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Gefährliche Praxis

Gefährliche Praxis

Titel: Gefährliche Praxis
Autoren: Amanda Cross
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fragte Jerry.
    »›Wir‹ sind Ihr ergebenster Diener, der hier vor Ihnen sitzt, und ein uniformierter Polizist. Uniformen sind sehr nützlich, wenn man Leute überzeugen will, daß man tatsächlich von der Polizei ist. Außerdem sorgen sie für eine gewisse Atmosphäre der Dringlichkeit, die ich unbedingt brauchte. Der Polizist, der mich begleitete, hat das mir zu Gefallen getan. Wenn ich Erfolg haben würde, käme das sicher seiner Karriere zugute, das hatte ich ihm versprochen: eine lobende Erwähnung, vielleicht sogar eine Beförderung. Ging es schief, versprach ich dafür zu sorgen, daß er nicht zur Verantwortung gezogen würde. Abgesehen von der ›Atmosphäre‹ wollte ich ihn auch als Zeugen dabei haben, der mit dem Fall nichts zu tun hatte. Ich fürchtete nämlich, daß die Verbindung, die ich zu gewissen Aspekten dieses Falles habe, für den Fall, daß ich selber aussagen müßte, bei gewissen Leuten zu Fehlinterpretationen führen könnte.«
    Er warf Kate einen Blick zu. »Es gelang uns, Dr. Barrister aus dem Bett zu holen. Er war, wie ich gefürchtet hatte, im Schlafanzug. Darüber hatte er einen Bademantel geworfen. Hätte er nackt geschlafen und in dem Zustand die Tür geöffnet, dann hätten wir ihn einfach gleich dort in ein Gespräch verwickelt, einer vor ihm, der andere hinter ihm stehend. Doch so, wie es aussah, mußten wir ihn bitten, sich anzuziehen und mit uns in die ›Zentrale‹ zu kommen. So etwas wie eine Zentrale gibt es zwar gar nicht, aber ich wollte mich so bedrohlich und vage wie möglich ausdrücken. Nach einigem Schimpfen und Drohen und der Nennung diverser wichtiger Männer, die, nehme ich an, die Ehemänner seiner Patientinnen sind, gab er schließlich nach. Er sagte, er wolle einen Anwalt anrufen, und ich sagte ihm, das könne er laut Vorschrift von der ›Zentrale‹ aus machen. Mögen mir die Engel und die Heiligen dort droben vergeben! Schließlich war er bereit, sich anzuziehen, protestierte aber erneut, als der Polizist ihm ins Schlafzimmer folgte. Ich erklärte ihm, auch das sei Vorschrift, damit er nicht telefonieren oder sich etwas antun oder eine Waffe oder andere Dinge verstecken konnte. Er rauschte ins Schlafzimmer, rot vor Wut, und der Polizist folgte ihm auf dem Fuße, denn ich hatte ihn genau informiert. Ursprünglich hatte ich dran gedacht, den Polizisten auch Barristers Schuhe untersuchen zu lassen, aber die Idee verwarf ich dann wieder. Unser Erfolg oder Mißerfolg bei diesem ungewöhnlichen Unternehmen hing davon ab, ob es die Narbe gab, wir wollten uns lieber darauf konzentrieren.«
    Reed schaute in die Runde. »Der Polizist befolgte seine Anordnungen sehr gut. Barrister riß sich Bademantel und Schlafanzug vom Leib, und als er sich bückte, um in die Unterhose zu schlüpfen, kam der Polizist näher, um genau hinsehen zu können. Blieben noch irgendwelche Zweifel, so lauteten seine Instruktionen, dann sollte er stolpern und praktisch von hinten auf Barristers Rücken fallen, um ihn genauer untersuchen zu können. Dann sollte er sich entschuldigen. Das hatte ja notwendig werden können, falls Barrister stark behaart wäre; wenn die Haut nämlich dicht behaart ist, ist eine Narbe schwer festzustellen. Aber Barrister war nicht behaart. Unnötig zu sagen, daß ich Barrister und den Polizisten erwartete, wie das wahrscheinlich werdende Väter vor der Entbindungsstation tun. Die beiden kamen zusammen aus dem Zimmer, und zu dritt fuhren wir Richtung Innenstadt. Schließlich holten wir den Bezirksstaatsanwalt aus dem Bett, der meinte, es sei auch an der Zeit, daß jemand mal mit einem verdammt eindeutigen Beweis in diesem unsäglichen Fall rüberkäme.«
    Kate und Emanuel waren aufgestanden. Nicola starrte nur. Es war Jerry, der als erster sprach.
    »Es gab nirgends eine Narbe«, sagte er.
    »Das war es, was ich sagen wollte«, sagte Reed. »Keine Narbe. In der Stadt wurde er noch einmal untersucht. Kein Hinweis auf eine Spondylodese. Aber der Polizist hat es am passendsten ausgedrückt. ›Das sauberste Hinterteil, das ich je in meinem Leben gesehen habe‹, meinte er. ›Nirgends ein Fleck.‹«

Epilog
     
    S echs Wochen später stand Kate auf dem Schiff nach Europa. Auf ihre Bitte war niemand gekommen, um sie zu verabschieden. Sie mochte keine Abschiedsszenen und zog es vor, an der Reling zu lehnen und zuzuschauen, wie Manhattan langsam in der Ferne verschwand. Sie hatte eine Kabine für sich, Zweiter Klasse, genügend Arbeit und die Aussicht auf einen angenehmen
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