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Gabe der Jungfrau

Gabe der Jungfrau

Titel: Gabe der Jungfrau
Autoren: D Zinßmeister
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darüber nachdenken konnte, was das wohl zu bedeuten hatte, sagte der Vater mit ernster Stimme: »anna Maria, ich werde dir meinen Segen geben!«
    Die augen des Mädchens weiteten sich ungläubig, und es wollte etwas erwidern. Doch der Vater hob die Hand, damit es schwieg.
    »Allerdings«, fuhr er fort, »wirst du dich erst auf den Weg begeben, wenn ich es dir sage!«
    »Warum, Vater? Jeder weitere Tag, den ich warte, ist vertan!«
    »Herrgott, anna Maria, musst du immer widersprechen? Kannst du dich nicht einmal fügen?«, fragte er ungehalten. Erschrocken sah sie auf, doch sein Blick ruhte verständnisvoll auf ihr. »Ich werde versuchen herauszufinden, wohin deine Brüder gegangen sind. Es gibt viele Möglichkeiten, und deshalb …«
    »Wie willst du das in Erfahrung bringen?«, wurde er von seiner Tochter unterbrochen.
    Hofmeister seufzte vernehmlich und sagte mehr zu sich: »Du lässt mir tatsächlich keine andere Wahl.« Dann fuhr er an seine Tochter gerichtet fort: »auch ich habe in jungen Jahren für die Rechte der armen Menschen gekämpft.«
    Wieder unterbrach ihn anna Maria: »Wann soll das gewesen sein? Du bist doch nur zu Wallfahrten aufgebrochen. Nie habe ich gehört, dass du auch gekämpft hast.« Zweifel lag in ihrer Stimme.

    Hofmeister forderte seine Tochter auf, sich auf das Bett zu setzen, und nachdem er neben ihr Platz genommen hatte, wählte er seine Worte mit Bedacht: »Ja, das ist wohl wahr, anna Maria. Niemand weiß davon! auch deine Mutter hatte nichts geahnt. Deshalb werde ich dir nur so viel verraten: Nicht alle Wallfahrten führten mich ins Heilige Land. Schon bevor ich deine Mutter kennengelernt hatte, zog ich als Landsknecht übers Land. Deshalb kenne ich die Gefahren und weiß, was dich da draußen erwarten wird. Du hast gefragt, warum ich nicht selbst gegangen bin? Ich bin alt und habe genug gekämpft. Meine zwei Buben haben mein Erbe angetreten und werden für unsere Rechte kämpfen! Du glaubst, dass ich sie gezwungen habe? Nein, anna Maria, sie gingen freiwillig, und nichts und niemand hätte sie aufhalten können. Sie fühlen denselben Drang, den ich als junger Mann gespürt habe. Nur deshalb ließ ich sie ziehen. Ich lasse auch dich gehen, weil ich weiß, dass nichts und niemand dich aufhalten kann.« Er lachte auf und klopfte ihr auf die Schulter.
    »Nimm folgende Ratschläge von mir an, Tochter! Kleide dich mit meinem Pilgerumhang, und nimm meinen Pilgerstab. Wallfahrer werden geachtet, und man lässt sie in Ruhe. Ich hoffe, dass dies auch die umherziehenden Bauern beherzigen werden. Gehe die gebräuchlichen Wege, und nur für die Nacht suche dir einen geschützten Platz in einem Wald.«
    Hofmeister stand auf, ging zur Truhe und holte eine kleine Glasflasche hervor. Er setzte sich wieder zu anna Maria und drückte ihr das Fläschchen in die Hand.
    »Kannst du dich daran noch erinnern?«
    Anna Maria nickte.
    »Auch an die Wirkung und wie viele Tropfen du nehmen darfst?«
    Wieder nickte sie.
    »Dann ist es gut, mein Kind! Nimm das Fläschchen, vielleicht wird es dir auf der Reise dienlich sein.«

    Anna Maria sah zur Truhe und nahm all ihren Mut zusammen. Jetzt fragte sie den Vater, was sie sich vor vielen Jahren, als sie schon einmal einen Blick in die Truhe erhascht hatte, nicht zu fragen getraut hatte.
    »Verbirgt diese Kiste deine Vergangenheit, Vater?«
    Hofmeister bejahte.
    »Erzählst du mir, welche Bedeutung das Zeichen auf dem Papier hat?«
    Sein Blick erstarrte. »Nein, anna Maria, du weißt schon mehr, als gut für mich ist! Morgen werde ich versuchen zu erfahren, in welche Richtung deine Brüder aufgebrochen sind. Es wird sehr schwer sein, sie zu finden, aber es gibt immer Leute, die weiterhelfen können. Wir müssen auf Gott vertrauen!«
    Damit schien das Gespräch beendet, doch anna Maria hatte noch etwas auf dem Herzen: »Vater, wenn ich fort bin, dann bitte ich dich, dass Sarah meinen Platz auf dem Hof einnehmen kann.«
    Kaum hatte sie den Namen von Hofmeisters Schwiegertochter ausgesprochen, verfinsterte sich sein Gesicht. Doch anna Maria ließ sich davon nicht beirren: »Sie hat bewiesen, dass sie eine anständige und fleißige Frau ist. Keine andere hätte nach einem solch schlimmen Unfall zu ihrem Liebsten gestanden. Doch Sarah ist trotz der schweren Verletzung bei Jakob geblieben. Obwohl du ihr das Leben nicht leicht gemacht hast, hat sie ihn geheiratet. Gesteh ihr das Recht der Bäuerin zu!«
    Hofmeister wusste, dass er keine andere Wahl hatte. Er konnte die
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