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Gefaehrlicher Liebhaber - Jagd auf Jack the Ripper

Gefaehrlicher Liebhaber - Jagd auf Jack the Ripper

Titel: Gefaehrlicher Liebhaber - Jagd auf Jack the Ripper
Autoren: Cassandra Norton
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dass sie am späten Nachmittag des übernächsten Tages durch die schwarz lackierte Eingangstür traten, begrüßt vom versammelten Personal mit dem Butler an der Spitze, der es sich nicht nehmen ließ, ein paar Worte zur Begrüßung des jungen Herrn zu sagen.
    Richard dankte mit Mühe und atmete erleichtert auf, als er sich in sein Bett legen konnte. Man hatte ihm die aktuelle Abendzeitung bereitgelegt, dazu ein paar Bücher, damit er sich die Zeit verkürzen konnte. Er blätterte nachlässig durch die Seiten. Überflog die Gesellschaftsnachrichten, las die ersten Zeilen eines Artikels über die Uraufführung der Operette „Yeoman of the Guard“ von Gilbert und Sullivan, und dass es eine neue Zeitschrift gab – das „National Geographic“ Magazin. Ganz unten in der Ecke, auf Seite fünf, fand sich ein Artikel. „Mord vom Dezember war nicht Jack the Ripper“. Es wurde von einer Frau berichtet, die man irrtümlicherweise für ein weiteres Opfer des Rippers gehalten hatte.
    St. John betrachtete die ganze Seite, dann wieder allein den kleinen Artikel, der nicht mehr war, als eine Randnotiz. Es berührte ihn seltsam, zu sehen, wie schnell die Ereignisse in den Schatten von Whitechapel zurücktraten, die über Monate beinahe die ganze Welt in Atem gehalten hatten. Er war nicht sicher, ob er betroffen oder erleichtert sein sollte, dass die grauenvolle Nacht, die ihn beinahe das Leben gekostet hätte, ohne jeden Widerhall zu bleiben schien. Aber das Leben ging weiter. Das East End versank wieder in Alkohol, Prostitution und Verbrechen. Seinesgleichen ging zu Bällen und zum Pferderennen.
    London … Er war zurück.
    „Komm schon. Es wird sicher halb so schlimm!“, flüsterte Elizabeth ihm aufmunternd zu, während ein Diener am offenen Schlag stand und ihr die Hand entgegenhielt, um beim Aussteigen behilflich zu sein.
    Noch immer im Fond der Kutsche, halb stehend, halb sitzend, blickte er nach draußen. Glitzernde Roben, scheinende Zylinder, funkelnde Geschmeide. Stimmengewirr. Hinter ihnen schnaubten Pferde, die sich im Gedränge unwohl fühlten. Ein Rucken der Kutsche brachte die Entscheidung und Richard stieg aus.
    Er hatte die gewaltigen Pforten gerade passiert, als sich wieder jene knochigen Hände um seine Kehle legten. St. John spürte, wie eine merkwürdige Kälte über sein Gesicht zu ziehen begann. Seine Nackenhaare stellten sich auf und er empfand den schier unüberwindlichen Drang, zu rennen. Davonzurennen.
    Es war Elizabeth, die ihren Arm zwar in den seinen schob, aber ihn mehr führte, denn sich selbst führen ließ.
    So viele Rücken, die alle dem ähnelten, dem er in der ver-hängnisvollen Nacht gefolgt war. Wo kamen sie bloß auf einmal her? St. John blickte sich um und wurde das Gefühl nicht los, sich in einem unendlichen Spiegellabyrinth verlaufen zu haben. Er brauchte einen Drink. Schnell. Flackerndes Kerzenlicht. Man stieß ihn an. Seine Wunden schmerzten wieder.
    „Es war keine gute Idee, hierherzukommen“, stieß er atemlos hervor.
    „Komm, Richard. Es ist, wie vom Pferd fallen. Entweder du steigst sofort wieder auf oder nie mehr!“
    Er suchte die Menge nach einem Diener mit Tablett ab. Aber da waren nur federverbrämte Roben. Man grüßte sie. Er nickte. Sein Hals tat weh. Seine Augen brannten.
    „Deine Hände sind eiskalt“, sagte Elizabeth besorgt.
    „Ein Drink. Ich brauche einen Drink. Dann wird mir warm.“
    Er spürte Panik aufsteigen. Wie das Meer bei Flut. Unaufhaltsam. St. John betete, dass er nicht vor diesen Menschen zusammenbräche.
    „Da hinten …“
    Kalter Schweiß stand auf seiner Stirn.
Um was bettelst du mich an, mein süßer Cherubim?
Er griff nach einem Glas. Leerte es.
Schrei nur, wenn es dir guttut. Schrei, so laut du kannst. An jedem Schlüsselloch steht hier unter Garantie ein Diener und holt sich einen runter bei deinem Anblick!
    Er ist hier, dachte St. John. Ich kann seine Stimme hören. Er ist nicht tot! Er ist hier!
    Musik setzte ein. Irgendwo. Doch er erkannte keine Melodie. Eine Höllenorgie. Lauter und lauter. Dröhnte in seinem Kopf. Brachte ihn dem Wahnsinn nahe. Noch ein Glas.
    „Aber junger Mann!“, sagte jemand mit verblüfftem Ton neben ihm.
    Das wievielte Glas war das? War es überhaupt seines? Elizabeth war weg. Abgedrängt vielleicht. Die Hitze ließ den Schweiß strömen. Sein Hemd klebte am Rücken.
    „So geht es aber nun doch nicht, mein Herr!“, grummelte jemand, doch er scherte sich nicht darum. Was kümmerte es einen, der zu Fuß
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