straßen und genossen die warme Nachtluft, wobei einige Damen den milden Temperaturen zum Trotz ihre neuesten Pelzmäntel vorführten; man bekam sie auf Teneriffa billiger als anderswo, und mit irgend etwas musste man schließlich protzen - wenn es mit dem eigenen Gesicht nicht ging, dann eben mit fremden Fellen.
    In tiefem Schweigen aber lag der Loro-Parque. Der Loro- Parque war ein großes, ummauertes Gelände, eine Art Zoo, in dem es hauptsächlich Papageien zu besichtigen gab, bunte Vögel aus aller Herren Länder, aus Afrika, Südamerika, Asien und Australien. Es gab aber auch eine Delfinschau, außerdem ein großes Gehege mit Affen und ein Bassin mit Krokodilen und Schildkröten. Rosafarbene Flamingos stolzierten über die Wiesen, und überall wucherten herrliche exotische Pflanzen: Bananenstauden, blühende Jacarandabäume, Farne aller Art, üppige Bougainvillea, Eukalyptus und die bezaubernd schönen tiefblauen Blüten der Morning Glory. Bei Tag drängten sich viele Menschen im Loro-Parque. Aber am Abend wurde das große Tor am Eingang versperrt, die Papageien steckten ihre Köpfe tief in ihr Gefieder, und nur hin und wieder hörte man irgendwo einen Vogel kreischen oder einen Affen schimpfen.
    Niemand bemerkte die drei Männer, die mit Drahtscheren bewaffnet über die schmalen Wege zwischen den Käfigen schlichen. Zwei von ihnen trugen große Kisten. Sie schienen genau zu wissen, worauf sie es abgesehen hatten. Zielsicher gingen sie auf einige Käfige zu, ließen andere unbeachtet. Bei denen, die sie sich auserkoren hatten, schnitten sie blitzschnell große Löcher in die vergitterten Türen, langten hinein, packten mit geübtem Griff den jeweiligen Vogel, zerrten ihn heraus, schlangen ein Klebeband um den Schnabel, um ihn am Schreien zu hindern, und beförderten ihn unsanft in eine Kiste. Ein paarmal schrien die Vögel aus den Nachbarkäfigen empört auf, aber das, da konnten die Männer sicher sein, würde niemanden stören; im Loro-Parque schrien ständig irgendwelche Papageien.
    Schon seit Tagen hatten die Männer im Loro-Parque herumgelungert und ein besonderes Interesse an den Vögeln gezeigt, hatten mit großer Sorgfalt die Tafeln an den Käfigen studiert, die Auskunft über Rasse, Besonderheiten und Herkunft des jeweiligen Tieres gaben. Genauestens hatten sie jene Vögel registriert, die als besonders selten und schwierig zu züchten vorgestellt wurden. An diesem Tag hatten sich die Männer nach der letzten Delfinschau in dem Gewirr von Kakteen und Bananenpflanzen versteckt und sich im Park einschließen lassen. Sie mussten noch die Fütterung abwarten, aber dann endlich waren alle Wärter verschwunden. Die Männer konnten ihr Versteck verlassen. Um ihre Opfer schon vorneweg wehrlos zu machen, hatten sie Leckerbissen vorbereitet, kleine Maiskolben, die mit einem Betäubungsmittel versehen waren. Diese warfen sie nun in die Käfige, und obwohl die Tiere gerade gefüttert worden waren, ließen ihre Neugier und Naschhaftigkeit sie dennoch von der ungewohnten Köstlichkeit probieren.
    Anschließend leisteten die Vögel dann auch tatsächlich fast keinen Widerstand mehr, hockten apathisch auf ihren Stangen und Kletterbäumen, einige schwankten sogar leicht. Einem hatten sie wohl zu viel gegeben, er lag tot auf dem Boden, kalt und starr, die Beine in die Luft gestreckt. Die Männer kümmerte das nicht. Es gab noch genug andere.
    Es waren die schönsten Vögel, die in den Kisten verschwanden, zum Teil solche, deren Rasse vom Aussterben bedroht war, die
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