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Gedankenlesen durch Schneckenstreicheln

Gedankenlesen durch Schneckenstreicheln

Titel: Gedankenlesen durch Schneckenstreicheln
Autoren: W Gruber
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Einzigartigkeit aufrechtzuerhalten, wurden Tiere entweder gar nicht oder zumindest nicht adäquat untersucht.
    Heute gerät dieses gigantische Selbsttäuschungsprogramm immer stärker ins Wanken. Das poppersche Entsorgungssystem kommt in die Gänge, Glaube und Wissen stehen zunehmend in Konkurrenz. Neue Spieler stehen in den Reihen der Naturwissenschaftler. Eine ganz neue Mannschaft ist das Team der Kognitionsforscher. Hier laufen nicht nur Biologen und Psychologen, sondern auch Physiker, Informatiker und Linguisten auf das Feld. Allen gemeinsam ist die Erkundung dessen, was im Englischen als mind bezeichnet wird. Sie sind besonders an den Grundlagen und Mechanismen des Denkens interessiert. Während sich die Physiker mit den Gesetzmäßigkeiten der Arbeitsweise des Gehirns zuwenden, testen die Zoologen die Denkleistungen von Tieren bei den verschiedensten Aufgaben. Die dabei zutage geförderten Fähigkeiten sind für manchen Zeitgenossen nicht nur unerwartet, sondern im höchsten Maß irritierend. Bestimmte Tierarten bilden Traditionen und pflegen Kulturen, unterhalten sich auf äußerst subtile Weise, ziehen Analogieschlüsse und meistern Rechenaufgaben, erkennen sich im Spiegel, erinnern sich an Episoden oder planen in die Zukunft. Geradezu provokant sind die jüngsten Einsichten in die Evolution von Empathie und prosozialem Verhalten, Kooperation und selbstlosem Handeln bei Tieren. Sollten wir nicht langsam unsere geistige und moralische Sonderstellung gegen eine evolutionäre Entwicklung und graduelle Abstufung tauschen?
    Manchen Menschen ist die evolutionäre Betrachtung (typisch) menschlicher Fähigkeiten – meist aus ideologischen Gründen – unangenehm. Aber auch Primatologen zeigten sich irritiert, als ich bei der 150-Jahr-Feier der britischen Royal Society die neuesten Ergebnisse unserer Reptilienforschung (in unserem Laborjargon „Cold Blooded Cognition“) vortrug. Köhlerschildkröten können voneinander lernen und folgen den Blicken ihrer Artgenossen. Das ist bemerkenswert, nicht nur wegen ihrer weiten stammesgeschichtlichen Distanz zu uns, sondern auch wegen ihrer solitären Lebensweise. Andererseits lassen sie sich nicht zum Gähnen durch einen Artgenossen verführen. Das stützt die Theorie, dass dieses für uns Menschen so typische Verhalten auf Empathie und Perspektivenübernahme beruht und dass es eine eher junge „Errungenschaft“ der Evolution ist.
    Ich war nicht verwundert, dass Menschen die Suche nach Bausteinen menschlichen Verhaltens bei Reptilien belächeln. Es wäre aber schön, wenn sie dem Motto des (dafür verliehenen) Ig Nobel Prize folgend zuerst schmunzeln und dann nachzudenken beginnen. Genau diese Vorgehensweise ist bei der Lektüre dieses Buches zu empfehlen. Wie bei einem guten Kabarett stecken hinter der heiteren Fassade ernste und wichtige Sachverhalte. Die spaßige Hülle sollte das Produkt leichter verdaulich machen und für größere Verbreitung sorgen. Vielleicht könnten damit aber auch bei einigen Lesern ideologische Barrieren überwunden und Aberglauben beseitigt werden. Ich würde es den Autoren sehr wünschen.
    Univ.-Prof. Dr. Ludwig Huber
    Leiter Vergleichende Kognitionsforschung
    Messerli Forschungsinstitut
    Veterinärmedizinische Universität Wien

Was wären Sie lieber: ein Seehase, ein Wasserbär oder ein Wurmgrunzer? Sie müssen nicht sofort antworten. Aber entscheiden müssen Sie sich, und „keines von den dreien“ gilt nicht.
    Wie die meisten Menschen bewundern vermutlich auch Sie edle, starke, erhabene Tiere mehr als ekelhafte, schleimige, kriechende Kreaturen. Häuptlinge, Eishockeymannschaften und schnelle Autos heißen in der Regel Hawks, Buffalos oder Lions, und wenn Schamanen die Hilfe ihrer Schutzgeister benötigen, dann rufen sie normalerweise nicht Ameise, Schildkröte oder Fadenwurm an, sondern Wolf, Adler und Bär. Instinktiv würde man also zu Wasserbär tendieren. Bären sind groß und stark, beliebte Wappentiere. Und sie können Winterruhe. Das würde die Energiesorgen der Menschheit rasant lindern, wenn ein Gutteil der Menschen jeden Winter für ein paar Monate schlafen würde, zusammengerollt im eigenen Fettmantel, die Zeitung vorher abbestellt und bei abgesenkter Raumtemperatur. Natürlich würde das ein gewisses Commitment voraussetzen. Zum Beispiel müssten wirklich alle schlafen. Denn wenn man nach vielen Wochen im Frühling aufwacht und aufs Klo gehen möchte, aber es ist kein Klo mehr da und überhaupt die gesamte Wohnung
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