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Gabe der Jungfrau

Gabe der Jungfrau

Titel: Gabe der Jungfrau
Autoren: D Zinßmeister
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heimhole!«
    »Herrgott, anna Maria, nimm Vernunft an. Selbst wenn du eine Vorsehung hattest, wie willst du ihnen helfen! Du bist eine Frau und begibst dich nur selbst in Gefahr! Vielleicht sind sie schon tot!«
    »Nein, sind sie nicht! In meinem Traum war die Erde schneebedeckt, doch jetzt ist Ende September. Ich muss sie gefunden haben, bevor der erste Schnee fällt.«

    Als die Magd anna Marias entschlossenen Blick sah, wusste sie, dass nichts und niemand das Mädchen aufhalten konnte. Lena wusste, wie sehr anna Maria ihre beiden Brüder liebte. Schon seit frühester Kindheit hatten die drei immer zusammengehalten. als die Mutter starb, waren anna Maria deren aufgaben und Pflichten zugefallen. Besonders für ihren jüngeren Bruder Matthias fühlte sie sich verantwortlich und mit ihrem älteren Bruder Peter verstand sie sich ohne Worte. Lena ließ anna Marias arm los.
    Für einen Moment schloss die Magd die augen und atmete tief durch. Dann sah sie anna Maria an und sagte: »Nun gut, erzähl mir deinen Traum!«

    Noch am selben Vormittag suchte anna Maria ihren Vater in der Stube auf. Daniel Hofmeister stand am Fenster und rief dem Gesinde die letzten anweisungen zu. als sie ins Zimmer trat, fragte er überrascht: »Was willst du?«
    Seit dem frühen Morgen hatte anna Maria sich das Gespräch mit dem Vater in Gedanken zurechtgelegt. Sie wusste, wie sie es beginnen und wie sie seine Einwände niederreden wollte. Doch jetzt, als sie vor ihm stand, versagte ihr die Stimme.
    Hofmeister baute sich vor seiner Tochter auf, stemmte die Hände in die Hüften und sah sie herausfordernd an. als noch immer kein Ton über ihre Lippen kam, fuhr er sie an: »Bist wohl in Schwierigkeiten, was?«
    Entsetzt schüttelte anna Maria den Kopf, schwieg aber weiter. Der Bauer verlor nun endgültig die Geduld und raunzte mürrisch: »Verschwinde und mach dich an deine arbeit!«
    Anna Maria wusste, dass sie jetzt etwas sagen musste, sonst wäre die Gelegenheit vertan. Stockend erzählte sie von ihrem Traum und dem Plan, die Brüder zu retten.
    Schweigend hörte Hofmeister ihr zu und zeigte keinerlei Regung.
Als sie geendet hatte, drehte er sich zum Fenster. anna Maria stand da und wartete. Nach einer Weile fragte sie leise: »Vater, gibst du mir deinen Segen?«
    Er blickte sie wieder an, und seine augen waren kalt.
    »Wie kannst du erwarten, dass ich solch einen dummen Plan billigen würde? Da draußen herrscht Krieg. Gesinde, Bauern und Söldner kämpfen für die Rechte der armen Leute. Glaubst du, dass sie auf ein dummes Mädchen Rücksicht nehmen würden? Wie kannst du Weibsbild glauben, dass du die beiden Burschen finden würdest? Du weißt von der Welt da draußen gar nichts! Dein Platz ist hier auf dem Hof – nirgends sonst!«
    Als er sich wieder umdrehen wollte, schrie anna Maria: »Du hast sie in ihren Untergang geschickt, obwohl ich dich angefleht habe, sie nicht ziehen zu lassen. Sie haben keine Erfahrung und müssen für etwas kämpfen, was du für richtig hältst. Warum bist du nicht selbst gegangen?« Zorn lag in ihrer Stimme.
    Bevor anna Maria in der engen Kammer zurückweichen konnte, war der Vater mit einem Schritt bei ihr und gab ihr eine schallende Ohrfeige. Ihr Gesicht brannte wie Feuer, doch sie jammerte nicht und fasste sich auch nicht mit der Hand an die Wange. Mit trotzigem Blick sah sie den Vater an.
    Hofmeisters Gesichtsausdruck war hart geworden. anna Maria erkannte, dass er sich beherrschen musste, denn er hielt die Hände zu Fäusten geballt.
    Sie fürchtete, dass er von seiner Meinung nicht ablassen würde, deshalb sagte sie gefasst: »In der Nacht, als sich Mutter von mir verabschiedete, habe ich ihr geschworen, dass ich auf meine Brüder aufpassen würde.«
    Als ihr Vater aber selbst bei der Erwähnung der Mutter keinerlei Regung zeigte, verließ anna Maria ohne ein weiteres Wort das Zimmer.

    Gegen abend kam anna Marias jüngster Bruder Nikolaus zu ihr in den Hühnerstall gelaufen und sagte außer atem: »Der Vater will dich in seiner Stube sprechen. Sofort!«
    Anna Maria drückte dem Zehnjährigen den Futtereimer in die Hand und eilte ins Haus. Zaghaft klopfte sie an die Tür und trat auf Geheiß des Vaters ein.
    Wieder stand er am Fenster und schaute sie ernst an. Die Härte war aus seinem Gesicht verschwunden. anna Maria hatte sofort den Umhang auf dem Bett entdeckt, ebenso den Wanderstab. auch war die Truhe geöffnet, das allerheiligste des Vaters, zu der nur er den Schlüssel hatte. Bevor anna Maria
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