Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Gefährliche Praxis

Gefährliche Praxis

Titel: Gefährliche Praxis
Autoren: Amanda Cross
Vom Netzwerk:
Beweisen hat mich darauf gebracht, daß Barrister Janet Harrison gekannt hatte. Zufälligerweise hat Barrister Angst bekommen und es von sich aus zugegeben. Hätte er es nicht getan, dann säße ich jetzt hier und würde vergeblich versuchen, dich davon zu überzeugen, daß die beiden sich gekannt haben.«
    »Vielleicht konfrontierst du ihn mit dieser Geschichte und bringst ihn dazu, alles zuzugeben.«
    »Vielleicht tue ich das. Ich werde ihm sagen: Ein stellvertretender Bezirksanwalt kennt das Märchen und bitte bringen Sie mich jetzt um und beweisen Sie ihm, daß ich recht hatte.«
    »Red nicht so einen Unsinn. Wo ist dieses Foto von dem ›echten‹ Mike, wie wir ihn jetzt nennen? Kannst du es mir mal holen?«
    Kate gab es ihm. »Manchmal hat man das Gefühl, es könne sprechen. Aber so etwas sollte ich besser nicht sagen. Es bestärkt dich nur in deiner Überzeugung, daß ich verrückt bin. Weswegen wolltest du das Bild haben?«
    »Wegen der Ohren. Nicht sehr gut zu erkennen, oder? Eine Menge Arbeit ist in die Methode gesteckt worden, Leute an den Ohren zu identifizieren. Zu schade, daß unser ›echter‹ Mike sich nicht im Profil hat ablichten lassen. Dann könnten wir uns zum Vergleich ein Bild von Barristers Ohr verschaffen.«
    »Wirst du dich darum kümmern, Reed? Bitte, gib mich nicht auf als unheilbar schwachsinnig. Vielleicht webe ich ja nur an ein paar Wahngebilden…«
    »Diesen konzilianten Tonfall kenne ich. Du hast also etwas vor, was ich nicht billigen kann. Hör zu, Kate: Wir sollten darüber nachdenken. Wenn wir ein Beweisstück vorlegen können, das weder literarischer noch psychologischer oder impressionistischer Natur ist, dann können wir die Polizei vielleicht interessieren. Ich bin sowieso lieber hinter einem Hormonspritzen-Verteiler her als hinter einem Psychiater. Gehen wir ins Kino?«
    »Nein. Du kannst entweder nach Hause gehen oder mich zum Flughafen fahren.«
    »Zum Flughafen! Fährst du jetzt nach Bangor, Michigan?«
    »Nach Chicago. Nein, versuch nicht, mir reinzureden. Ich habe mir schon seit langem eine Reise nach Chicago versprochen. Dort hängt Picassos ›Mann mit blauer Gitarre‹, und plötzlich hat mich der nicht zu bändigende Wunsch überfallen, ihn mir anzusehen. Während ich weg bin, könntest du die Gedichte lesen, zu denen Wallace Stevens von dem Bild inspiriert wurde. Er behandelt sehr wirkungsvoll den Unterschied zwischen der Realität und den Dingen, ›wie sie sind‹. Entschuldige mich, ich muß packen.«

18
     
    »K ommen Sie in mein Büro«, sagte Messenger. »Arbeiten Sie immer samstags?«
    »Wenn ich kann. Da ist es ruhiger als sonst.«
    »Und ich komme her und störe die Ruhe.«
    »Nur zeitweilig. Was kann ich für Sie tun?« Kate nahm ihm gegenüber Platz und bestätigte für sich Jerrys Eindruck. Messenger war ein liebenswürdiger Mann; es gab keinen besseren Ausdruck für seine schlichte, sanfte und kluge Ausstrahlung. »Ich möchte Ihnen eine Geschichte erzählen«, sagte Kate. »Ich habe sie schon einmal erzählt; ich entwickele mich zur recht guten Geschichtenerzählerin. Beim erstenmal wurde sie, wenn nicht mit Freudengeschrei, so doch mit ungläubigem Grunzen aufgenommen. Ich werde Sie nicht bitten, mir zu glauben. Hören Sie einfach zu. Heute abend können Sie dann zu Ihrer Frau sagen: ›Heute morgen habe ich nichts geschafft, eine Verrückte ist gekommen und hat darauf bestanden, mir eine besonders idiotische Art von Märchen zu erzählen.‹ Sie werden Ihrer Frau eine nette Anekdote servieren können.«
    »Dann mal los«, sagte Messenger.
    Kate erzählte ihm die Geschichte genau so, wie sie sie Reed vorgetragen hatte. Messenger hörte zu, sog an seiner Pfeife und verschwand bisweilen hinter einer Wolke von Tabakrauch. Als Kate fertig war, klopfte er die Pfeife aus. »Wissen Sie«, sagte er, »als ich Mike in New York traf, hat er mich zuerst nicht erkannt. Ganz verständlich, finde ich; mich hätte er am wenigsten in New York erwartet. Mir fiel auf, daß er sehr elegant geworden war und sich nicht mit mir abgeben wollte. Es gibt zwei Sorten von Menschen: die einen, die immer damit rechnen, kurz abgefertigt zu werden, und die anderen, die sich das nie vorstellen können. Ich gehöre zur ersten Gruppe. Mike sagte mir, ich hätte mich verändert. Gut, dachte ich mir damals, sehen wir es aus der Sicht des Betrachters: Er hat sich auch verändert. Nur, ich hatte mich gar nicht verändert. Wenn man ein Gesicht hat wie ein Feuermelder, verändert sich
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher