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Gabriel

Gabriel

Titel: Gabriel
Autoren: Heather Killough-Walden
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Juliette diverse Anläufe unternommen, ihr die Situation zu erklären. Die ganze Situation. Dazu gehörten die Heilkräfte, die sie schon vor über einem Jahr besessen hatte, dass sie ein Sternenengel war sowie ihre Verlobung mit dem Erzengel. Und jetzt, nachdem sie sich ihre Flügel offiziell ›verdient‹ hatte, würde sie ewig leben, so wie die vier Erzengel und Eleanore.
    Zu behaupten, die Freundin habe überrascht gewirkt, wäre eindeutig untertrieben gewesen. Aber sie schien nicht so völlig verblüfft wie Juliettes Eltern, sondern war schon immer unvoreingenommen gewesen. Nach Jules’ Meinung musste das an Sophies Erziehung liegen oder vielmehr an deren fehlender Erziehung.
    Als kleines Kind war Sophie dem Waisenhaus St. Augustine in Pittsburgh, Pennsylvania, und danach verschiedenen Pflegeeltern überantwortet worden. In der ersten Unterkunft war sie von der Pflegemutter verabscheut worden, weil sie zu einem ungewöhnlich schönen, intelligenten Mädchen heranwuchs. Aus dem zweiten Haus musste sie, zwölf Jahre alt, vor der sexuellen Belästigung durch den Pflegevater fliehen. Im dritten erreichte die sexuelle Bedrohung einen unerträglichen Höhepunkt, und so rannte sie erneut davon.
    Ihre Erlebnisse in den letzten Teenagerjahren hatte sie ihrer Freundin nur unvollständig erzählt. Aber Jules konnte sich einiges vorstellen. Jetzt, mit siebenundzwanzig, war Sophie eine hinreißende junge Frau, eins fünfundsiebzig groß, gertenschlank, mit makellosem Teint, vollen Lippen und eher kleinen runden Brüsten. So schöne goldbraune Augen hatte Juliette nirgendwo anders gesehen, bis sie Azrael begegnet war. Der Vampir besaß ähnliche Augen. Wie Kerzenflammen. Wie Feuer.
    Das passte zu Sophies feurigem Geist. Sie war unbezähmbar, unberechenbar. Manchmal benahm sie sich wie ein Kind. Beim Anblick von Erdbeerkuchen oder Plüschtieren leuchtete ihr schönes Gesicht auf. Sie liebte die TV-Trickfilme am Samstagvormittag, bestand darauf, ihren Nachtisch vor dem Hauptgericht zu essen, und zu Halloween trug sie mindestens drei verschiedene Kostüme.
    Halloween war ihr liebster Tag im ganzen Jahr. Deshalb fiel es ihr nicht allzu schwer, die übernatürlichen Phänomene zu akzeptieren, von denen Juliette ihr seit zwei Tagen erzählte.
    Mit Dingen, die »nicht von dieser Welt« waren, hatte Sophie keine Probleme. Den dunklen Seiten der Menschen so lange ausgeliefert, wusste sie genug über die negativen Aspekte des ›Natürlichen‹, um zu hoffen, es würde auch etwas anderes geben.
    Zu Halloween ließ sie sich von mindestens zehn verschiedenen Männern zu ebenso vielen Partys einladen, auf denen sie keineswegs, wie erwartet, im sexuell aufreizenden Zimmermädchen-Kostüm erschien. Stattdessen verkleidete sie sich als Gespenst, Wahrsagerin, Zombie-Pirat oder Vampir. Am liebsten trug sie das Vampirkostüm. Juliette hatte sie einmal nach dem Grund gefragt. Lachend hatte Soph ihre falschen Reißzähne gefletscht. »Stell dir mich mal mit echten Vampirzähnen vor. Niemand würde mich je wieder nerven.«
    Das verstand Jules sehr gut. Zahllose Männer machten sich an Sophie heran. Und so sehnte sie sich nach wirksamen Verteidigungsmethoden. Jeden Vampirroman hatte sie gelesen, jeden Vampirfilm gesehen.
    Lächelnd erinnerte Juliette sich daran, während sie mit Sophie die steinernen Stufen von Edinburgh Castle hinabstieg. Etwas mühsam bahnten sie sich einen Weg zwischen den enthusiastischen Touristenmassen.
    Den vierten Erzengel, Azrael, hatte Sophie noch nicht kennengelernt. Dass er etwas mehr als ein Erzengel war, hatte Juliette ihr noch nicht erzählt. Die Freundin hatte es schon wahnsinnig faszinierend gefunden, Christopher Daniels zu begegnen, dem Star aus Ausgleichende Gerechtigkeit. Beinahe hätte sie Uriel um ein Autogramm gebeten. Fast noch erstaunlicher fand sie, dass Az der Maskierte war, der Frontsänger der Band Valley of Shadow, einer äußerst erfolgreichen Rockband, die derzeit durch die USA tourte.
    Juliette fragte sich, wie Soph reagieren würde, wenn sie die ganze Wahrheit über den Maskierten erfuhr. Denn der war nicht nur ein Erzengel, sondern auch ein echter Vampir.
    Würde sie begeistert sein oder in Panik geraten?
    Nun, das wird sich zeigen, entschied sie, als sie das Schloss verlassen hatten und über das Kopfsteinpflaster der Straßen von Edinburgh schlenderten. An diesem Abend würde Azrael in Schottland eintreffen, gerade rechtzeitig zu Gabriels Junggesellenabschiedsparty.
    In zwei Tagen sollte die
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