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Geboren in Atlantis

Geboren in Atlantis

Titel: Geboren in Atlantis
Autoren: Jason Dark
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sehen.
    »Dann hast du es auch bemerkt?« Der Prediger nickte.
    »Weißt du mehr?«
    Jetzt lächelte der Mann. »Wenn ich es wüsste, Lulu, würde ich es dir nicht sagen. Ich kann dir nur einen Rat geben. Verlasse das Eastend. Es ist etwas eingetreten, auf das andere gewartet haben. Wir können es nicht stoppen.«
    »Wer ist gekommen?«
    »Vielleicht die Götzen, von denen du gesprochen hast oder die du meinst, Lulu.«
    Für einen Moment blieb sie stehen, ohne sich zu bewegen. Sehr langsam nickte sie. »Okay, Prediger, ich bedanke mich für deine Worte. Ja, ich bedanke mich.«
    »Keine Ursache.« Aus der Manteltasche holte er eine noch verschlossene Flasche Fusel hervor. »Geh, Lulu. Du musst diese Gegend verlassen. Tauche ein und unter!«
    »Was weißt du, Prediger?«
    Er drehte sich um, trank. Lulu schaute auf seinen Rücken. Selbst in der Dunkelheit waren die Schmutzflecken auf dem Rücken zu sehen. Ihr war klar, dass er nichts mehr sagen würde, auch die anderen hielten ihre Lippen geschlossen.
    »Okay, ich verschwinde. Trotzdem glaube ich, dass wir uns noch einmal sprechen, Prediger.«
    Auch jetzt rührte er sich nicht. Wütend, verunsichert und ängstlich zugleich verließ Lulu diesen Flecken im Londoner Eastend, wo die Trostlosigkeit zu einem Dauergast geworden war.
    Sie fror noch stärker als zuvor, stieg nicht in ihren Wagen, sondern bewegte sich mit leisen Schritten an ihm vorbei, weil sie sehen wollte, wie es Baby-Jim ergangen war.
    Was Lulu Sekunden später mit ansehen musste, ließ sie an ihren Verstand zweifeln. Sie stand sehr günstig, als einzige Zeugin bekam sie den grauenhaften und unerklärbaren Vorgang mit, und ihr Blut schien allmählich zu Eis zu werden.
    Von Baby-Jim blieb nicht viel zurück, ein paar Lumpen, die nachzitterten, als die Reste der Knochen zu Staub zerfielen, dann war alles vorbei. Die schwarze Gestalt entfernte sich wie ein schwebender Geist, der in das tiefe Tal der Dunkelheit eintauchte.
    Dann war es vorbei…
    Wenn sie je vor Angst gezittert hatte, so in diesen langen Augenblicken. Dass sie an einer schmutzigen Mauer lehnte, war ihr nicht bewusst. Das Blut rauschte durch ihren Schädel und erzeugte ein Hämmern hinter den Schläfen.
    Die Vernunft riet ihr, wegzurennen, aber Lulu blieb, ohne den Grund genau zu kennen. Vielleicht wollte sie mehr sehen. Sie hatte einen Punkt erreicht, wo sie ihre innere Angst überwand, und so ging sie mit zitternden Schritten auf das zu, was einmal ein Mensch mit dem Namen Baby-Jim gewesen war.
    Die Plakatsäule war für sie das Zeichen des Todes geworden. Ein Mahnmal, in dessen unmittelbarer Umgebung Reste lagen. Alte Kleidung, vermischt mit grauer Asche, die die Feuchtigkeit des Pflasters aufgesaugt hatte.
    Wieder wunderte sie sich über sich selbst, dass sie den Mut fand, sich niederzuknien. Sie suchte nach Blut, nach einem Knochen, nach einem Schädel, da war nichts.
    Dann brach es aus ihr hervor. Weinen, Flüstern, Lachen, es kam alles zusammen, auch die Flüche, die sie nach einer Weile ausstieß, als sie sich hochdrückte und sich die Tränen aus den Augen wischte. Es geschah genau in dieser Sekunde. Von oben her huschte etwas heran. Lulu hörte das singende Sirren, als wäre ein Band gespannt worden. Sie stolperte nach vorn, ihr Glück, sonst wäre der Körper auf sie geprallt.
    Lulu fuhr herum.
    Neben der Leiche stand die Gestalt. In Schwarz oder Grau gekleidet, ein Kabel oder Seil festhaltend und einen Gürtel mit Haken an den Hüften. Der Fremde stand wie auf dem Sprung, er starrte sie an, und Lulu wusste, dass er zu ihnen gehörte.
    Sie sprach den Namen nicht aus, wagte nicht einmal, an ihn zu denken, aber sie wusste irgendwo Bescheid. Zackig bewegte der andere seine rechte Hand. Etwas Helles, Glänzendes floss aus ihr hervor, eine Kette mit Scherben oder Widerhaken gespickt.
    Der Mann schlug zu.
    Es hätte ihr Tod sein können, aber Lulu war es gewohnt, unter Druck zu leben. Da glich sie einer Katze, die sich der fremden Umgebung angepasst hatte. Sie hatte die Arme nicht nur als Deckung erhoben, sie duckte sich auch und glitt schattenhaft schnell nach rechts zur Seite, bevor sie sich drehte und davonrannte, als wäre der Leibhaftige persönlich hinter ihr her.
    Der Mann erwischte sie trotzdem.
    Etwas schlug erbarmungslos hart gegen ihren Rücken, als wollte er die Haut vom Hals bis zum letzten Wirbel in langen Streifen aufreißen. Zwei Dinge retteten sie. Da waren ihre Schnelligkeit und auch der alte Pelz, der es nicht durchließ,
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