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Gefährlicher Sommer

Titel: Gefährlicher Sommer
Autoren: Bastei Lübbe
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man nur mit größter Mühe und Sorgfalt in Gefangenschaft hatte nachzüchten können. Viele hatten eine so labile Psyche und zarte Konstitution, dass ein Experte den Dieben hätte prophezeien können: Die Tiere werden ihren Schrecken und die Angst, das Herausgerissenwerden aus ihrer vertrauten Umgebung und die tagelange Gefangenschaft in einer Kiste, zusammengepfercht mit ihren Artgenossen, nicht überleben.
    Draußen, jenseits der Mauer, wartete ein unauffälliger kleiner schwarzer Kombi. Es parkten immer viele Autos auf der Uferstraße, daher wunderte sich niemand. Die Anwohner hielten sich um diese Zeit ohnehin meist in ihren Gärten auf, die zur anderen Seite, zum Meer hin, lagen. Nur dann und wann kam ein Liebespaar vorbeigeschlendert.
    Der Fahrer des Wagens hieß Carlo und war der Polizei vieler Länder bestens bekannt. Carlo hatte seine Finger in vielen schmutzigen Geschäften. Es gab wenig, was er noch nicht gemacht hatte, von der Herstellung von Falschgeld angefangen über Erpressungen bis hin zum Kokainschmuggel. Das meiste Geld hatte er sich jedoch als Tierhändler verdient, als illegaler Händler, der frei lebende Tiere in die ganze Welt verkaufte, vor allem solche, deren Ausfuhr verboten war. Artenschutzabkommen spielten für ihn keine Rolle. Er tat sich auch als Wilderer hervor, beteiligte sich am Niedermetzeln der vom Aussterben bedrohten Elefanten und jagte erbarmungslos die schönen Raubtiere Afrikas: Leoparden, Panter und Jaguare. Mit den Fellen scheffelte er Unmengen von Geld. Immer wieder gelang es ihm, in letzter Sekunde der Polizei zu entwischen und bei seinen Kumpanen unterzutauchen.
    Carlo galt als brutal und rücksichtslos. Man munkelte sogar, er habe schon einmal jemanden erschossen. Wer ihn sah, mit seinen dicken, immer leicht offen stehenden Lippen, den schlaffen Wangen, den kalten, graugrünen Augen und dem mit Gel fest angeklebten schwarzen Haar, konnte sich das gut vorstellen.
    Er parkte direkt neben der Mauer der Bananenplantage, die an das Gelände des kleinen Zoos angrenzte. Eine Leiter lehnte dort, über die die Diebe hinunter auf die Straße kommen konnten. Niemand von den wenigen Leuten, die vorbeigingen, sah die Leiter, denn Carlos Kombi verdeckte sie.
    Er vernahm einen leisen Pfiff und wusste, dass nun seine Kumpanen kamen. Er hatte die Straße im Auge zu behalten, damit niemand plötzlich das seltsame Treiben an der Mauer wahrnahm. Aber kein Mensch ließ sich blicken. Keine Bewegung störte die stille Dunkelheit.
    Die Kisten wurden an Stricken in die Tiefe gelassen und verschwanden im Auto. Dann kletterte der letzte, der oben geblieben war, hinunter, die Leiter wurde eingeholt und zusammengeklappt, dann ebenfalls im Wagen verstaut. Schon fuhr Carlo an. Die Nacht lag so schweigend und dunkel wie vorher.
 

 
    Am nächsten Tag besichtigten die Freunde La Laguna und fuhren dann mit dem Bus nach Las Teresitas, dem schönsten Badestrand der Insel, ein kleines Stück nördlich von Santa Cruz gelegen. Sie hatten sich einen Picknickkorb mitgenommen, außerdem konnten sie sich am Ufer überall etwas zu trinken kaufen. An einem schönen Platz, etwas abseits von der Masse der Touristen gelegen, breiteten sie ihre Handtücher aus. Dann rannten sie sofort ins Wasser, wurden beinahe umgerissen von den Wellen, kämpften sich aber hindurch und schwammen nachher weit hinaus. Sie waren alle sehr gute Schwimmer, aber Manuel übertraf jeden. Das Wasser schien sein eigentliches Element zu sein, er bewegte sich gewandt und flink wie ein Fisch, tauchte unter und blieb so lange verschwunden, dass die anderen schon Angst bekamen. An einer weit entfernten Stelle kam er dann wieder ans Tageslicht und winkte grinsend. »Hallo! Hier bin ich!«
    »Ich geb' es auf«, keuchte Pat, die gewettet hatte, sie könnte ebenso lange tauchen, aber natürlich schon lange vor dem kleinen Spanier prustend heraufgekommen war. »Das ist ja kein Mensch, das ist irgendein Wassertier! He, Manuel! Wir essen jetzt etwas! Wenn du Hunger hast, musst du kommen!«
    Obwohl Manuel am weitesten draußen gewesen war, schaffte er es als Erster ans Ufer. Lustig und munter stand er schon neben dem Picknickkorb, als die anderen endlich aus dem Wasser kamen.
    »Los, ihr müden Ratten!«, rief er. »Kommt schon! Nennt ihr das Schwimmen, was ihr da tut?«
    Die Mädchen und Chris ließen sich in den Sand fallen.
    Angie kicherte. »Du bist ja völlig schwarz, Chris!«
    Chris brummte. »Du etwa nicht?«
    Tatsächlich boten sie alle einen
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